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Reiseführer Nordzypern

Eine Chronik der Ereignisse

Die Siedlungsgeschichte der Vorgängergemeinden des heutigen Lapta zeigt ein für Zypern charakteristisches Muster, das man als „Wanderungsbewegung“ bezeichnen kann, verlagerten sich doch die aufeinander folgenden Dorfgründungen innerhalb eines begrenzten Territoriums von einer Lokalität zur anderen. Ausschlaggebend dafür war ein möglichst bequemer Zugang zu den fruchtbaren Böden und reichen Wasservorkommen. Auch die Küstenschiffahrt wird dabei eine Rolle gespielt haben und nicht zuletzt Sicherheitserwägungen.

Archäologen haben im Raum Lapta Siedlungsspuren aus der Zeit des Chalkolithikums (ca. 3.700 bis 2.400 v. Chr.) freigelegt, wogegen die zyprischen Gründungsmythen den Eintritt der Siedlung in die Geschichte deutlich später datieren. Es heißt darin, der Ort an den Ufern der Nordküste verdanke seine Entstehung einem der Helden des Trojanischen Krieges, dem großen Praxandros aus Lakonien, dem Kernland des antiken Sparta auf der südlichen Peloponnes. Eine andere Mythenversion spricht von Phönikern, die sich an der Stätte des heutigen „Lambousa“ im achten vorchristlichen Jahrhundert niedergelassen haben sollen. Beide Versionen haben ihren wahren Kern, denn um 1200 v. Chr. wanderte eine erste Vorhut früher Griechen von der Peloponnes – die Achäer der alten Legenden – nach Zypern ein, gefolgt von einer starken Migrationswelle etwa einhundert Jahre später und Phöniker von der benachbarten levantinischen Küste begannen in der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts ausgesuchte Landstriche der Insel zu kolonisieren.

Ein urbanes Zentrum des nördlichen Zypern

In Archaischer Zeit (ab etwa 800 v. Chr.), einer ausgeprägten Blütezeit, zählte Lapithos zu einer Gruppe kleiner, einflußreicher Stadtkönigreiche, die das politische und wirtschaftliche Geschehen auf der Insel kontrollierten. Soloi und Marion (Polis) gehörten zu diesem Kreis, in der Mesarya-Ebene waren es Tamassos, Idalion und Chytri (heute türk. Değirmenlik), Salamis und Kition (Larnaca) im Osten und an der Südküste Amathus und Kourion bei Limassol sowie Paphos. Ob man von einer „griechisch-phönikischen Mischbevölkerung“ in Lapithos sprechen kann, ist umstritten. Immerhin erscheinen in der Liste der Könige von Lapithos aus dem 5. und 4. Jahrhundert griechische und phönikische Namen und auf ihren Münzen verwenden (bis auf eine Ausnahme) alle Könige phönikische Schriftzeichen. Einige von ihnen traten für einen flüchtigen Moment ins Rampenlicht, so etwa Praxippos, der 312 v. Chr. erfolglos gegen die ptolemäische Herrschaft aufbegehrte und daraufhin entmachtet wurde oder vor ihm Peisistratos, der mit seiner Kriegsflotte und unterstützt von seinen königlichen Kollegen Nikokreon von Salamis und Stasanor von Kourion Alexander dem Großen zu Hilfe geeilt war.

Als Rom die Insel seinem Kolonialreich einverleibte (58 v. Chr.), erreichten Ruhm und Wohlstand der Stadt ihren Höhepunkt. Man nannte sie jetzt wegen ihrer schönen Bauten, andere sagen, wegen ihres Reichtums „Lambousa“ (die Scheinende). Der Hafen wurde stark frequentiert (doch eine spätantike Quelle beklagte seine Anfälligkeit gegen die Nordwinde), auf der Werft entstanden seetüchtige Schiffe, die Kupferverarbeitung florierte, es gab zahllose Töpfereien. Lapithos-Lambousa stieg zur Hauptstadt eines der vier von der römischen Inselverwaltung eingerichteten zyprischen Distrikte (conventus) auf.

Von der einstigen Pracht ist fast nichts geblieben. Reste von Hafenanlagen sind noch zu sehen, auch der Stadtwall und Nekropolen, und der Platz der Akropolis lässt sich erahnen. Das Gros der öffentlichen Bauten ist nur inschriftlich bezeugt. Von einem Theater ist dort die Rede und von einem Gymnasium, auf dessen Gelände Festspiele mit Athleten und Pferderennen zur Erinnerung an den Sieg des Augustus über Antonius und Kleopatra bei Actium (31. v. Chr.) zelebriert wurden. Eine Statue dieses göttlichen Augustus Caesar schmückte die Stadt und Standbilder anderer prominenter Römer wie Tiberius, Trajan und Hadrian unterstrichen die feste Einbindung von Stadt und Land in das Römische Reich.

