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Reiseführer Münsterland

Radtour von Steinfurt nach Ochtrup

 

Auf einer ehemaligen Bahntrasse geht es vom Bahnhof Burgsteinfurt über Metelen-Land nach Ochtrup, einst ein wichtiger Standort der münsterländischen Textilindustrie. Dabei unternehmen wir auch einen Abstecher nach Welbergen und machen Halt im Bikertreffpunkt Felsenmühle Ochtrup, ehe wir auf unserer Tagestour nach Burgsteinfurt zurückkehren.

Posten 23, eine Erinnerung an die ehemalige WLE-Nordbahntrasse von Burgsteinfurt nach Stadtlohn

Posten 23 – eine Erinnerung an die  ehemalige WLE-Nordbahntrasse
von Burgsteinfurt nach Stadtlohn

Spätestens wenn wir am Posten 23 angelangt sind, wissen wir, dass ein Bahnwärterhäuschen hier aus gutem Grund steht. Bis 1997 stand es an der Bahnstrecke Münster-Gronau, wie insgesamt 56 baugleiche Posten entlang der mehr als 57 Kilometer langen Bahnstrecke. Wir sind allerdings nicht auf jener Bahntrasse unterwegs, sondern auf der am 30.September 1902 eingeweihten Verbindung der WLE-Nordbahn von Burgsteinfurt nach Stadtlohn. Auf dem Damm dieser längst stillgelegten Bahn radeln wir zum Bahnhof Metelen-Land. Den Hinweis auf das Heidecafé ignorieren wir, merken es uns aber für unsere Rücktour und für eine Pause bei Kaffee und Kuchen vor.

Einst eine Bahntrasse, heute ein Radweg von Burgsteinfurt nach Metelen

Einst eine Bahntrasse, heute ein Radweg von Burgsteinfurt nach Metelen

Ein Bahnhof mit Eisenbahn-Geschichten

Um den Bahnhof zu erreichen, sind wir in einem Waldstück unweit des Abenteuerzoos abgebogen, debei dem Hinweis Bahnhof Metelen Land nachfahrend. Das Bahnhofsgebäude stammt im Wesentlichen aus der Zeit der Eröffnung der Bahnlinie Münster-Gronau im Jahr 1875. Backstein ist neben Fachwerk für das Obergeschoss das vorherrschende Element dieses Funktionsbaus. Bahnstrecke und Bahnhof stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit der Industrialisierung des Ortes.

Spinnerei und Weberei waren wie die Seidenweberei die vorherrschende Gewerke Metelens. Der Umschlag der Waren und der Transport der Rohstoffe erforderte eine schnelle Transportverbindung wie eine Eisenbahnlinie. Betreiber der Bahn war anfänglich die Westfälische Landeseisenbahn (WLE), doch das ist schon lange her. Der Abbruch des Bahnhofsgebäudes wurde in den 1980er Jahren durch die Eisenbahner-Interessengemeinschaft verhindert, die hier ein Museum einrichtete. Es befasst sich mit der Geschichte der Eisenbahnstrecke Münster-Enschede. Vor dem Bahnhof stehen eine Draisine und eine gelbe Lok, an die ein grüner Waggon angekoppelt ist. Die Schranken sind geöffnet, doch der Pfiff zur Fahrt unterbleibt. Wir sind eben in einem Museum. Voll funktionsfähig sind das alte Stellwerk und die Schrankenwinde im Inneren des Bahnhofs. Auch eine Druckmaschine für den Druck von Dienstanweisungen, Karten und Plänen gehört zum Bahnhofsinventar.

Das Bahnhofsmuseum in Metelen-Land

Das Bahnhofsmuseum in Metelen-Land

Auf der 100-Schlösserroute unterwegs

Wir radeln vom Bahnhof Metelen-Land aus auf der auf der 100-Schlösserroute weiter, und sind daher auch auf das nächste Schloss gespannt. Haus Welbergen ist der „versprochene Adelssitz“ an der Radroute. Dieses Herrenhaus geht auf einen bereits im 13. Jahrhundert urkundlich erwähnten sogenannten Gräftehof zurück.

