Ostern auf Kreta

"Christós anésti", "Christus ist auferstanden" - mit diesem Ruf um Mitternacht von Ostersamstag auf Ostersonntag ist der befreiende Höhepunkt des wichtigsten kirchlichen Festes in der orthodoxen Kirche erreicht. Doch der Reihe nach.

Wer die heimatlichen Osterferien zu einem Besuch Kretas nutzt, mag enttäuscht sein, stellt er fest, dass das orthodoxe Osterfest zu einem anderen Zeitpunkt gefeiert wird. 528 setzte Papst Gregor eine Reform des seit römischer Zeit geltenden Julianischen Kalenders durch, doch blieb die orthodoxe Kirche dem alten Kalendersystem lange Zeit treu. Zwär änderte sich das im Laufe des 20. Jahrhunderts, doch bei der Berechnung des Osterfestes weicht man bis heute nicht vom Julianischen Kalender ab. Mit der Folge, dass auch heute noch Ostern bei den christlichen Kirchen meist in einem zweiwöchigen Abstand gefeiert wird.

Dem Osterfest geht eigentlich eine vierzigtägige Fastenzeit voran, doch sie hat im modernen Kreta in den letzten Jahrzehnten an Bedeutung verloren. In dieser Zeit sollten kein Fleisch und auch keine tierischen Produkte gegessen werden. Am ehesten wird die Fastenzeit noch in ländlichen Gegenden und von Frauen eingehalten.

Die sogenannte Heilige Woche, die Zeit zwischen Palmsonntag und Ostern, ist dann die Zeit intensivster Vorbereitungen. An jedem Abend rufen jetzt die Kirchenglocken zum Gottesdienst. In und um das Haus wird überall geputzt und gefegt, traditionellerweise wird auf den Dörfern das Haus bis Ostern mit einem neuen Kalkputz geweißt. Je näher das Osterwochenende rückt, desto mehr Gäste treffen ein, Fähren und Flugzeuge sind dann restlos ausgebucht, denn vom Festland und auch aus dem Ausland strömen die Kreter für dieses Familienfest auf ihre Heimatinsel zurück.

Der Karfreitag ist der strengste Fasttag des Kirchenjahres, dann darf nicht einmal pflanzliches Fett zu sich genommen werden, rauchen und trinken sind verboten. Am Abend wird Christus symbolisch zu Grabe getragen, eine große Prozession zieht durch das Dorf, an der sich fast alle beteiligen. Am Ostersamstag wird gebacken und gekocht, in so manchem Dorf wird auch noch der alte Steinbackofen entfacht. Während dies in der Regel die Frauen übernehmen, ist es reine Männersache, das traditionelle Osterlamm oder Zicklein zu schlachten, das meist schon seit Tagen seinem Schicksal harrt.

Kaum einer fehlt, wenn in der Osternacht die Auferstehungsfeier in der Kirche stattfindet. Feierlich geschmückt versammelt sich die Gemeinde in und vor der Kirche, oft reicht der Platz für alle gar nicht aus. Kurz vor Mitternacht zieht sich der Papas ins Allerheiligste zurück um um 12 Uhr mit dem Osterlicht herauszutreten und zu verkünden: " Kommt und empfanget Licht vom ewigen Licht und preiset Christus, der von den Toten auferstanden ist!" Alle entzünden daraufhin ihre Kerzen an diesem Osterlicht und der Ruf "Christus ist auferstanden" wird von einem vielstimmigen "Alithós anésti", "Er ist wahrhaftig auferstanden" beantwortet. Begleitet von ohrenbetäubenden Knallkörpern und Raketen tauschen alle einen Osterkuss aus. Ein Zeichen der Versöhnung und Beendigung alter Feindschaften.

Zuhause wird dann im Familienkreis gefeiert, traditionell stehen rot gefärbte Ostereier auf dem Tisch - Symbol des Blutes Christi - und eine dampfende magiritsa wird serviert, eine Suppe aus Lamminnereien.

Der Ostersonntag steht dann ganz im Zeichen der familiären Feier. Das Osterlamm steht im Mittelpunkt einer riesigen Tafel, und nicht selten tragen Tanz und Musik bis in den frühen Morgen.





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