Streifzüge durch die südliche Peloponnes

Messene Rundgang

Wie erreicht man das alte Messene? Von Kalamata, dem Zentrum des modernen Regionalbezirks Messenien, sind es ca. 30 km , wenn man die Route vorbei am Flughafen und das Städtchen Messini passierend wählt. Die Anfahrt endet in Mavrommáti oberhalb des Ausgrabungsgeländes. In dem hübschen kleinen Dorf leben vielleicht 200 Einwohner, die ein paar einfache Unterkünfte bereit halten und sich auch mit leckerer regionaler Kost um das leibliche Wohl der Besucher kümmern. Das Dorf lehnt sich an den Südhang des 780 m hohen Ithomi-Berges, der in der frühen Geschichte den Bewohnern Messenes als sicherer, befestigter Rückzugsort galt und als Stätte der Heiligtümer des Zeus Ithomatas (auf dem Gipfel) und seiner Töchter Artemis Limnatis und Eileithyia am südöstlichen Hang große ideelle Bedeutung besaß. Man kann von Mavrommáti auf einem Serpentinenweg in etwa 40 Minuten den Gipfel erreichen und wird mit einem grandiosen Ausblick über die südwestliche Peloponnes belohnt. Wer mit dem Pkw anreist (von Olympia sind es 75 km), findet ausreichend Parkfläche unmittelbar vor dem Eingang zum antiken Gelände, wo auch das Museum seine Exponate zeigt. Wer den Linienbus (in der Regel verkehrt er nur zweimal am Tag) ab Kalamata nimmt, steigt in Mavrommáti aus und sollte sich unbedingt beim Fahrer erkundigen, wann und wo der (letzte) Bus zurück in Richtung Kalamata startet. Gerade die letzten Busse haben es immer sehr eilig und kommen auch gerne mal eine Viertelstunde früher als eigentlich vorgesehen.

Messene
Die Straße hinunter zur antiken Stadt bietet eine großartige Sicht auf Griechenlands umfangreichstes Ausgrabungsgelände, das eingebettet ist in eine parkähnliche Landschaft. Olivenbäume und Pinien spenden den Besuchern Schatten. Zypressen und üppig-grüne Laubbäume gesellen sich an den Rändern dazu und verdichten sich die Berghänge hinauf zu einem schwer zugänglichen Mischwald. Über das Gelände verstreut, wurden moderne, metallene Kunstobjekte installiert – in reizvollem Kontrast zu den hellenistisch geformten steinernen Bauelementen.

Messene
Die erste Begegnung im Gelände ist schon eine der besonderen Art, zählt doch das messenische Theater zu den größten antiken Bühnen Griechenlands mit einer Breite von nahezu 99 m. Es war ein Ort politischer und vergnüglicher Veranstaltungen. Eine massive Stützmauer trägt die künstliche Aufschüttung, an deren Innenseite sich die halbkreisförmig angeordneten und terrassenförmig aufsteigenden Sitzreihen anlehnen. Sie wurden durch Treppen in 14 Segmente geteilt. Im unteren Bereich, angrenzend an die Orchestra, d. i. die halbkreisförmige Spielfläche zwischen den Zuschauerrängen und den Bühnengebäuden, sind rund ein Dutzend Sitzreihen wieder aufgerichtet worden. Die Orchestra übertrifft mit einem Durchmesser von 23,46 m selbst die des berühmten Theaters von Epidauros. Von den Bühnengebäuden sind leider nur noch Fundamente erhalten. Ihre Prachtfassade mit korinthischen, ionischen und ägyptisierenden Säulenreihen und in Nischen platzierten Marmorstatuen berühmter Persönlichkeiten erstreckte sich über drei Stockwerke.

Messene
Linker Hand verteilen sich vor einer 40 m langen Wand aus Steinquadern die Überreste des Brunnenhauses der Arsinoë. Wer war Arsinoë? In der an markanten Persönlichkeiten und spektakulären Ereignissen wahrlich nicht armen griechischen Mythologie wird sie als Geliebte des Apollon und Mutter des Asklepios (Äskulap) beschrieben. Ihr eigentlicher Name sei Koronis und nur in Messene nannte man sie Arsinoë. Ihr zu Ehren entstand das Brunnenhaus, das von der Quelle Klepsydra gespeist wurde. Zur Anlage gehörte eine Zisterne vor der Steinwand. Zwischen Wand und Becken war eine Fassade errichtet worden, die ionische Halbsäulen stabilisierten und vor ihr schmückten Kolonnaden aus dorischen Säulen das Ensemble. Ein paar Meter den sanften Hang hinunter lagen noch zwei weitere kleinere Zisternen. Das Brunnenhaus wird vermutlich nicht reine Repräsentationsarchitektur gewesen sein, sondern auch einen praktischen Zweck erfüllt haben, indem es die etwas tiefer gelegenen Stadtteile mit Wasser versorgte. Immerhin soll Messene in seiner Blütezeit 30.000 Einwohner beherbergt haben.

