Reiseführer Rom

Antike Badefreuden – die Thermen

Römische Thermen waren Prestigeobjekte. Ihr Bau und ihre luxuriöse Ausstattung verschlangen Unsummen, die nicht allein den Bewohnern Roms zugute kamen, sondern in allen Teilen des Riesenreichs von Britannien über Germanien bis in den Maghreb und die Levante für Badespaß sorgten. Noch um die Zeitenwende, unter den frühen Kaisern, gab es nur private Badekammern in einigen wenigen vornehmen Patriziervillen. Wahrscheinlich war Agrippa, der Schwiegersohn des Augustus, der erste römische Staatsmann, der öffentliche Thermen anlegen ließ. Dann ging es Schlag auf Schlag: Die Thermen Kaiser Neros waren 62 n. Chr. fertiggestellt, die Titus-Thermen 18 Jahre später. Trajans Thermen folgten im Jahre 109 und immer mehr wuchsen sie sich zu gigantischen Badepalästen aus wie die Caracalla-Thermen, die zwischen 212 unf 216 entstanden oder die Thermen des Diokletian, die 306 ihre Pforten öffneten und bis zu 3.000 Besuchern gleichzeitig Platz boten.

Rom: Caracalla-Thermen
Foto © fusolina - fotolia.com

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Für die kaiserlichen Machthaber am Tiber waren die Thermen ein Aushängeschild römischer Leistungsfähigkeit. Eine ausgeklügelte, hoch entwickelte Technik zeichnete sie aus und nirgendwo gab es so prächtige Räumlichkeiten wie in den Badepalästen, wurden so viele Statuen aufgestellt, schmückten so viele Fresken die Wände. Die ehemals schlichten antiken Badeanlagen verwandelten sich im römischen Imperium in luxuriöse Erlebnisbäder.

Ostia, Mosaikboden in den Neptun-Thermen

Ostia, Mosaikboden in den Neptun-Thermen
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Dabei waren sie keine römische Erfindung. Die Griechen hatten die kultischen Zwecken dienenden Badeanlagen der alten Hochkulturen übernommen. Reinigungszeremonien sind aus der Industal-Kultur, aus Mesopotamien, den Kulturen des Nil-Tals und von den kretischen Minoern und den Mykenern der Peloponnes bekannt. Die Griechen fügten den kultischen Zwecken ein weiteres Element hinzu. Badeanlagen dienten nun auch der Körperpflege vor allem nach sportlicher Betätigung und die war bei den Griechen außerordentlich populär. Sport, auch Kampfsport treiben und danach zur Erfrischung und Reinigung ins Wasser eintauchen – das war das „griechische Programm“. Den auf unterhaltsame Beschaulichkeit bedachten Römern erschien das wie eine spartanische Übung, freudlos und anstrengend und deshalb nicht nachahmenswert. Sie hatten die Technik und das ganze Drum und Dran der Badeanlagen bei ihren griechischen Nachbarn, sei es in Cumae in der Campania oder im sizilianischen Syrakus, studiert und dann ihren Vorstellungen entsprechend abgewandelt. Vergnügungsstätten schwebten ihnen vor, Kommunikationszentren, Brennpunkte des gesellschaftlichen Lebens. Der Sport hatte in den Hintergrund zu rücken. Das „römische Programm“ setzte auf das reine Badevergnügen, auf Amüsement und heiteren Zeitvertreib. Aus Sport wurde Spiel, man badete so oft man wollte, ließ sich einölen und anschließend massieren, rasieren oder frisieren, nahm ärztliche Behandlung in Anspruch, danach wurde getrunken und gegessen, vielleicht zog man sich zum Lesen in die angeschlossene Bibliothek zurück, lauschte einem Vortrag oder beteiligte sich an einer Gesprächsrunde in einem der Gesellschaftsräume.

Übrigens wurde nur ein geringer oder gar kein Eintrittspreis erhoben. Die Thermen standen allen sozialen Schichten offen.

