Reiseführer Rom

STADTGESCHICHTE - Die barocke Metropole

Legendenumwobene Frühzeit / Aufstieg zur Großmacht / Kaiserzeit / Spätantike Krisen / Stadt der Päpste / Glanzvoller Neubeginn / Die barocke Metropole / Beginn einer neuen Zeit / Rom im 20. Jahrhundert /

1585 – 1590

Während des kurzen Pontifikats von Papst Sixtus V. wird der Ausbau der Stadt in bisher ungekanntem Ausmaß und Tempo vorangetrieben. Der große „Bauherrenpapst“ sorgt für ein Netzwerk neuer Durchgangsstraßen und für eine Verbesserung der Wasserversorgung besonders in höher gelegenen Stadtteilen. Mit der Fontana del Mosè (Moses-Brunnen) entsteht ein repräsentativer Brunnen auf dem Quirinal. Sixtus` Hofarchitekt Domenico Fontana gelingt es, mit enormem technischen Aufwand vier tonnenschwere altägyptische Obelisken aufzurichten, damit sie Pilgern den Weg weisen zu den großen Kirchen der Stadt. Das geschah auf dem Petersplatz und auf der Piazza del Popolo, vor der Lateran-Basilika und gegenüber der Apsis von Santa Maria Maggiore.

1584

war mit Il Gesù von den Architekten da Vignola und Giacomo della Porta ein „erster kirchlicher Großbau der Gegenreformation von programmatischer Bedeutung für die Barockarchitektur“ vollendet worden, so der Kunsthistoriker Stefan Grundmann. Der Jesuiten-Orden hatte ihn in Auftrag gegeben. Aussehen und Ausführung waren lange Zeit Vorbild für unzählige europäische Kirchenneubauten. Derweil schritt der Ausbau von St. Peter voran, San Giovanni in Laterano erhielt eine neu gestaltete Querhausfront und Barockgenie Gian Lorenzo Bernini hatte die Kolonnaden für den Petersplatz in Arbeit. Sein nicht minder schöpferischer lebenslanger Rivale, Francesco Borromini, gab mit Sant`Agnese der Piazza Navona ihr endgültiges Aussehen und Carlo Madernos Erstlingswerk, die Kirche Santa Susanna, erschien im Vergleich mit Il Gesù weniger „stiernackig und unfroh“ als die Jesuiten-Kirche.

Rom: Portal von Il Gesù

Portal von Il Gesù

1623 – 1644

amtierte Papst Urban VIII. aus dem Hause Barberini. Skrupel kannte er nicht. Das Colosseum degradierte er zum Steinbruch, finanzierte aus Kirchenkassen seinen Familienbesitz, lieferte seinen alten Freund Galileo Galilei den Schergen aus – und förderte großzügig seinen Lieblingsarchitekten Bernini.

1644 – 1655

war die Amtszeit von Innozenz X., einem Pamphili-Spross. Er stand dem Spanier Diego Velazquez Modell und mäkelte über das Ergebnis, es sei „troppo vero“ - allzu wahr. In sein Pontifikat fällt der Westfälische Frieden (1648), der den Dreißigjährigen Krieg beendet und territoriale Verschiebungen nach sich zieht, aber auch die Kirchenspaltung besiegelt, was im Vatikan nicht wirklich Kummer auslöst.

1655 – 1667

Sein Nachfolger wird Alexander VII. aus dem Adels- und Bankiersgeschlecht der Chigi. Er war wie seine beiden Vorgänger ein Bewunderer und Förderer Berninis. Von ihm stammte der Auftrag an Bernini, einen Obelisken tragenden Elefanten zu gestalten und ihn vor dem Haus der Dominikaner, gegenüber der Kirche Santa Maria sopra Minerva, aufzustellen. Unterdessen hatte Borromini seine raffinierte perspektivische Galerie im Palazzo Spada vollendet, arbeitete weiter an seinem Hauptwerk, der kleinen ovalen Kirche San Carlo alle Quattro Fontane, von den Römern liebevoll „San Carlino“ genannt und er war auch noch beschäftigt mit dem originellen Kirchenbau Sant`Ivo della Sapienza und dessen spiralförmiger Turmspitze.

Rom: Berninis Elefant mit dem Pantheon im Hintergrund

Berninis Elefant mit dem Pantheon im Hintergrund

1732 – 1740

Ein spätes Barockwerk und eines der populärsten Highlights der Stadt schuf mit dem Trevi-Brunnen Nicola Salvi.

Politisch spielte Rom im 17. und 18. Jahrhundert keine herausragende Rolle mehr. Nicht mehr die Christen der Welt, sondern nur noch die römisch- katholischen Gläubigen sahen in Rom ihr Oberhaupt. Das Leben verlief friedlich und ohne große Ereignisse. Manche Historiker sprechen von „einer Art Dornröschenschlaf“, in den die Stadt versank.