Angrenzend beginnt die Agora, deren Lage erst 2005 eindeutig identifiziert wurde. Bis dahin hatte man den Markt, der auch zugleich Platz für Feste und Versammlungen bot, auf dem Gelände des Asklepiosheiligtums vermutet, das sich südlich anschließt. Soweit erkennbar, flankierten Stoai (Stoa = Säulenhalle, auf der Rückseite und an den Schmalseiten geschlossen, nach vorne offen) die Agora. Die nördliche Stoa, vermutlich zweigeschossig und dreischiffig mit korinthischen Säulen als Raumteiler, lehnt sich an den Hang an. Wenn man Pausanias` Erzählungen folgt, wurden im Bereich der Agora Zeus, der Erretter, Poseidon und Aphrodite, Artemis u. a. Gottheiten verehrt.

Messene
Gleich nebenan liegt das Asklepieion, das Heiligtum des Asklepios. Ob es sich dabei um den Gott der Heilkunst, den Sohn des Apollon, handelt, wofür es keine Hinweise wie etwa Widmungen oder Inschriften gibt, bleibt offen. Es könnte auch eine lokale Gottheit gleichen Namens hier verehrt worden sein, ein Mitglied der Familie der legendären Könige von Messene. Sie sollen vor und nach der „Ankunft der Herakliden“ geherrscht haben, womit vermutlich die Eroberung der Peloponnes durch dorische Stämme gemeint ist. Mythologisches und historisch belegte Begebenheiten halten sich hier die Waage. Pausanias schwärmt in seiner Beschreibung aus dem 2. Jahrhundert von den zahllosen Statuen an dieser Stätte. Er erwähnt Apollon, die Musen, Herakles (Herkules) und Artemis. Auch die Stadt Theben und ihr berühmter Sohn Epaminondas werden geehrt. Der Besucher von heute steht vor einem ziemlich unübersichtlichen Areal und kann sich so recht kein Bild machen. Mit Hilfe von Schautafeln und den veröffentlichten Ausgrabungsberichten (und etwas Fantasie) bekommt das ca. 72 X 67 m messende Gelände nach und nach Konturen. Jede der vier Seiten des nicht überdachten Innenhofs flankierte eine prächtige Stoa mit korinthischen Säulen – also zum Hof hin offene Säulenreihen, die einen Fries mit Tierköpfen und floralen Motiven trugen.

Messene

Hier versammelten sich die Bürger zu kommunalpolitischen Veranstaltungen

An die östliche Stoa grenzt das erstaunlich gut erhaltene, einem Theater ähnelnde sog. Ekklesiasterio. Hier tagte die Ekklesia, die Versammlung der Bürger mit vollen Bürgerrechten. Ein weiterer Raum ein paar Schritte weiter war das Buleuterion, wo die 76 Repräsentanten der Städte, der Bundesrat Messeniens, zusammenkam. Den Raum gleich nebenan deutet man als das Archiv des Buleuterions. Gegenüber auf der Westseite gab es eine Flucht von Räumen, in denen Pausanias die erwähnten Statuen entdeckte. Das Zentrum des Innenhofs nahmen der große Altar und der eindrucksvolle dorische Tempel des Asklepios ein. Man schätzt seine Höhe auf neun Meter, seine Fläche auf etwa 14 X 28 m. Seine Cella, d. i. der Hauptraum des Tempels, besaß noch einen kleinen, hermetisch abgeschlossenen Rückraum, in dem die Kultstatue des Asklepios aufgestellt war. Dieser Adyton genannte Raum war für das Publikum nicht zugänglich, allein Priester durften ihn betreten. Der aus lokalem Kalkstein errichtete Tempel entstand vermutlich im ersten Viertel des 2. vorchristlichen Jahrhunderts. Restaurierungen sind bis in das 3. Jahrhundert nach Chr. nachweisbar. Im folgenden Jahrhundert wurde er offenbar aufgegeben.

Messene
Folgt man nun dem kurvigen, leicht abschüssigen Weg in südlicher Richtung, erwartet einen noch ein grandioses Erlebnis. Für die meisten Besucher ist es der absolute Höhepunkt ihres Ausflugs nach Archaia Messene. Scheinbar endlos lange Säulenreihen kündigen es an und zwischen ihnen erstreckt sich das antike Stadion der Stadt, phantastisch in seiner ursprünglichen Form mit den originalen Bauteilen auf altem Grundriss wiedererstanden in seiner imponierenden Länge von 181 Metern.

Messene
Das nördliche, hufeisenförmige Ende trägt heute wieder die originalen steinernen 18 Sitzreihen, die durch Treppen in 17 Segmente unterteilt sind. Der Rest der Zuschauerränge ist mit Rasen befestigt. Die Laufbahn des im 3. vorchristlichen Jahrhundert entstandenen Stadions endet vor einem kleinen dorischen Tempel. Die anderen drei Seiten des Stadions werden von dorischen Stoai eingefasst.

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Östliche Stoa des Gymnasiums

Die östliche Stoa war Teil des Gymnasiums, vermutlich in erster Linie eine reine Bildungsstätte, während die westliche Stoa den Ort der Palästra markiert, einen von Kolonnaden umgebenen Hof mit Sportanlagen und angrenzenden Übungs-, Umkleide-, Massage- und Baderäumen. Der erwähnte dorische Tempel am Ende der Laufbahn, ein Heroon (Grabmonument) aus dem ersten Jahrhundert v. Chr, ehrt Angehörige der angesehenen Familie Saithidai für ihre herausragenden Dienste als Hohepriester und Gouverneure unter römischer Herrschaft.

Messene

Grabmonument der Familie Saithidai







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