Reiseführer Rom

Villa Borghese

Kann eine Villa ein Park sein? Sie kann. Denn nach römischem Verständnis bezeichnet Villa weniger ein frei stehendes herrschaftliches Landhaus als die Parkanlage rundum. Hier, nördlich des historischen Zentrums, begann alles mit einem Weinberg der vornehmen Familie Borghese, der zu Beginn des 17. Jahrhunderts in eine barocke Anlage mit exotischen Pflanzen umgewandelt wurde. Später, als englische Gärten in Mode kamen, änderte er sein Aussehen und erneut um 1800, als unter Camillo Borghese der Klassizismus seinen Einzug hielt. Die damals verantwortlichen Architekten Mario und Antonio Asprucci änderten nicht nur das Wegenetz und die Bepflanzung, sie schufen auch einige historisierende Bauten, Imitationen antiker Vorbilder, so ganz nach den Vorstellungen klassizistischer Gartengestaltung. J. W. von Goethe soll sich hier gerne aufgehalten haben, um zu zeichnen und an Szenen zu „Egmont“ und „Faust“ zu arbeiten.

Rom: Villa Borghese

Der Borghese-Clan, reich, einflussreich und immer präsent in Politik und Kirche, verzeichnete Ende des 19. Jahrhunderts nach hochriskanten Unternehmungen im Bausektor dramatische Vermögensverluste. Der Park mit seinen aufwändigen Einrichtungen war nicht mehr zu halten und wäre parzelliert worden, hätte nicht  Italiens König das Gelände erworben, um es 1902 der Stadt Rom zu schenken – ein Glücksfall für alle Römer und die vielen Besucher der Stadt.

Rom: Villa Borghese

Die zweitgrößte „grüne Lunge“ der Metropole hat so etwa alles, wonach es gestressten Römern und erschöpften Touristen verlangt. Wo kann man schon mitten in der großen Stadt im Gras liegen, beschattet von ungemein dekorativen Schirmpinien, oder auf dem See in einem Ruderboot durchs Wasser gleiten, vorbei am griechischen Tempel des Äskulap? Viele kommen zum Picknick hierher, andere lassen es sich im Restaurant schmecken. Jogger sind unterwegs und Skater drehen ihre Runden, zwei- und vierrädrige Gefährte, mit und ohne Elektromotor, warten auf Kunden wie auch die Ponys, die Kutschen durchs weitläufige Parkgelände ziehen. Kindern, zumal den Kleinen, die mal eine Auszeit brauchen, bietet die Villa Borghese jede Menge Spaß und Abwechslung.
Es ist ein erstaunlich ruhiger Ort. Obwohl zentral gelegen, hört man Roms Autolawinen nur wie ein fernes Rauschen. Frisches, kühles Trinkwasser plätschert in Brunnen, überall stehen Bänke, man findet Schatten und zu sich selbst nach Kräfte zehrender Besichtigungstour.

Rom: Villa Borghese

Piazza di Siena

Nur: so ganz frei von allen touristischen „Verpflichtungen“ ist man selbst hier nicht. Ob die Galopp-Rennbahn Galoppatoio einen Besuch lohnt, sei dahingestellt. Unbedingt sehen sollte man aber die in herrliches Ambiente eingepasste Piazza di Siena, wo jedes Jahr im Mai die bedeutendste Reitsportveranstaltung des Landes zelebriert wird, zu der sich die Weltelite der Springreiter einfindet und um den Sieg im Nations Cup der Internationalen Reitsportföderation kämpft. Und im Sommer sind es die hier aufgeführten Freiluftopern, die das Publikum begeistern. Am nördlichen Rand des Borghese-Parks erhebt sich schwergewichtig der neoklassizistische Bau der Nationalgalerie für Moderne Kunst (Galleria Nazionale d`Arte Moderna). Sie zeigt Gemälde und Skulpturen italienischer Künstler aus der Zeit des Klassizismus und Impressionismus bis zu den Werken der Surrealisten und Futuristen. Auch einige prominente ausländische Maler wie Klee, Degas, Mirò, Cezanne, Monet und van Gogh sind vertreten.

Rom: Villa Borghese

Nicht weit von den Werken der Moderne bewahrt die Villa Giulia Kostbarkeiten der fernen Vergangenheit. Der schöne Bau aus der römischen Spätrenaissance versammelt als Etruskisches Nationalmuseum (Museo Nazionale Etrusco) Zeugnisse der hohen Kultur eines untergegangenen Volkes, dessen Herkunft und Werdegang der Forschung immer noch Rätsel aufgeben. Am anderen Ende der Parkanlage entstand im Zuge ihrer Umgestaltung zu einem Barockgarten 1613/15 das Casino Borghese, das der Papstneffe Kardinal Scipione Caffarelli-Borghese in Auftrag gab. Für seine umfangreiche Sammlung antiker und zeitgenössischer Kunst benötigte er dringend ein größeres Gebäude, das seine Baumeister dem Stil der nicht weit entfernten Villa Medici anpassten. Der Palazzo mit seiner kraftvollen und vielgestaltigen Hauptfassade lag damals vor den Mauern der Stadt, eng verschmolzen mit der Natur und Gartenarchitektur. Ein Ort der Musen sollte er sein, ein Museum, in dem die ansehnliche Villenarchitektur mit den Meisterwerken der Malerei und Bildhauerkunst harmonierte. Der prachtvolle Bau blieb seiner Bestimmung treu und beherbergt noch heute als Museo e Galleria Borghese die um etliche kostbare Werke erweiterte Sammlung des kunstsinnigen Borghese-Kardinals.





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