Streifzüge durch die südliche Peloponnes

Die Geisterstadt auf dem Plateau

Menschenleer ist es hier oben zwischen den schwer zu deutenden Ruinen einer großen Vergangenheit. Die letzten Bewohner verließen die Stadt auf dem Fels Anfang des 20. Jahrhunderts. Während ihrer Blütezeit im Mittelalter sollen hier zeitweise bis zu 40.000 Menschen gelebt haben und etwa zwei Drittel der Hochfläche waren damals bebaut. Gut geschützt gegen Angreifer, musste sich, wer sie bezwingen wollte, auf eine unter Umständen jahrelange Belagerung einstellen. Es gab hinreichend Wasser auf dem Plateau und selbst die Ernährung war für einen längeren Zeitraum gewährleistet. Schon damals existierte die kleine Vorstadt am Fuß des Felsens, wenn auch hier zu leben risikoreicher, dafür aber weniger beschwerlich war.

Monemvasia

Haupttor

Es gab und gibt nur einen Aufstieg, stark gesichert durch Mauern und Tore, Schießscharten und Brustwehren. In wildem Zickzack führt der Weg über buckligen Fels, sandige Passagen und Geröll steil nach oben. Wer nicht sicher auf den Beinen ist, wird möglicherweise Probleme bekommen – allerdings ist es nur ein kurzer Aufstieg. Einem ersten Torbogen folgt ein zweiter, dann mit dem Haupttor eine komplexe Anlage mit Wachstuben, Gefängniszellen und versteckten Verteidigungsstellungen. Jenseits des Tors öffnet sich der Hauptplatz der Oberstadt, den Eukalyptusbäume umstehen wie auch einige restaurierte Gebäude.

Über das angrenzende Plateau breitet sich eine beeindruckende Ruinenlandschaft aus, die sich stellenweise zu einer regelrechten Steinwüste verdichtet. Überwuchert von vertrockneten Gräsern, von Thymian und Disteln, im Frühjahr in farbige Tupfer getaucht von Amaryllis, Baum-Wolfsmilch, Strauchnesseln, dem endemischen fliederfarbenen Krokus und Veilchen, wie schon der osmanische Autor Evliya Çelebi im 17. Jahrhundert in seinem Reisebuch „Seyahatnâme“ festhielt: Die Leute hier nennen die Oberstadt Menekşe (türk. Veilchen) wegen der vielen Veilchen, die dort gedeihen. . . Selbst auf der Kante des zumeist senkrecht abfallenden Felsens wurden von Venezianern und Türken im 17. und 18. Jahrhundert Schutzmauern hochgezogen, um jeden noch so waghalsigen Angriff zurückschlagen zu können.

Monemvasia
Vom Hauptplatz in nördlicher Richtung liegt, direkt über dem Abgrund, die byzantinische Kreuzkuppelkirche Agía Sophía. Sie ist das einzige intakte Gebäude der Oberstadt und zugleich die älteste unter allen Kirchen in Monemvasia. Und sie ist gänzlich anders gebaut als die übrigen Kirchen. Vermutlich nach Vorbildern in Konstantinopel entstand sie als Achtstützenkirche, einem sehr seltenen Kirchentypus, dessen große auf dem Tambour aufsitzende Kuppel über der Vierung auf einem achteckigen Unterbau ruht und auf diese Weise die drei Kirchenschiffe überspannt. Errichtet wurde die Kirche sehr wahrscheinlich im 12. Jahrhundert. Näheres dazu enthält wohl die Stiftungsurkunde im Narthex, die aber noch nicht entziffert werden konnte. Dem Narthex wurde von den Venezianern eine zweistöckige Loggia vorgelagert. Von den einst zahllosen Fresken im Innern der Kirche sind nur wenige erhalten, aber Marmorkapitelle in den Fenstern mit schönen Pflanzen- und Tiermotiven haben die Zeiten überdauert, nicht aber das Nonnenkloster, ursprünglich angelehnt an die Südseite der Kirche, wurde es von den Türken geschlossen und später abgetragen. Deshalb sieht der südliche Bereich der Kirche so verwüstet aus. Ein Rest des Mauerwerks ist noch an der Ecke der Loggia erhalten geblieben.

Von hier lässt sich das Ruinenfeld der östlichen Oberstadt bequem überblicken, wo einst Monemnasias Upperclass in noblen Quartieren lebte, zusätzlich geschützt durch massive Befestigungen.

Monemvasia
Zurück zum Haupttor. Der Pfad nach Westen folgt der Felsenkante und der darauf errichteten Brustwehr bis zu einer kleinen Senke, auf der in kritischen Zeiten Gemüse und Getreide angebaut wurden. Oberhalb haben sich zwei Steinkolosse breit gemacht, lebenswichtige Zisternen und ihre davor liegenden Auffangflächen. Die obere mit einer mächtigen Basis und den Resten einer Bogenarkade und vor der unteren entstand nach 1540 ein kleines türkisches Grabmonument.

Monemvasia
Letztes Ziel ist das Kastell auf dem Gipfel, nicht leicht erreichbar von hier, führt doch der kaum noch sichtbare Pfad durch verdorrtes Gestrüpp und über rutschiges Gelände steil nach oben und was den atemlos Kraxelnden am Ende erwartet – einmal abgesehen von der phantastischen Rundumsicht vom höchsten Punkt des Felsens – ist nicht sehr aufregend: Von der im frühen 15. Jahrhundert errichteten Festung (auf den Fundamenten älterer byzantinischer Bauten) in Form eines Rechtecks mit Türmen an drei Ecken und einem weit vorgelagertem vierten Turm am nördlichen Steilabfall, sind wenig mehr als massive Mauerreste geblieben, aufgeschichtetes Bruchgestein vor dem azurblauen Meer zu Füßen und den verschwimmenden Konturen von Kap Kamili und Kap Maleas in der Ferne.

Monemvasia





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