Streifzüge durch die südliche Peloponnes

Mistras

Eine byzantinische Ruinenstadt
Am Fuß des Taygetos-Gebirges erhebt sich rund sechs Kilometer nordwestlich von Sparta ein kegelförmiger Hügel. Über seinen Hang verstreut haben Kirchen und Palastruinen, Tore, bröckelnde Mauern und überwucherte Fundamente der mittelalterlichen Stadt Mistrás die Zeiten überdauert. Auf überaus eindringliche Weise vermag diese Ruinenstadt der Nachwelt eine Vorstellung von einer kulturell und politisch bedeutsamen Metropole des byzantinischen Kaiserreichs zu vermitteln. Sie ist eines der ganz wenigen erhaltenen Beispiele einer großen Stadt des byzantinischen Mittelalters.

Mistras

Sie war ein mehrfach gesicherter Ort. Mächtige, noch heute überall sichtbare Mauern umschlossen die Unterstadt. Auch die Oberstadt hatte ihre eigenen Befestigungen und auf dem Hügelgipfel rund um die Burg hatten die Machthaber eine dritte, schier uneinnehmbare Sicherheitszone errichtet. Hier oben bewegt man sich in etwa 620 m Höhe. Der Haupteingang am Rand der Unterstadt liegt gut 260 m tiefer. Es macht also Sinn, das Gelände durch den oberen Eingang (der auch mit dem Auto/Taxi zu erreichen ist) ungefähr in Höhe der Burg zu betreten. Alle Wege oder Pfade führen von hier bergab. Allerdings stellen sie schon einige Anforderungen an die Kondition der Besucher, sind sie doch manchmal rutschig oder mit lockerem Geröll bedeckt, oft ähneln sie mehr einem Bachbett und auch wackelige, unregelmäßig hohe Stufen sind zu bewältigen – kurzum, man sollte gut zu Fuß sein, eine Kopfbedeckung dabei haben und ausreichend Wasser.

Der Besuch in Mistrás lässt sich nicht als Spaziergang planen. Er entpuppt sich als anspruchsvolle Bergtour. Und so geht es auch gleich los, wenn man den oberen Eingang passiert hat und die Burg besichtigen will. Sie krönt den Gipfel. Aufstieg ist also angesagt und die erste Bekanntschaft mit einem ziemlich unwegsamen, felsigen Untergrund, der sich in steilen Serpentinen nach oben windet. Es bleibt aber die einzige nennenswerte Steigung, wenn man den oberen Eingang gewählt hat!

Rückblick
Verglichen mit anderen namhaften Städten Griechenlands, ist Mistrás eine noch junge Siedlung. Als ihr erstes Bauwerk entstand die Burg im Jahre 1249 auf Initiative des Guilleaume II. de Villehardouin, eines Adligen aus der Champagne und Großneffen des Geoffroy de Villehardouin. Dieser Geoffroy hatte sich als Berichterstatter des 4. Kreuzzuges und Verantwortlicher für die Zerstörungen und Plünderungen in Konstantinopel (1204) einen Namen gemacht. Die Folgen des pervertierten Kreuzzuges waren für das Byzantinische Reich verheerend. Große Teile seines Territoriums teilten die Hauptakteure des fehlgeleiteten Kreuzzuges, westeuropäischer Hochadel und Italiens Seestädte, allen voran Venedig, unter sich auf – für die Bevölkerung eine katholische Fremdherrschaft, die „Frankokratia“, der Jahrhunderte später oft übergangslos die „Turkokratia“ folgen sollte. Mistrás gehörte zum französisch bestimmten Fürstentum Achaia unter dem Haus Villehardouin. Aber nicht lange. Guilleaume II. geriet in Gefangenschaft der wiedererstarkten Byzantiner. Um sich freizukaufen, übergab er die vier wichtigsten Stützpunkte Lakoniens (Mistrás, Monemvasia, Geraki und Maina) im Südosten der Peloponnes 1262 den Byzantinern, die damit einen tiefen Keil von Süden in das fränkische Achaia hineintreiben konnten.



Mistras
Zurück zur Burg in Mistrás. Nach kräftezehrendem Aufstieg wird man mit einer herrlichen Aussicht auf das Taygetos–Gebirge und das Evrotas–Tal mit Sparta belohnt. Von Guilleaumes Festung, ursprünglich 170 m lang und 50 m breit, stehen noch brüchige Mauern, Ruinen viereckiger und runder Wachtürme, Bastionen, Zisternen und Tore, ergänzt durch Anbauten aus türkischer (z. B. im äußeren Burghof) und venezianischer Zeit. Ein inneres Burgtor führt zum Kern der Anlage, der Unterkunft des Statthalters nebst Zisterne, der Burgkapelle und einer inneren Bastion mit Überresten eines weiteren Rundturms. Die ehemalige Kreuzritterburg entstand vor fast achthundert Jahren, in denen sie unzählige Angriffe erlebte. So ist ihr ruinöser Zustand auch nicht weiter verwunderlich.

Mistras





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