Um das ehemalige Gut Welbergen zu erreichen, müssen wir allerdings einige Kilometer zurücklegen. Die sehenswerte, allerdings nur von außen zu besichtigende Anlage besteht aus einer Vor- und einer Hauptburg.

Obgleich uns der Hinweis „Zum Kappelhof“ mit dem Zusatz „Das Schnitzelhaus“ ein wenig ins Grübeln darüber bringt, ob wir nun eine Pause einlegen sollten, entscheiden wir uns angesichts der Tageszeit weiter zu radeln. Dazu verlassen wir die bisherige Route und biegen auf die Vechtetalroute ab. Auf dieser erreichen wir Langenhorst mit seiner doppeltürmigen Stiftskirche.

Von Langenhorst nach Welbergen

Wir umrunden zunächst einen historischen Speicher unweit der Vechte und folgen dem Lauf dieses Flüsschens bis nach Langenhorst hinein. Weithin sichtbar ist die Stiftskirche des im 12. Jahrhundert gegründeten Stifts. Im Zuge der Reformation wurde das Stift protestantisch, 1616 jedoch unter Bischof Ferdinand von Bayern wieder katholisch. Bereits zuvor war der Beschluss gefallen, das Kloster in ein freiweltlich-adeliges Stift umzuwandeln.

Die Wirren der Geschichte überdauerte das Stift nicht unbeschadet. 1722 erfolgte der Neubau des Stifts. Beeindruckender Teil des Stifts ist die auf das frühe 13.Jahrhundert zurückgehende zweischiffige Hallenkirche, die heutige Pfarrkirche St. Johannes Baptist. Nur Schritte von der Kirche entfernt reckt ein Urweltmammutbaum seine Krone in den Himmel, ein wahrer Exot an den Ufern der Vechte.

Doch nun aber in den Sattel geschwungen, denn die Zeit schreitet voran. Ochtrup ist noch 7,4 Kilometer entfernt. Ehe wir in die ehemalige Textilindustriestadt Ochtrup hineinradeln, liegt Welbergen auf unserem Weg.

Dörfliche Beschaulichkeit

Auf den ersten Blick fällt auf, dass Welbergen gleich zwei Kirchen besitzt, eine neogotische und eine einschiffige, romanische Kirche aus dem 11. Jahrhundert. Diese zählt zu den am besten erhaltenen romanischen Sakralbauten des Münsterlandes. Doch wer genau hinschaut, wird feststellen, dass die aus Blockstein gemauerte Kirche auch Bauspuren der Spätgotik trägt. Dem hl. Dionysius geweiht ist die andere Kirche des Ortes, die zwischen 1906 und 1908 errichtet wurde.

Die romanisch-gotische alte Kirche in Welbergen

Die romanisch-gotische alte Kirche in Welbergen

 

Ob man zu Kaffee und Kuchen bei Sandmann einkehrt oder lieber Cheeseburger oder Salat Italia wählt, entscheidet die Tageszeit und der jeweilige Appetit. Nur Schritte sind es bis zu einem weiteren Restaurant, das den Namen Zum Kapellenhof trägt. Auf dieses sind wir bereits unterwegs aufmerksam gemacht worden. Wer neugierig auf das Angebot des Schnitzelhauses ist, kehrt hier ein. Hungrige Radler können sich auf Zwiebel-, Jäger-, Zigeuner- oder Rahmschnitzel freuen. Wer es allerdings feurig mag, nimmt Cowboy-Schnitzel mit Texas-Barbecue-Sauce. Auch mit süß-saurer Sauce serviert man hier das Schnitzel.

