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Reiseführer Hannover

Historisches Museum Hannover


Die Aufgabenstellung für Dieter Oesterlen, den Architekten des Museumsneubaus des Historischen Museums war sehr anspruchsvoll. Die Architektur sollte sich in das an das Hohe Ufer versetzte Marstalltor, Teile des Zeughauses des 17.Jahrhunderts und in den sogenannten Beginenturm des Mittelalters harmonisch einfügen. Zugleich sollte die mittelalterliche Straßenführung in diesem Teil der Innenstadt von Hannover nicht zerstört werden. Oesterlen schuf keinen historistischen Neubau, sondern verdeutlichte durch einen Gebäudeabschluss aus Beton, dass der Neubau ein Kind der 1960er Jahre ist. Die Fassade ist streng gegliedert, teilweise durch Rundsäulen. Bei der Fassadengestaltung kam Sandstein zum Einsatz. Um dem Bauwerk eine horizontale Gliederung zu geben, wurden umlaufende Sichtbetonbänder in die zweigeschossige Fassade eingebunden.

Dieter Oesterlen entwarf den Naubau des Historischen Museums in Hannover

Dieter Oesterlen entwarf den Neubau des Historischen Museums

An historischem Ort
Das Museum befindet sich an einem besonderen historischen Ort, da von hier aus um 1100 die Stadtgründung ihren Lauf nahm. Der halbrunde bereits erwähnte Beginenturm und Teile der aus Bruchstein erbauten Stadtmauer sind Zeugnisse aus der frühen Stadtgeschichte Hannovers, der sich auch das Museum verschrieben hat. 750 Jahre Stadtgeschichte kann man beim Museumsbesuch erleben. Einher geht diese Geschichte mit dem Werden und Wachsen des Fürstentums Calenberg und des Königreichs Hannover. Deren Herrscher wählten Hannover zeitweilig als Residenz und ließen Schloss- und Gartenanlage Herrenhausen erbauen. Doch mit dem „feudalen Hannover“ endet die Geschichte der Stadt nicht, die man auf mehreren Etagen des Museums vermittelt bekommt.

Eine Synthese aus Alt und Neu: das Historische Museum Hannover mit Beginenturm und Zeughaus sowie dem Museumsneubau

Eine Synthese aus Alt und Neu: das Historische Museum
mit Beginenturm und Zeughaus sowie dem Museumsneubau

Hannover im Mittelalter
„Ritter, Bürger und Fürstenmacht“ ist ein wesentlicher Themenkomplex, der im Museum aufgearbeitet wird. Dabei wird die mittelalterliche Geschichte Hannover mittels Exponaten nur recht knapp dargestellt, hier ein Fachwerkverbund aus der Zeit um 1700, dort ritterliches Haushaltsgeschirr und ritterliche Rüstungen und Bewaffnung wie Katzbalger und Morgenstern sowie ein Kampfküriss (um 1560). Zu sehen ist eine Brunnenwandung eines Brunnens aus dem 13. Jahrhundert, die in der Mitte der 1950er Jahre geborgen wurde. Was es mit dem sogenannten Sieben-Männer-Stein für eine Bewandtnis hat, erfährt der aufmerksame Museumsbesucher ebenso wie Wissenswertes zur Hanse und zum mittelalterlichen Handwerk. Dank beeindruckender Architekturmodelle kann der Betrachter des Marktmodells einen sehr guten Eindruck von der ursprünglichen Architektur im Herzen der Stadt gewinnen. Knaggen eines abgebrochenen Hauses in der Burgstraße werden im Museum ebenso gezeigt wie eine Streckbank und ein Zwangsnachtstuhl, Ausdruck der rigiden Strafprozeduren bis ins 19.Jahrhundert hinein.

Fürstliches Hannover
Ab dem 17. Jahrhundert bestimmten absolutistische Herrscher die Geschicke der Stadt und des späteren Königreichs Hannover. Ausdruck von Prunk und Pracht des Hannoverschen Herrschaftshauses waren die Herrenhäuser Gärten und das dortige Schloss. Dank des ausgestellten Schlossmodells erhalten Museumsbesucher einen Eindruck von der Architektur des Schlosses des Jahres 1765.

Erzählt wird die verhängnisvolle Affäre zwischen der Gattin des Erbprinzen von Hannover Georg Ludwig und Philipp Christoph von Königsmarck. Diese Affäre endete für Sophie Dorothea von Braunschweig-Lüneburg-Celle mit der Verbannung nach Schloss Ahlden. Georg Ludwig, ihr Gatte, zog hingegen mit seiner Mätresse Melusine von Schulenburg nach London, wo er als Georg I. regierte. Wie leidenschaftlich die Liebesbeziehung zwischen Sophie Dorothee und dem Grafen von Königsmarck war, kann man dem Briefwechsel entnehmen, von dem wir dank einer Hörstation Näheres erfahren.

In einem Panoramagemälde, das dem Hofmaler Johann Franz Lüders zu verdanken ist, wird deutlich, wie sich ein absolutistischer Herrscher bei seinen Hannoverbesuchen feiern ließ. „Die Revue von Bemerode“ ist mit einer Breite von mehr als acht Metern wahrhaftig ein Monumentalwerk und zeigt die Parade des englischen Königs anlässlich eines Besuches im Jahre 1735. Belebt wird die Szenerie von über 2500 Figuren, darunter Tiroler Händlerinnen in Tracht und Mustapha, dem Kammerdiener des englischen Herrschers. Dass Affären bei Hofe gang und gebe waren, wird in der Person der Amalie Sophie von Wallmoden verdeutlicht, der der Titel Gräfin von Yarmouth zugesprochen wurde. Die Sänfte wie auch das Porträt der Favoritin Georg II. ist im Museum zu sehen.

