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Reiseführer Nordzypern

Kriegsvorbereitung

Allein schon dieser oft beklagte Umstand ließ ihn entschlossener denn je die Rückeroberungspläne angehen. Zu diesem Zweck verfolgte er zunächst eine Strategie der militärischen Sicherung der zyprischen Gewässer und kleinasiatischer Küstenzonen. Es paßte gut in sein Konzept, dass in seinem ersten Regierungsjahr (1360) die kleinarmenische Festungs- und Handelsstadt Gorhigos (das antike Korykos, in dessen Hafen Pompeius einst der kilikischen Piraterie ein Ende bereitet hatte, heute: türk. Kizkalesi, südöstlich von Mersin nahe Silifke) den Schutz des zyprischen Königs erbat, weil das kilikische Armenien zu schwach erschien, die herandrängenden Türken und Mamluken aufzuhalten. Die wichtige Basis, Zyperns erster Stützpunkt in Kleinasien, wurde bis 1448 von den Lusignans gehalten. Dann fiel sie in die Hände der selçukischen Karamanen.

1361 nahm Pierre I. Antalya ins Visier. Die große Stadt an der Südküste Kleinasiens besaß einen bedeutenden Hafen, über den die Waren aus dem zentralen Kleinasien umgeschlagen wurden. Der Papst, die Johanniter und die Genuesen leisteten materielle und personelle Unterstützung bei der brutalen Überrumpelung der Verteidiger. Sie halfen auch bei den anschließenden Überfällen auf andere türkische Küstenstützpunkte und bei der Vernichtung türkischer Flotteneinheiten. Schon Pierres Vater, König Hugues IV., hatte mit wechselnden Partnern die Übernahme Antalyas betrieben und türkische Flottenaktivitäten bekämpft (nicht nur für Zypern, auch für die Johanniter, die venezianischen Kaufleute u. a. waren offene, sichere Seeverbindungen nach Westen überlebenswichtig. So hatten alle im östlichen Mittelmeer aktiven Mächte ein Interesse daran, die maritime Expansion der Osmanen in Schach zu halten). Pierre I. übernahm dieses Muster – nur konsequenter und rücksichtsloser als sein Vater. Notfalls konnte er allein mit zyprischen Kräften die Region militärisch sichern und wichtige Handelsverbindungen offen halten. Alles, was darüber hinausging, war – wie er längst erkannt hatte – nur mit massiver Unterstützung aus dem Westen zu bewerkstelligen. Sein Kreuzzug war ein solches Unternehmen.

Auf der Suche nach Verbündeten . . .

Niemals zuvor hatte ein zyprischer König Europa besucht. Als Pierre I. sich am 24. Oktober 1362 einschiffte, stand er an der Spitze eines Gefolges, das wohl an die 500 Personen umfaßte, darunter seinen siebenjährigen Sohn und Thronfolger sowie Herzog Philipp von Braunschweig-Grubenhagen (Connétable d. h. Präsident der „haute cour“ und Chef des Kriegswesens). Er hatte die Witwe von Hugues IV. geheiratet und wurde so Pierres Stiefvater. Philipp de Mézières war dabei, Zyperns Kanzler und engster Vertrauter des Königs, der von seinen Erfahrungen in zyprischen Diensten in dem „Songe du vieil pèlerin“ berichtete, der „Doktor der ärztlichen Wissenschaft“ und Leibarzt des Königs, Guido de Bagnolo, auch Jean, das mächtige Oberhaupt des in Beirut beheimateten und mit Zypern liierten Ibelin-Clans, der das Amt eines Seneschalls (Oberaufseher über die königliche Domäne) bekleidete.

Seine große Werbetour an die Höfe der westlichen Machthaber führte ihn zunächst nach Rhodos, wo Großmeister Roger de Pins die Unterstützung des Johanniter-Ordens zusagte. Nächstes Ziel war Venedig. Die Verhandlungen (Pierre war an Schiffen interessiert) zogen sich lange hin und blieben im Ergebnis vage. Danach ging es weiter über Padua, Verona, Mailand (hier war Zyperns König Gast für zwölf Tage bei den Viscontis) nach Genua, wo zunächst um die Beilegung langwieriger Differenzen gepokert wurde und erst danach die erbetene Flottenunterstützung zur Sprache kam. Und die blieb ähnlich unbestimmt wie im Fall Venedigs. Beide Giganten des Überseehandels fürchteten einen Krieg im levantinischen Raum, der ihren Interessen schweren Schaden zufügen würde.

. . . in Westeuropa . . .

Nächster Höhepunkt war der Besuch beim Papst im südfranzösischen Avignon. Und hier lief alles günstig für den zyprischen König. Pierre fand Unterstützung bei dem neugewählten Papst Urban V. (der den zyprischen König einen „Athlet Christi“ nannte) und der in Avignon anwesende französische König Jean II. erwies sich als entschiedener Befürworter des Kreuzzugs. Beide Könige gelobten feierlich, das Kreuz zu nehmen und die Operation binnen zwei Jahren auszuführen. Befriedigt wandte sich Pierre I. am 31. Mai 1363 nach Norden zu einer großen Rundreise durch Flandern und Brabant. In Brüssel und Brügge wurden ihm zu Ehren aufwendige Festlichkeiten veranstaltet, die er sichtlich genoß. Ende des Sommers traf er sich erneut mit König Jean II. diesmal in Paris, wo sie den Aufbruch des Kreuzheeres für den kommenden März festlegten. Über Rouen reiste er nach Caen und über den Kanal nach England. Der Besuch bei König Edward III. lag ihm besonders am Herzen. Diesen mächtigen und kriegserfahrenen Monarchen für das Unternehmen zu gewinnen – das hätte der entscheidende Durchbruch sein können. Doch bevor darüber gesprochen wurde, waren Festlichkeiten angesagt: Londons Vintners` Hall wurde zum Schauplatz des legendären „Feast of the Five Kings“, wo süffiger zyprischer Kommandaria-Wein in Strömen floß. Gastgeber war Lord Mayor Henry Picard und mit ihm zechten der zyprische König und Edward III., Frankreichs Jean II., König David von Schottland und Dänemarks König Waldemar. Dann maß man sich auf einem Turnier in Smithfield und wieder überragte König Pierre seine Mitstreiter. Damit nicht genug: Edward III. überließ ihm ein prächtiges Schiff und er schenkte ihm genügend Geld (das ihm später bei einem Raubüberfall wieder abhanden kam), um alle seine Unkosten zu decken. Als aber Pierres eigentliches Anliegen zur Sprache kam, erklärte sich der Engländer für zu alt und verwies auf seine Söhne. Hinzu fügte er noch die Erwartung, dass Pierre, falls er denn das Heilige Land zurückerobere, ihm Zypern übergebe, das Richard Löwenherz schließlich einst für England in Besitz genommen habe. . .