Das schlossähnliche Verwaltungsgebäude gehört zur einstigen Textilfabrik der Gebrüder Laurenz

Das schlossähnliche Verwaltungsgebäude gehört zur
einstigen Textilfabrik der Gebrüder Laurenz

 

Auf nach Ochtrup

Wir verlassen Welbergen über die Aa-Vechtetal-Route und rollen über die Laurenzstraße nach Ochtrup. Imposant ist das ehemalige Verwaltungsgebäude des Textilunternehmens der Gebrüder Laurenz. Beinahe schlossähnlich und in flämischem Neobarock gehalten, ist der 1893/94 erbaute Komplex mit frei stehendem Turm ein wahrer Hingucker. Der Turm wurde allerdings neben der Bäckerei und dem Konsumladen erst 1909 dem Verwaltungsgebäude hinzugefügt. Eines steht jedoch außer Frage: Die „Textilbarone“ aus dem Münsterland wollten zeigen, wer sie sind: wohlhabend und auf öffentliches Repräsentieren aus.

In Ergänzung des in einer Art Zuckerbäckerstil gehaltenen Verwaltungsgebäudes wurde im Stil des Neuen Bauens ein Rundbau aus Ziegelwerk und weiß gerahmten Glasbändern angefügt, der als Empfangshalle und Lagerhaus diente und heute als Outlet Centre für Bekleidung und Schuhe genutzt wird. Der bekannte Kölner Architekt Dominikus Böhm zeichnet für den Entwurf verantwortlich. „Immer alles 30-70% günstiger“ ist das Motto des Fabrikverkaufs, ob nun Artikel von ara, Dockers, More&More, Pierre Cardin oder Jupiter.

Ein Blick in die Geschichte

Anton und Bernhard Laurenz sind eng mit der Stadt Ochtrup verbunden. 1854 gründeten sie ihr Unternehmen und stützten sich dabei auf 50 Heimweber. Im Zuge der Firmenentwicklung wuchs die Zahl der Beschäftigten, wurden Garne aus der eigenen Spinnerei verarbeitet. So wie das Unternehmen wuchs, wuchsen auch die sozialen Aufgaben. Die Familie Laurenz engagierte sich im Bau von Werkswohnungen, ließ das Marienheim für Mädchen errichten und stand Pate bei der Gründung einer Betriebskrankenkasse. 1947 allerdings vernichtete ein Großfeuer die Lagerhallen – ein herber Verlust für das Unternehmen. Den Neubau der Lagerhallen übernahm dann federführend der oben erwähnte Architekt Dominikus Böhm, der auch die Ochtruper Marienkirche entwarf. In den 1970er Jahren ging es mit dem Unternehmen bergab und auch die Nachfolger der Gebr. Laurenz hatten kein Fortune und mussten Insolvenz anmelden. Seit einigen Jahren ist nun in einem Teil der Gebäude das Euregio Outlet Centre untergebracht. Die Eingangshalle mit dem Mosaik „Apokalyptischer Reiter“ - eine Arbeit von Hubertus Brouwer - nutzt das Café Laurenz.

Ein Tipp für Eltern mit Kindern

Gegenüber dem Outlet-Center lädt die Piraten-Lagune Kinder bis zu 14 Jahren zum Spielen ein. Eltern verschnaufen derweil im Café Laurenz, genießen während der Spargelsaison Bilker Spargel mit Schinkenvariationen. Auch Hausgemachte Sülze mit Remoulade und Bratkartoffel steht auf der Speisekarte. Und was gibt es für hungrige kids? Na klar, Fischstäbchen mit Pommes, aber auch Spaghetti Bolognese oder Hähnchen-Sticks mit Pommes.

Irdenes und Schildkröt-Puppen

Wer sich für Töpferwaren besonders interessiert, der plant bei seiner Tour einen Besuch im Töpfereimuseum ein. Untergebracht ist dieses Museum in einem aus dem 17. Jahrhundert stammenden Ackerbürgerhaus in Dreiständerbauweise. Spielzeug- und Puppenliebhaber machen derweil einen Abstecher ins Puppen- und Spielzeugmuseum. Hier kann man unter anderem Puppen der Marken Schildkröt, Minerva und Cellba bestaunen.