Natürlich gab es Kritiker, denen der Luxus zu weit ging. So mäkelte der große Philosoph und Schriftsteller Seneca in einem Brief an seinen Freund Lucilius: „Welche Fülle von Standbildern, von Säulen, die gar nichts zu tragen haben, sondern bloß zum Schmuck aufgestellt sind, um damit zu protzen! Welche Fülle von Wasser, das über Stufen rauschend hinabgleitet! Bis zu solcher Üppigkeit sind wir schon gekommen, dass wir nur noch über Edelgestein dahinwandeln wollen.“

In den Caracalla-Thermen<br>
      Foto © FedericoPhoto - fotolia.com

In den Caracalla-Thermen
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Vom Apodyterium über das Frigidarium ins Caldarium

Über das Baderitual selbst ist wenig bekannt. Ohnehin konnte jeder Besucher seinen eigenen Vorlieben folgen und die Reihenfolge selbst bestimmen. Allerdings waren die Räume in den römischen Thermen so angeordnet, dass sich der Badevorgang in der Regel etwa so abgespielt haben wird: Zunächst begab man sich in den Umkleideraum (Apodyterium), legte die Kleidung ab und verstaute sie in Fächern. Vor Diebstahl wurde gewarnt. Wohlhabende Badegäste ließen sich deshalb von einem Sklaven begleiten, der auf Kleidung und Wertsachen aufpasste und auch zu anderen Gelegenheiten behilflich war.

Thermen von Bath in der englischen Grafschaft Somerset

Thermen von Bath in der englischen Grafschaft Somerset
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Das Kaltbad (Frigidarium) war die erste Station in der Badelandschaft. Hier konnte man sich an heißen Tagen oder nach einem Ballspiel Erfrischung verschaffen und nach dem Besuch der Heißbäder Abkühlung suchen. In den Caracalla-Thermen warteten rund 1.600 Marmorsessel auf Gäste, die sich kalten Güssen aussetzten oder nur dem Treiben zuschauen wollten. An das Frigidarium grenzte ein lauwarmer Raum, das Tepidarium, ein Übergangsraum, der die Besucher auf das Warmbad vorbereitete oder, wenn man den umgekehrten Weg ging, den erhitzten Körper auf das Frigidarium einstellte. Es war meistens ein eher kleiner Raum, angenehm warm und nur selten mit Wasserbecken ausgestattet. Dann betrat man das Warmbad (Caldarium), schlüpfte in Holzpantoffeln wegen der hohen Temperaturen am Boden (etwa 60 Grad). Im Hohlraum unter dem Fußboden arbeitete die Hypokausten-Heizung (von griech. Hypokausis = Befeuerung von unten). Rauchgase und erhitzte Luft erwärmten den Boden und stiegen durch Tonrohre oder Hohlziegel die Wände hinauf, so dass rundum Wärme abgestrahlt wurde. Die Heizanlage war zugleich der Warmwasserbereiter, der die Heißwasserwannen bediente. Sie waren meistens in den Apsiden aufgestellt. Gegenüber, in einer Nische, stand das Labrum, ein rundes Becken gefüllt mit nachlaufendem kalten Wasser, wo man sich zwischendurch etwas Abkühlung verschaffen konnte.

Nicht alle Thermen besaßen auch ein Laconicum, ein trocken-heißes Schwitzbad. Sie waren mit dem Warmbad verbunden, verfügten aber über keine Fußbodenheizung. Ihr Grundriss war rund, auch die meistens vier Nischen waren gerundet, der Raum kegelförmig überwölbt, eine Formgebung, die für eine gleichmäßige Verteilung der heißen Luft im Raum sorgte. Holzkohlenglut in einem Bronzebecken war die Heizquelle. In die Nischen konnte man ausweichen, wenn die Hitze am zentral aufgestellten Kohlebecken unerträglich wurde.

Bleibt noch das Unctorium als Schlusspunkt des Baderituals. Hier ließ man sich salben und ölen und von Masseuren bearbeiten und von Kosmetikerinnen verschönern.





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