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Reiseführer Nordzypern

Sehenswürdigkeiten östlich von Girne

In der Umgebung von Girne mit Blick auf das Besparmak-Gebirge

In der Umgebung von Girne mit Blick auf das Besparmak-Gebirge

Um das Gebiet östlich von Girne zu erkunden, verlassen wir das quirlige Hafenstädtchen über die Straße nach Gazi Magusa (Famagusta). Hinter Karakum, der kleinen Gemeinde am Rande von Girne, glitzert das Meer durch Olivenhaine und rechter Hand öffnet sich der Blick auf das Panorama des Besparmak-Gebirges mit den Häusern von Ozanköy und Beylerbeyi verstreut über seine Hänge. Darüber thront, einer Festung gleich, die berühmte Prämonstratenser-Abtei Bellapais - für viele Besucher das unumstrittene Juwel unter den Baudenkmälern ganz Zyperns. Am Ortsausgang von Karakum biegt eine Nebenstraße zum Dorf Ozanköy ab, in dessen Gemarkung vor rund 70 Jahren die frühbronzezeitliche Nekropole Vounos ausgegraben wurde. Folgt man der Hauptstraße noch wenige Kilometer gen Osten, leitet ein unscheinbarer Wegweiser am linken Fahrbahnrand die Besucher über eine schmale Teerpiste zur muslimischen Gedenkstätte Hazret-i Ömer .

Catalköy, das große Dorf auf einer Rampe über der Küstenebene, grüßt herüber. Dank seiner malerischen Lage und nicht zuletzt wegen der Nähe zur Stadt Girne, lassen sich hier wie schon in Lapta und Karaman (Karmi), Ozanköy und Beylerbeyi immer mehr Engländer, Deutsche und andere Nationalitäten nieder. Spätestens zwei Kilometer östlich von Catalköy müssen Sie sich entschieden haben, ob Sie die vorgesehene Rundtour an der Küste oder in den Bergen beginnen möchten. Wir entscheiden uns für die meeresnahe Route und biegen nach links (Wegweiser Esentepe und Hotelanlage "Acapulco") ab. Wer die Tour in entgegengesetzter Richtung absolvieren möchte, verläßt die Hauptstraße erst mit Erreichen der Paßhöhe und folgt nun der steinigen Kammpiste nach Osten. "Acapulco" ist nicht nur wegen seines schönen Sandstrandes einen Besuch wert. Auf dem Gelände dieser weitläufigen Ferienanlage liegen die Überreste einer jungsteinzeitlichen Siedlung, die nicht unbedingt Spektakuläres bietet, aber einen kurzen Abstecher lohnt. Aghios Epiktitos Vrysi, so ihre archäologische Benennung, liegt oberhalb des Hotelrestaurants.

Die Hotelanlage Acapulco östlich von Girne

Die Hotelanlage Acapulco östlich von Girne

Nach kurzer Fahrt tauchen hinter Hügeln unvermutet mächtige Schornsteine auf. Ein hoher Zaun begleitet linker Hand die Straße. Dahinter liegt Nordzyperns einziges Großkraftwerk, das 1994 ans Netz ging und der leidigen Abhängigkeit von Stromlieferungen aus dem griechischen Süden ein Ende setzte.

Während die Silhouette dieses unentbehrlichen Bestandteils unseres Technischen Zeitalters hinter uns zurückbleibt, folgen wir der neuen, ein gutes Tempo zulassenden Küstenstraße Richtung Esentepe, dabei eine Landschaft durchfahrend, die ihren Reiz aus ihrer harmonischen Gliederung gewinnt. Zur Rechten begleiten uns die waldreichen Höhenzüge des Besparmak, die sich zu dicht mit Macchie bewachsenen Vorbergen abstufen. Über ihre unteren Hänge und große Teile der Küstenebene breiten sich lichte Johannisbrot- und Olivenhaine aus. Hier und da unterbrechen Felder die Baumreihen. Schafsherden durchziehen das Gelände. Forst-, Land- und Weidewirtschaft ergänzen sich in dieser vielfältigen Zone, doch sind es die weitläufigen Plantagen der Vielzweckfrüchte Olive und Johannisbrotschote, die dieser semiariden Kulturlandschaft ihren unverwechselbaren mediterranen Stempel aufdrücken. An die 300.000 Oliven- und Johannisbrotbäume begleiten Besparmak und Küstensaum bis hinaus nach Esentepe.