Dass die Tuchherstellung zu Ochtrup gehört, unterstreicht diese Skulptur in der Fußgängerzone

Dass die Tuchherstellung zu Ochtrup gehört,
unterstreicht diese Skulptur in der Fußgängerzone

Durch die Fußgängerzone radelnd gelangen wir zur neoromanischen evangelischen Kirche, die im Kern 1911 bis 1913 errichtet wurde. Schräg gegenüber befindet sich eine Skulpturengruppe, die an die lange Tradition der Textilindustrie erinnert: Kinder bieten hier Tuche an, die auf Ballen liegen.

Bikertreff Felsenmühle

Über die Bahnhofstraße und Meteler Straße verlassen wir Ochtrup und radeln dann auf der Wabe 24/23 zum Bikertreff Felsenmühle.

Die Felsenmühle von Ochtrup - der Bikertreff im Westmünsterland

Die Felsenmühle von Ochtrup – der Bikertreff im Westmünsterland

Das ist die Gelegenheit für eine kurze Rast und für einen Happen zwischendurch, wenn man nicht bereits im Café Laurenz gespeist hat. Während man verweilt,  kann man auch die eine oder andere schnittige PS-starke Maschine in Augenschein nehmen.

Nach der Pause folgen wir immer dem ausgewiesen Radweg Richtung Metelen. In dieser Gemeinde angekommen, fahren wir  dem Hinweis „Abenteuerzoo“ nach.  Insbesondere bei einer Tour von Eltern mit Kindern sollte der Besuch des Abenteuerzoos unbedingt auf dem Programm stehen, ehe es über eine alte Bahntrasse nach Burgsteinfurt zurückgeht.

Auf dem Weg nach Steinfurt: der Abenteuerzoo

Hockende weiße Löwen aus Stein, aber auch Skulpturen von Straußen vor der burgähnlichen Fassade des Abenteuerzoos überraschen. Dieser Zoo ist mehr als nur ein Tierpark, finden hier doch Mittelaltermärkte ebenso statt wie Wild-West-Tage. Ab und an machen auch Piraten den Zoo unsicher. „Manege frei“heißt es, wenn Gaukler und Artisten Groß und Klein mit ihren Darbietungen unterhalten.

Das Eingangsgebäude des Abenteuerzoos von Metelen

Das Eingangsgebäude des Abenteuerzoos von Metelen

 

Beim Besuch der Anlage kann man sich am Radschlag eines weißen Pfaus erfreuen und sich die Augen reiben, steht man einem weißen Bennett-Känguru gegenüber. Zu den Bewohnern des Zoos gehören außerdem aus den Anden stammende Guanakos. Putzige Kattas und Paris toben in Metelen umher und lassen vergessen, dass sie eigentlich auf Madagaskar zuhause sind. Tapsige Nasenbären sieht man neben Timberwölfen und Waschbären, die anderenorts bereits eine Plage geworden sind. Zu den exotischen gefiederten Gesellen von Metelen gehören Hellrote Aras wie auch der gift- und tannengrüne Neuguinea-Edelpapagei.

Mit und ohne Zoobesuch geht es vom Waldgebiet zwischen Metelen und Metelen-Land auf einer umgenutzten Bahntrasse zurück nach Burgsteinfurt.

 

Weitere Informationen

Gemeinde Metelen
http://www.metelen.de/
http://www.touristik-metelen.de/

Eisenbahnmuseum
www.bahnhofsmuseum.de

Abenteuerzoo Metelen
http://www.abenteuerzoometelen.de/

Stadtmarketing Ochtrup
http://www.ochtrup.de

Töpfereimuseum
www.toepfereimuseum-ochtrup.de

Puppen- und Spielzeugmuseum
www.puppenmuseum-ochtrup.de

Essen und Trinken
Restaurant/Café Sandmann
http://www.sandmann-welbergen.de/

Café Laurenz
www.cafe-laurenz.de

Bikertreff Felsenmühle

www.kallis-bikertreff.de/

 

 

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