Reiseführer Nordzypern
Iskele
Der bescheidene Hauptort des gleichnamigen Verwaltungsbezirks liegt 22 km nördlich von Famagusta nahe der Straße zum Karpaz.
In den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts hatte ein wagemutiger
englischer Unternehmer unter dem beklommenen Staunen der Dörfler
die ersten Dampfmaschinen Zyperns in Trikomo - so der griechische
Ortsname von Iskele - in Betrieb genommen. Mit ihrer Hilfe wurden
sog. Egreniermaschinen bewegt, die Zyperns bedeutendes Agrarprodukt
Baumwolle von ihren Samenkernen befreiten und für die Weiterverarbeitung
herrichteten. Rund zwei Jahrzehnte später erblickte ein gewisser
Georgios Grivas in Trikomo das Licht der Welt. Viele Griechen Zyperns
verehren ihn noch immer als Freiheitshelden. Dabei war er ein höchst
umstrittener Haudegen, der unter dem theatralischen nom de guerre
"Dighenis" (nach einer frühbyzantinischen allmächtigen
Sagengestalt) mit seiner EOKA-Guerilla gegen die englische Kolonialmacht
und für die "Enosis" einen schmutzigen Krieg führte und
später als Terroristenchef die sog. EOKA B befehligte.
Das große Dorf am östlichen Rande der Mesarya-Ebene besitzt
mit der Agios Iakovos-Kirche und der Kirche Panagía Theotókos
zwei ungewöhnliche Gotteshäuser, die unbedingt einen Besuch
lohnen. Die letztgenannte beherbergt überdies eine Ikonen-Ausstellung.
Die Kirche des hl. Jakobus in Iskele
Agios Iakovos-Kirche
Nahe dem Ortseingang, an einer Kreuzung, steht sie: eine der kleinsten und attraktivsten Kirchen Zyperns. Es wird erzählt, eine Königin Maria von Rumänien sei von dem Meisterwerk im Miniaturformat so angetan gewesen, dass sie ihre Privatkapelle am Schwarzen Meer dem fernen zyprischen Vorbild anpasste. Die in ihrer architektonischen Ausgewogenheit sehr schöne Kreuzkuppelkirche stammt aus dem 15. Jahrhundert. Ikonen und Ikonostasis sind weniger von Interesse, dafür weist die Wölbung überraschenderweise Porzellankacheln auf, die an portugiesische Vorbilder erinnern.
300 m weiter, an der Straße nach Gecitkale, liegt die bedeutendere
der Kirchen von Iskele.
Panagía Theotókos
Die der hl. Jungfrau der Mutter Gottes geweihte Kirche wurde Anfang des 12. Jahrhunderts gebaut. Die einschiffige Kuppelkirche mit überwölbten Nischen in seinen Längswänden zählt zu einem seit jener Zeit in Zypern sehr populären Kirchentypus. Was sie hervorhebt, sind eine Reihe gut erhaltener Fresken aus der Entstehungszeit des Bauwerks, Wandmalereien, wie sie stilistisch sehr ähnlich (und sicher datiert auf die Jahre 1105/06) auch in der Klosterkirche Panagía Phorviótissa von Asínou im griechischen Süden Zyperns zu besichtigen sind. Das Besondere an den Fresken ist ihre stilistische Nähe zu frühkomnenischen Werken (nach dem Herrschergeschlecht der Komnenen, 1081-1185) in der byzantinischen Hauptstadt Konstantinopel. Es liegt nahe, dass hier wie auch in Asínou Meister vom Bosporus am Werk waren.
Christus als Weltenrichter in der Kuppel
Im 15. Jahrhundert erhielt die Kirche an ihrer Nordseite ein überwölbtes Seitenschiff. Später wurde auch die Westseite erweitert und der Glockenturm an der Nordostecke ist noch jüngeren Datums.
"Sterbliche, fürchtet den Richter"
Als herausragendes Beispiel zyprischer Kirchendekoration
im frühkomnenischen
Stil gilt die Darstellung des Christus Pantokrator (Christus als
Weltenrichter) in der Kuppel. Die rechte Hand zur Segnung erhoben,
in der linken ein Evangelienbuch als Symbol für das Gesetz der
Welt, wird er umringt und gepriesen vom Chor der Engel. Sie bewegen
sich in zwei Gruppen, angeführt von den beiden Erzengeln, auf
die Thronbesteigung (im östlichen Kuppelrund) zu. Rechts und
links des Thrones stehen Maria und Johannes der Täufer als Fürbitter
für die Menschen. Denn der strenge Gesichtsausdruck des Allesbeherrschers
lässt keinen Zweifel aufkommen, dass der Jüngste Tag kommen
wird: "Sterbliche, fürchtet den Richter!" lautet die Inschrift
rund um das Medaillon.
Im Scheitel des Apsisbogens ist die Himmelfahrt Christi dargestellt,
wie er in einer Aureole von vier Engeln emporgetragen wird, beobachtet
von den erstaunten Aposteln. Die Apsiskonche zeigt eine Maria Orans
des "Blacherniótissa"-Typus, so benannt nach dem Urbild eines
Darstellungstyps der hl. Jungfrau in der Blachernenkirche von Konstantinopel:
Maria mit betend erhobenen Händen, das segnende Jesuskind
vor der Brust.
Mariendarstellung in der Apsis
In der südlichen Nische sieht man die Begegnung von Marias Eltern
Joachim und Anna und das Gebet des Joachim, auch eine fragmentarisch
erhaltene Geburt Christi im Beisein einiger Hirten, von denen einer
Flöte spielt.
Während der Restaurierung im Jahre 1966 kamen drei weitere Darstellungen
des Marienlebenzyklus zum Vorschein: Joachim und Anna, wie sie ihre
Gaben dem Tempel übergeben, das Gebet der Anna und die Geburt
Marias.
Die Ikonostase
Liebhaber von Ikonen können eine Sammlung geweihter Tafelbilder aus Kirchen und Kapellen der näheren Umgebung in dieser Kirche besichtigen.
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