Im Februar 1364 war Zyperns König wieder in Frankreich. Er reiste in die Grafschaft Angoulême und war im Mai zur Beisetzung des unerwartet verstorbenen Jean II. in St. Denis und zwölf Tage später zur Krönung von Charles V. in Reims. Hier begegnete er dem Komponisten und Dichter Guillaume de Machaut, der ihm später sein großes Werk „La prise d`Alexandrie ou chronique du roi Pierre I. de Lusignan“ widmete.

. . . und in Deutschland

Wochen später tauchte Pierres ansehnlicher Hofstaat am Niederrhein auf, der ersten Station, um die deutschen Fürsten für sein Vorhaben zu gewinnen. Vermutlich hielt er sich am Hof von Herzog Wilhelm II. von Jülich auf. Die überlieferte Reiseroute wird nun etwas unübersichtlich. Er soll Köln und auch das schwäbische Esslingen besucht haben und von dort durch Franken und Thüringen gereist sein. Die Bürger von Erfurt jedenfalls feierten ihn, heißt es in alten Berichten, und am Hof von Markgraf Wilhelm von Meißen, erlebte er, so wird berichtet, „glänzende Cavaliere und schöne Damen. Aber auch getrunken wurde sehr stark, namentlich Ale und Bier.“ Nächstes Ziel war der Hof von Herzog Rudolf II. von Sachsen-Wittenberg. Neun Tage dauerten die Festivitäten, dann ließ sein Gastgeber durchblicken, dass er keine weitreichenden Entscheidungen ohne Rücksprache mit dem Kaiser treffen könne. Der Souverän des Heiligen Römischen Reiches residierte seinerzeit im Prager Hradschin. Gemeinsam machten sie sich auf den Weg dorthin und genossen einen grandiosen Empfang: „Mehr als 20.000 Menschen hatten sich vor dem Tore versammelt, der ganze Klerus sich dort processionsweise mit den Kirchenfahnen aufgestellt und der Kaiser selbst in der ganzen Pracht des damaligen Zeitalters war seinem erlauchten Gast entgegengeeilt.“ Zunächst stand auch hier das Amüsement über drei lange Wochen im Vordergrund. Auf Turniere folgten Bankette und wieder Turniere und als Pierre zur Sache kam, lobte Kaiser Karl IV. (1347-1378) sein Unternehmen, sah sich aber in keiner starken Position und schlug deshalb vor, die Könige von Polen und Ungarn mit ihrer kampferprobten Ritterschaft dazuzubitten. In Krakau solle man sich treffen und gemeinsame Beschlüsse fassen. Der Kaiser und sein Gast aus Zypern durchritten nun mit großem Gefolge die schlesischen Lande, berührten Breslau und Liegnitz, Schweidnitz, Beuthen und Glogau, um in Krakau mit den Königen zu verhandeln. Das Ergebnis war für Pierre I. wie schon so oft enttäuschend. Hilfe wurde zwar zugesagt, auch finanzielle Unterstützung, aber letztere schon mit der Einschränkung seitens des Kaisers, nicht mehr zu geben, als vom Papst zu erwarten sei.

Nachdem nun Pierre I. den Kontinent von einem Ende zum anderen durchquert und Europas Fürsten über seine ehrgeizigen Pläne und die Rolle, die sie darin spielen sollten, unterrichtet hatte, konnte er auf zahllose glänzende Ritterspektakel zurückblicken, auch die feuchtfröhlichen Bankette waren kaum zu zählen und noch nach Jahren schwärmte man an den abendländischen Höfen von dem hünenhaften Christenmenschen aus dem Orient. Aber sein eigentliches Anliegen, in den Europäern noch einmal das Feuer religiöser Begeisterung zu entfachen, sie für den Kreuzzug zu gewinnen, hatte nicht die erhoffte Resonanz gefunden. Was er nach zwei Jahren intensiver Einflußnahme aus den fürstlichen Residenzen mitnahm, waren lediglich wortreiche Versprechungen, verbindliche Zusagen blieben aus. Zu tief waren die Europäer in ihre eignen Probleme verstrickt. Territorialfragen und Wirtschaftsinteressen rangierten ganz oben, ein so riskantes Vorhaben wie der Kreuzzug erschien ihnen mittlerweile als nicht mehr zeitgemäß.

Auf der Rückreise nach Venedig kehrte er bei Herzog Rudolf IV. von Österreich ein. Auch er gab ein (unverbindliches) Hilfeversprechen und sorgte um so großzügiger für Geschenke und rauschende Feste.
Am 11. November 1364 traf Pierre I. in Venedig ein.

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