Das Ende der Monarchie
Doch nicht nur die Entwicklung des Königreichs Hannover, sondern auch die Personalunion zwischen Hannover und England wird in der Schau thematisiert. Dabei bleibt nicht unerwähnt, dass Hannover für kurze Zeit die Übernahme der Macht durch französische Besatzer hinnehmen musste. Während dieser „Franzosenzeit“ war Hannover Teil des Königreichs Westphalen, das von einem Bruder Napoleon Bonapartes regiert wurde.

Hannover war in jenen Tagen keine Residenzstadt mehr, sondern Hauptstadt eines Departements. Doch dieser Spuk war mit dem Einzug Herzog Adolph Friedrich von Cambridge und dessen Truppen im Dezember 1813 zu Ende. Dargestellt ist dieser Einmarsch in einer Gouache des Hofmalers Johann Heinrich Ramberg. Erst die Neuordnung Europas nach der Niederlage Frankreichs vor den Toren Brüssels ermöglichte die Fortsetzung des Königreichs Hannover unter Georg III., der mit Sophie von Mecklenburg-Strelitz verheiratet war.

Wenn auch das „bürgerliche Hannover“ hier und da in der Ausstellung eine Rolle spielt, konzentriert man sich in der Präsentation schon auf die Geschichte der gekrönten Häupter, die mit der Aufhebung der Personalunion mit England ebenso verbunden ist wie mit dem Ende der Monarchie in Hannover. Georg V. war der letzte König, der nach der Schlacht von Langensalza durch Preußen entmachtet wurde.

Hanomag und Bahlsen
Das Museum beschränkt sich jedoch nicht ausschließlich auf das feudale Hannover, obgleich dieses Kapitel einen überaus breiten Raum einnimmt, sondern stellt auch die industrielle Entwicklung in der Stadt vor. Diese ist unter anderem mit Namen wie Hanomag, Conti, Bahlsen und Sprengel verbunden.    „2Pfund Eisen, 2 Pfund Lack, fertig ist der Hanomag“ war jahrzehntelang ein geflügeltes Wort in der Leinestadt. Wie die Industrieansiedlungen das Gesicht der Stadt bestimmten, zeigt uns u. a. das Ölgemälde von Erich Wegner mit dem Titel „Zusammenfluss von Ihme und Leine“ (1935).

Wohnkultur in der Stadt
Wie einige Hannoveraner in den ersten Jahrzehnten des 20.Jahrhunderts lebten, wird zum Beispiel anhand des inszenierten Speisezimmers der Villa Schiffgraben 35 vor Augen geführt. Diese Villa gehörte einem Bankdirektor. Zu sehen sind zudem das Wohn- und Esszimmer (um 1930) eines Mineralölhändlers, der in der Bessemerstraße zuhause war.

Die Künstler der Stadt, so Kurt Schwitters, Grethe Jürgens und Carl Buchheister, werden in einer kleinen Schau mit wenigen Arbeiten vorgestellt. So sind unter anderem Grethe Jürgens' „An der Rossmühle“ und Carl Buchheisters „Ballspiel auf der Radrennbahn Hannover“ zu sehen

Im III. Reich
In Bild- und Textdokumenten wird selbstverständlich die Zeit des Nationalsozialismus in Hannover beleuchtet. Dazu gehörte 1933 auch der Aufmarsch der NSDAP auf dem Waterlooplatz. Erinnert wird an den Journalisten Walter Sprengmann, der als „Volksfeind“ zu einer zehnjährigen Zuchthausstrafe verurteilt wurde. Außerdem wird das Schicksal der jüdischen Bevölkerung der Stadt dokumentiert, ob nun in einem Foto vom Judenboykott oder von der Reichspogromnacht am 9. November 1938. Zu sehen sind Aufnahmen von sogenannten Judenhäusern, von denen es 14 in der Stadt gab. In diesen, darunter in der Knochenhauerstraße 41, wurden 1000 Menschen mosaischen Glaubens zusammengepfercht. Dies war nur die Vorstufe zur Fahrt in die Gaskammern. Das Schicksal der Zwangsarbeiter, die im Außenlager Stöcken für Conti schufteten, bleibt in diesem Teil der Museumspräsentation ebenfalls nicht unerwähnt.

Hannover nach 1945
Schließlich widmet sich die Schau den 1950er Jahren, als „Blue Suede Shoes“ aus der Jukebox erklang und Nierentische in Mode waren. Eine Gemäldegalerie mit Stadtansichten, darunter Albert Knockes Gemälde vom Kröpcke und der Georgstraße sowie Paul Rademachers „Brennende Häuser“ (1943), runden das Geschichtsporträt der Stadt ab.

 

Historisches Museum Hannover
Pferdestraße 6
30159 Hannover
Tel. 0511-1 68-4 30 52
Öffnungszeiten:
Di 10-19 Uhr;Mi-Fr 10-17 Uhr; Sa, So und an Feiertagen 10-18 Uhr;
www.hannover-museum.de
http://www.hannover.de/hist_museum/


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