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Reiseführer Nordzypern

Das Besparmak-Gebirge

Streckenweise schroff-felsig wie ein Dolomitengrat, dann wieder rundbucklig und dicht bewaldet, zieht sich Nordzyperns "Besparmak Daglari" als schmaler Gebirgswall die Nordküste entlang. Einer gewaltigen Mauer gleich, die von einem Inselende zum anderen zu reichen scheint, trennt die Nordkette die anmutige Park- und Terrassenlandschaft der vorgelagerten Küstensenke von der übrigen Inselwelt - der weiten Mesarya-Ebene, dem mächtigen Troodos-Gebirge. Es sei das "gotische Gebirge par excellence", schreibt Lawrence Durrell, denn es ist "übersät mit Kreuzfahrerburgen, die auf den schwindelerregenden Berggraten hocken und die dazwischenliegenden Passstrassen beherrschen. Schon die Namen schmecken nach gotischem Europa: Buffavento, Hilarion, Bellapais." Man sollte hinzufügen: selbst die Gebirgsphysiognomie mit ihren weißen Zacken und Kegeln gemahnt an ein gotisches Bauwerk der Natur.

Fünf Finger Berg im Besparmak-Gebirge

Der "Fünf-Finger-Berg"

Wie der Berg zu seinem Namen kam

Im mittleren Abschnitt, wo die Straße von Girne nach Gazimagusa das Gebirge quert, bricht nahe der Passhöhe die wohl auffälligste Erhebung der Bergkette aus einem massigen Unterbau hervor: ein wild zerfurchter Kalksteingrat, der seit Menschengedenken die Phantasie angeregt hat. So wird erzählt, der legendäre, riesenhafte byzantinische Held Dighenis habe auf der Flucht vor seinen arabischen Verfolgern die Meerenge zwischen Kleinasien und Zypern übersprungen, sich an dem Felsen festgekrallt und auf seinem brüchigen Rand den Abdruck seiner fünf Finger hinterlassen . . . Seit jener Zeit hieß der Fels im Volksmund "Fünf-Finger-Berg" und bald wurde es gebräuchlich, die gesamte Nordkette nach ihm zu benennen (griech. Pentadaktylos, türk. Besparmak Daglari). Wie seine auffälligen Konturen zustande kamen, variiert eine weitere Legende. Sie erzählt von einem verliebten, etwas tumben Burschen, der eine Dorfschönheit zur Heirat drängte. Um sich seiner Aufdringlichkeiten zu erwehren, verlangte sie von ihm, geweihtes Wasser aus der Quelle am Apostel-Andreas-Kloster zu holen. Doch als er das Wasser brachte, wies sie ihn höhnisch ab. Voller Zorn goss er das Wasser aus, formte einen nassen Erdklumpen und schleuderte ihn nach dem Kopf der Schönen. Aber er verfehlte sein Ziel. Das Geschoss flog über die weite Ebene und landete auf dem Rücken der Bergkette, wo es bis heute liegt und noch immer die Abdrücke der fünf Finger des Erbosten trägt . . .

Besparmak-Gebirge

In der Umgebung von Girne mit Blick auf das Besparmak-Gebirge

Von Gipfeln, Tälern und Erdzeitaltern

Nordzyperns Höhenrücken gilt als ein typisches Kettengebirge, das an seinem östlichen und westlichen Ende hügelartige Vorgebirge ohne scharf ausgeprägten Hauptkamm aufweist. Allein der mittlere Teil des Höhenzuges trägt einen ausgesprochenen Gebirgscharakter mit zackigen Graten und steilen Felswänden, die dem Gebirge seine malerischen Konturen verleihen.


Ein Hügelzug im äußersten Nordwesten der Insel, kaum dreihundert Meter übersteigend, bildet gewissermaßen den Vorläufer des Gebirgszuges, der nahe Gecitköy abrupt zum "Kornos", dem westlichen Eckpfeiler des Hauptkamms, auf 941 m ansteigt. Ihm zur Seite steht der "Zypressen-Berg" (Selvili Tepe, 1.024 m) als höchster Punkt des Gebirgszuges. Oberhalb des großen Bergdorfes Lapta erweitert sich der Kamm in östlicher Richtung zu einer breiten Hochfläche, von der - nun schon nahe Girne - ein Kalkfelsen mit der Burg St. Hilarion aus dem Bergzug hervorspringt. Unmittelbar östlich davon stürzt der Hauptkamm auf 360 m ab. Durch den Einschnitt windet sich die verkehrsreiche Straße von Girne nach Lefkosa. Östlich dieser bedeutenden Verbindung zwischen Küstenebene und Binnenland steigt der Hauptkamm rasch wieder an, erreicht südwestlich von Bellapais mit dem Gipfel des "Komando Tepe" (griech. Trýpa Vounó) 936 m und auf dem engen Plateau des burggekrönten Buffavento sind es gar 954 m. Jenseits der Passstraße nach Gazimagusa stoßen wir auf den schon erwähnten Namensgeber der Bergkette, den "Besparmak Tepesi". Der letzte "Neunhunderter" des östlichen Gebirgsabschnitts, der "Yayla Tepe", reckt sich nicht weit vom verlassenen armenischen Kloster Sourp Magar empor. "Sinan Tepe" (724 m) und der Burgberg von Kantara mit 630 m zeigen den allmählichen Abstieg der Bergkette an, die nun immer näher an die Küste rückt, um sich auf dem schmalen Sporn der Karpaz-Halbinsel in ein abwechslungsreiches Gemenge niedriger, flachgipfliger Höhenzüge, kleiner Ebenen und einzelner Hügel aufzulösen.

Girne und das Besparmak-Gebirge

Girne vor dem Hintergrund des Besparmak-Gebirges


In der Geologie Bewanderte berichten von einer aufregenden Entstehungsgeschichte Zyperns und seiner Gebirgszüge. Danach bestimmte ein stetes Wechselspiel zwischen Hebungen und Senkungen, Vordringen und Rückzug des Meeres das frühe Geschehen in dieser Weltgegend. Im Eozän und Oligozän (vor 38 bis 25 Millionen Jahren) war der Raum um Zypern noch Tiefseegebiet. Nach ersten Hebungsvorgängen traten vor etwa 11 Millionen Jahren, am Ende des Miozäns, Troodos und Besparmak im Zuge der alpiden Faltungen als kleine Insel bzw. Inselkette an die Meeresoberfläche, versanken wieder, tauchten erneut auf, um im unruhigen Pleistozän (vor etwa zwei Millionen Jahren) ihre heutigen Strukturen auszubilden. Senkrecht stehender, robuster "Hilarion-Kalk" bildet seit jener Zeit das Rückgrat der zentralen Nordkette. Seine Hänge und Vorlandsgebiete sind - besonders ausgeprägt auf der Nordseite - von flachliegenden Ablagerungen bedeckt, die sich entlang der Küste zu Plateaus ("marinen Terrassen") mit oft steilen Kliffs zum Meer hin geformt haben.

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