Flandern -
flaches Land, graues Land ...
»Mit der Nordsee als äußerstem Ödland/Und Wogen von Dünen um Wellen aufzuhalten/...Mit Kathedralen als einzigen Bergen/Und schwarzen Glockentürmen gleich Kletterbäumen/Von denen steinerne Teufel die Wolken abhängen/...Mit einem Himmel so tief, daß ein Kanal sich verirrt hat/...Mit einem Himmel so grau, daß ein Kanal sich erhängt hat/...Das flache Land, das meines ist«, so besang der bekannte, nicht nur in Belgien unvergessene Chansonnier Jacques Brel in »Le Plat Pays« seine geliebt-gehaßte Heimat, die er, bis zu seinem frühen Tod im Jahr 1978, gegen Paris und die ferne Südsee eingetauscht hatte.
Flandern, eine der beiden politischen Regionen Belgiens, die mit den deutschen Bundesländern zu vergleichen sind, und der nördliche Teil des Königreichs Belgien, ist flach wie ein Kuchenblech, von Entwässerungsgräben durchzogen und von der Nordsee gesäumt, an der sich bei De Panne ausgedehnte Sanddünen erstrecken. Der Drang der wirtschaftlich aufstrebenden Region nach Selbständigkeit und Unabhängigkeit ist nicht zu verkennen und Teil der politischen Debatte über den Fortbestand des belgischen Königreichs.
Ein Blick über den Markt von Brügge
In der flachen Polderlandschaft im Westen liegen Bruegge und Gent, Mitglied der Hanse und reiche Tuchstadt die eine, aufstrebende Industriestadt des ausgehenden 19. Jahrhunderts und Zentrum der belgischen Arbeiterbewegung die andere. Oostendes Glanz als Sommerfrische des ausgehenden 19. Jahrhunderts ist längst verblaßt. Dennoch kommen jedes Jahr 20 Millionen Gäste an den Nordseestrand. Einige von ihnen besuchen das James-Ensor-Haus, einst Wohnhaus des bekannten symbolistischen Malers James Ensor, andere das KaZ, vormals PMMK mit seiner Sammlung belgischer Kunst seit 1945.
Mitten in Gent: eine Trutzburg
Die Spuren des I. Weltkrieges und die umkämpften Stellungen an der Ijzer entdeckt man in Ieper, Diksmuide und Veurne, westflämische Städtchen, die aus Trümmern auferstanden sind. Bei Oudenaarde, an der Grenze zur Region Wallonien, erheben sich die Flämischen Ardennen. Diese wellige Hügellandschaft ist nicht nur für die Radprofis bei der »Ronde van Vlaanderen«, der Flandern-Rundfahrt, eine Herausforderung, sondern auch für diejenigen, die Flandern mit dem Rad erkunden möchten. Kunstliebhaber besuchen sollten unbedingt das Rathaus von Oudenaarde besuchen, um sich die herrlichen Oudenaarder Wandteppiche anzuschauen. Im nahegelegenen Kortrijk wurde einst Flachs gebrochen und zu feinem Tuch verarbeitet. An die Geschichte und Tradition der Flachsverarbeitung erinnert heute das Nationalen Flachsmuseum und das Städtischen Museum.
Beschaulicher Brügger Beginenhof
Verläßt man Brüssel und das Brabanter Plateau gen Norden, so erreicht man die einstige Residenz der Margarete von Österreich, das an der Dijle gelegene Mechelen mit der mächtigen St. Romboutskathedraal und Lier, das »Venedig des Kempenlandes« mit seinem idyllischen Beginenhof.
Kosmopolitisch, von Seefahrt und Handel geprägt, ist das an den Ufern der Schelde gelegene Antwerpen. Modernes paart sich hier mit Vergangenheit, Belle Epoque mit Mittelalter - hier Zurenborg mit der Cogels Osylei, dort Vleeshuis und Rubens Huis. Im Park Middelheim wird moderne Kunst von satten Grün aufgenommen. Auf konzeptionelle Kunst, Pop Art, Land Art und Videokunst versteht man sich im MUKHA in Antwerpen Zuid mit seinen zahlreichen Bars, Cafés und Restaurants. Im Schatten der weltoffenen Metropole Antwerpen, in der indische und jüdische Diamantenhändler ihren Geschäften nachgehen und ,ganz gegen jede Erwartung, die rassistische, ultrarechte Partei Vlaams Belang eine nicht zu übersehende Anhängerschaft besitzt, steht das ostflandrische Städtchen St. Niklaas mit dem größten Markplatz Belgiens und geschlossener Art Deco-Bebauung. Im Umland von St. Niklaas erstrecken sich Äcker mit Zucker- und Steckrüben, Kartoffeln und Mais. Wenn es nicht die Legende um das Roß Bayard gäbe, an die mit einem jährlichen Umzug gedacht wird, so gäbe es wenig Anlaß in Dendermonde zu verweilen.
Die Kirche St. Gummarus in Lier
Wer Brüssel gen Osten verläßt, kommt nach Flämisch Brabant und nach Belgisch-Limburg. Geprägt von ausgedehnten Waldflächen des Zoniënwoud und angrenzenden Parklandschaften ist Tervuren, ein Ort, in dem im Zentralafrikanischen Museum die belgische Kolonialgeschichte dokumentiert wird. Universitärer Geist strömt durch Leuven, dessen Herz im Sommer während des Festivals Beleuvnisse im Rhythmus der Musik schlägt
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Kunst im Park vor dem Museum von Deinze
Lehmiger Ackerboden mit Obstplantagen prägt den Teil von Limburg, zu dem St. Truiden mit seinen sakralen Zeugnissen, Tongeren mit römischen Spuren und Hasselt mit der Tradition des Geneverbrennens gehören. Unweit von dort wird in Alden Biesen das Erbe des Deutschen Ordens dokumentiert. Sehenswert ist auch das nahegelegene Freilichtmuseum Bokrijk.
Im beschaulichen Diest schließlich lohnt sich der Besuch des Beginenhofes und der Collegiale Kerk der heiligen Sulpitius en Dionysius.
Kunst und Natur: Die Sammlung der Stiftung Verbeke
Wer sich für Kunst interessiert, der sollte das Gemeindemuseum in Mol besuchen und zudem nahe St. Niklaas einen Tag in der Kunstsammlung Verbeke in Kemzeke verbringen- Die Maler der Leieregion sind im Museum von Deinze präsentent, während im ehemaligen Wohn- und Atelierhaus des flämischen Expressionisten Constant Permeke in Jabbeke dessen teilweise monumentalen, tonigen Arbeiten zu sehen sind.
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