Im 3. Jahrhundert ließ Roms Konsul in Zypern, Claudius Leontichus Illyrius, der schon die Befestigung Athens gegen die Goten organisiert hatte, die Stadtwälle von Lambousa erneuern. In jener Zeit reichte der Distrikt „Lapethia“, dessen Hauptort Lapithos-Lambousa war, über den ganzen Nordwesten Zyperns bis Kap Krommyon (heute türk. Korucam Burnu), umfaßte Myrtou (Çamlibel) und den bedeutenden Kultplatz des Poseidon in Larnaca tis Lapithou (Kozan) und reichte wahrscheinlich bis zum Fluss Serakhis, der an Güzelyurt, dem früheren Morphou, vorbeifließt.

In frühchristlicher und frühbyzantinischer Zeit blühte die Stadt. Apostel Paulus soll mit seinem Begleiter, dem Jünger Barnabas, auf seinem Missionszug durch die Insel in Lambousa abgewiesen worden sein. Einer der frühen Bischöfe namens Theodotos starb, so die Überlieferung, in Kyrenia (Girne) als Märtyrer. Ein späterer Nachfolger, Bischof Didymos, repräsentierte 451 n. Chr. das Bistum Lapethia auf dem Konzil von Chalkedon. Die friedliche Entwicklung, derer sich Zypern im Schatten der großen Weltereignisse erfreute, endete abrupt, als eine neue Macht die Bühne betrat.

Der arabische Zwischenfall

Mitte des 7. Jahrhunderts überfielen in mehreren Wellen arabische Geschwader die Insel. 653 stand Abu`l – A´war al-Sulami, General des Damaszener Omajadenherrsches Muawiya, mit starken Belagerungstruppen vor den Mauern der reichen Küstenstadt. Überlieferungen zufolge soll es zu einem Deal zwischen Belagerern und Belagerten gekommen sein, wonach man sich auf einen freien Abzug einigte, nachdem Stadt und Bürger der Übergabe des öffentlichen und privaten Reichtums an die Angreifer zugestimmt hatten. Spätere reiche Schatzfunde – die offengelegten und die vielen verheimlichten – deuten indes auf nur halbherzig eingehaltene Vereinbarungen hin.

Belagerung und Plünderung und die nachfolgende Brandschatzung zermürbten die Bewohner der Stadt. Viele flohen ins sichere Hinterland, andere ließen sich am Nordhang des Gebirges nieder und legten den Grundstein zu einer neuen Siedlung, dem heutigen Lapta, und es gab sogar einige, die sich zwischen Trümmern zum Bleiben entschlossen. Es war eine schwere Zeit. Das Gezerre zwischen Byzanz und den Arabern um die Macht auf der Insel nahm erst 965 mit dem militärischen Erfolg des byzantinischen Kaisers Nikephoros Phokas für die Zyprer eine günstige Wendung.

Eine kurze Renaissance

Nachfahren der Flüchtlinge von einst kehrten in das verfallene Lambousa zurück. Es wurden Kirchen gebaut und Wohnquartiere angelegt – und doch schien die Zukunft woanders zu liegen, oben am Hang im „neuen Lapithos“. Anfang des 16. Jahrhunderts war die Stadt am Wasser verlassen, nachdem sie nochmal kurzzeitig an die 10.000 Einwohner beherbergt haben soll und in Kreisen des Kreuzfahreradels als „La fief de la Pison“ Begehrlichkeiten geweckt hatte: 1307/08, so wird berichtet, war Lambousa im Besitz der Dame Echive von Beirut aus dem Geschlecht der Ibelins, einer weitverzweigten Adelsfamilie französischen Ursprungs, die im Kreuzfahrerkönigreich Jerusalem zu Besitz und Macht gekommen war und enge Verbindungen zum zyprischen Königshaus Lusignan unterhielt. 1464 nannte Sor de Naves, ein Adliger spanischer Herkunft und Oberbefehlshaber in Diensten der Lusignans die Stadt sein Eigen und 1468 war es Pierre Bibi, auch er ein Vertreter des Militärs, diesmal mit südeuropäisch-syrischen Wurzeln.

Reisende der Neuzeit lieferten eindrucksvolle Berichte über eine Stadt, die nur noch eine wüste Ruinenstätte war, heimgesucht von Schatzgräbern und schon zu großen Teilen abgetragen von den Dörflern der Umgebung, die sich hier mit sauber zugearbeitetem Baumaterial eindeckten. Und darunter waren nicht wenige aus dem neuen Lapithos, dem heutigen Lapta, wie die beiden Österreicher Unger und Kotschy 1865 feststellten: „Die meisten Häuser von Lapithos sind aus Werksteinen der alten verschollenen Stadt erbaut, wie das die Säulenknäufe, die antiken Reliefs und abgerissenen Inschriften, die daselbst eingemauert sind, nur zu deutlich bezeugen.“

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