Umso mehr Wirbel gab es in der Kunstszene und im Bausektor. Architekten und Baumeister, Maler und Skulpteure waren restlos ausgelastet, das Handwerk hatte seine große Zeit. Rom war die Kunststadt par excellence. Sie zog ausländische Künstler magisch an wie den Spanier Diego Velazquez, der zwei lange Aufenthalte in Rom verbrachte, Pieter Paul Rubens und andere Holländer wie Pieter van Laer, Herman van Swanevelt, Gerrit van Honthorst oder die Franzosen Nicolas Poussin, Claude Lorrain, Guillaume Courtois, Gaspard Dughet. Nicht zu vergessen die in Rom beheimateten Künstler und ihre zahllosen Kollegen, die aus der italienischen Provinz an den Tiber geströmt waren. Wie etwa Domenichino, der Kirchen mit Fresken ausschmückte oder Pietro da Cortona, Andrea Pozzo und Giovanni Battista Gaulli (genannt Baciccia), die Spezialisten für Deckenfresken in Kirchen und Palästen und Annibale Carracci, einer der Begründer der italienischen Barockmalerei. Ein Mitbegründer war auch Caravaggio, berühmt für seine Arbeiten mit der Chiaroscuro-Technik, dem Gegensatz von hell und dunkel. Einige seiner schönsten Werke sind in den Kirchen San Agostino, San Luigi dei Francesi und Santa Maria del Popolo zu bewundern. Ein Zeitgenosse von Carracci und Caravaggio war Guido Reni, Schöpfer von Fresken in u. a. San Gregorio Magno und Santa Maria Maggiore, schließlich Il Guercino, der farbintensive Altarbilder, Fresken und Portraits malte.
Rom: Santa Maria del Popolo

Santa Maria del Popolo


Ungebrochen war auch Roms Ausstrahlung auf Dichter und Denker. Montesquieu, der französische Staatstheoretiker und Schriftsteller, stellte sich 1729 ein, nachdem schon sein berühmter Landsmann, der Philosoph und Schriftsteller Michel de Montaigne, 1580/81 die Stadt erkundet hatte. Um 1614 sammelte der englische Philosoph Thomas Hobbs Erkenntnisse und der Kunsthistoriker und Begründer der wissenschaftlichen Archäologie, Johann Joachim Winckelmann, arbeitete und ordnete in römischen Diensten in den Jahren 1758 – 1767. In den 70er Jahren des 18. Jahrhunderts testete der Marquis de Sade das gesellschaftliche Leben der Stadt am Tiber. Der Bibliothekar und Schriftsteller Johann Jakob Wilhelm Heinse lernte 1781/82 die Stadt kennen und verarbeitete seine Eindrücke in dem Roman „Ardinghello“, der 1786 erschien, just in dem Jahr, als J. W. v. Goethe in Rom eintraf, sich bei dem Maler Tischbein in der Via del Corso Nr. 18 (beherbergt heute das Museum und Kulturzentrum „Casa di Goethe“) einquartierte, bis 1788 blieb, hier neben unzähligen anderen prominenten Italien-Reisenden den Sturm und Drang-Schriftsteller Karl Philipp Moritz („Rom selber fesselt mich jetzt mehr wie jemals“) kennenlernte und die Malerin Angelika Kauffmann, deren „unglaubliches und als Weib wirklich ungeheures Talent“ er sehr schätzte. 1788/89 besichtigte der große Mann aus Weimar, Johann Gottfried Herder, die Sehenswürdigkeiten der Stadt und grollte Goethe: „Alle seine Ratschläge in Ansehung Roms taugen nicht!“

Mitte des 18. Jhs.

Als eine Reaktion auf den Barock breitet sich mit dem Klassizismus eine 18. Jahrh. neue Stilrichtung aus. Bis zum Ende der napoleonischen Ära findet er Nachahmer, die das griechische und römische Erbe neu zu beleben versuchen, angeregt durch die archäologischen Forschungsarbeiten jener Zeit und die Untersuchungen Winckelmanns. Niemand hat die klassizistische Strömung in der Bildhauerei überzeugender vertreten als Antonio Canova, der u. a. das Denkmal für die letzten direkten Nachkommen der Maria Stuart im Petersdom schuf und den im Museo e Galleria Borghese zur Schau gestellten Halbakt der Paolina Borghese, Napoleons Schwester. Sein Nachfolger in der römischen Kunstszene war der Däne Bertel Thorwaldsen, der den Großteil seines künstlerischen Lebens in Rom verbrachte. Von ihm stammt u. a. das Grab Papst Pius` VII. im Petersdom.

Palazzo Corsini

Palazzo Corsini


Andere römische Berühmtheiten des 18. Jahrhunderts waren Ferdinando Fuga, der schlicht und elegant gestaltete, z. B. die Fassade von Santa Maria Maggiore oder die des Palazzo Corsini an der Via della Lungara und der Graveur und Architekt Giovanni Battista Piranesi, dessen Druckserie römischer zeitgenössischer Stadtansichten (Vedute di Roma) das Rom des 18. Jahrhunderts wieder erstehen lässt.





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