Links der Straße führen manchmal etwas unwegsame Seitenwege an die Strände. Mit ihrem feinen Sand und mancherorts hohen Dünen sind sie ein Paradies für Badelustige - wie etwa Lara-Beach (13 km von Girne), ein weiterer schöner Strand nach 17 km, dann Alagadi-Beach (20 km von Girne) oder weitere namenlose Sandbuchten entlang der Küste gen Osten. Einige Strandabschnitte (wie Alagadi) sind unbedingt schützenswerte Eiablageplätze der Meeresschildkröten. Diese Strände dürfen zwar betreten werden, sie mit Autos zu befahren ist aber grundsätzlich untersagt. Kurz vor der Abfahrt zur Alagadi-Beach liegt an der Straße mit schöner Terrasse zum Meer Kathleen`s Restaurant. Weit und breit einzige Einkehrmöglichkeit, bietet es kühle Getränke und reichhaltiges, dabei preiswertes Essen. Nahe der Auffahrt nach Esentepe, auf der Uferkante, stoßen wir auf zwei urtümliche Steinbauten aus dem 18. Jahrhundert. Sie dienten als Lager und Verladestelle für Johannisbrotschoten, die hier für den Export in Schiffe abgefüllt wurden - Zeugen eines jahrhundertealten Wirtschaftszweiges. Heute werden die Schoten auf dem Landweg nach Gazi Magusa (Famagusta) transportiert und dort entkernt. Die Kerne gehen in den Export, die Schoten werden als nahrhaftes Viehfutter verwendet.

Wir verlassen die Küstenstraße und fahren die abrupt ansteigenden Vorberge nach Esentepe, 150 m über dem Meer und 26 km östlich von Girne, hinauf in ein Mosaik aus großen Waldflächen und Macchiearealen im Wechsel mit breitschirmigen Johannisbrotbäumen und knorrigen Olivenbäumen, darunter achtzehn imposante Exemplare, die zweihundert Jahre und älter sind. In den umgebenden Schluchten und Tallagen mit ihrem vorteilhaften Mikroklima gedeihen auch prächtige Aprikosen, für die Esentepe (wie auch der Nachbarort Karaagac) weithin bekannt ist, dazu Feigen, Pfirsiche und Zitronen. Am südlichen Ortsausgang zweigt nach links ein Forstweg ab. Er bringt uns nach etwa fünf Kilometern zu der idyllisch in einem Tal gelegenen Klosterkirche Christus Antiphonitis.

Antiphonitis

Antiphonitis

In Kammhöhe fahren wir eine kurze Strecke über steinige Forstwege, dann auf asphaltierten Straßenabschnitten nach Westen zur etwa 10 km entfernten Forststation Alevkaya. Jede Wegbiegung eröffnet phantastische Ausblicke auf eine vielgestaltige Waldlandschaft, auf die dramatisch gestaffelten Gipfel des langgestreckten Gebirgszuges, auf sanft auslaufende Berghänge, den fruchtbaren Küstenstreifen, das Meer in seidigen Blau- und Grüntönen. Ganz anders die Südseite: in kräftige Ocker- und Hellbraunschattierungen getaucht, tischeben und endlos erscheinend, die Mesarya, die Getreideebene mit den unzähligen Rechtecken ihrer Felder. Aleppokiefern und Zypressen, Stecheiche und Dorniger Ginster, Erbbeerbaum, Myrte und Lorbeerbaum verströmen würzige Waldluft. Auf einem Plateau inmitten des Alevkaya-Waldes liegt die gleichnamige Forststation, Sitz der nordzyprischen Forstverwaltung mit angeschlossener Baumschule und Herbarium. Unter hohen Bäumen stehen lange Reihen roher Tische und Bänke, untrügliches Zeichen, daß sich hier eine der großen Leidenschaften der Zyprer (übrigens beider Landesteile) ausleben kann: besonders an den Wochenenden gibt sich hier die Gemeinde der Picknickfreunde ein Stelldichein. Es kann schon etwas eng werden hier oben, wenn lange Konvois den Platz ansteuern, sich buntes Familienleben entfaltet, auf unzähligen Grills gewaltige Fleischmengen garen, um begleitet von allerlei schmackhaften Zutaten in hungrigen Mägen zu verschwinden. Eine heitere Stimmung liegt über der Szene, die wir jetzt verlassen und das Herbarium in einem Haus am Rande des Geländes besuchen.

Am Herbarium im Besparmak-Gebirge

Am Herbarium im Besparmak-Gebirge

Wo sich der rauhe Forstweg von Alevkayas Picknickplatz nach Westen fortschlängelt, steigt ein Nebenweg den Nordhang in Windungen hinab zum ca. 1 km entfernten ehemaligen armenischen Kloster Sourp Magar (Surp Makar).

Noch 8 km abwechslungsreiche Waldpiste liegen vor uns, wenn wir Alevkaya verlassen und die letzte Etappe unserer Rundtour angehen. Zügiges Tempo läßt der Weg nicht zu, doch er belohnt mit dem intensiven Duft von Kräutern, einer fast schon vergessen geglaubten Stille. Kurz vor Erreichen der Paßstraße taucht rechter Hand die wohl auffälligste Erhebung der ganzen Bergkette auf. Der aus einem massigen Unterbau hervorbrechende, wild zerfurchte Kalksteingrat hat seit Menschengedenken die Phantasie angeregt. Die gut ausgebaute Verbindungsstraße von Girne zum Flughafen und nach Gazi Magusa (Famagusta) ist erreicht. Sie führt uns in weiten Serpentinen den Nordhang hinunter, vorbei an dem großen Dorfe Catalköy und der hell angestrahlten Abtei Bellapais. Der Abend ist hereingebrochen.

 


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