Von Girne in den Osten
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In der Umgebung von Girne mit Blick auf das Besparmak-Gebirge
Um das Gebiet östlich von Girne zu erkunden, verlassen wir die quirlige Hafenstadt auf der Straße nach Gazi Mağusa (Famagusta). Hinter Karakum, der kleinen Gemeinde am Rande von Girne, glitzert das Meer durch Olivenhaine und rechter Hand öffnet sich der Blick auf das Panorama des Beşparmak-Gebirges mit den Häusern von Ozanköy und Beylerbeyi verstreut über seine Hänge. Darüber thront, einer Festung gleich, die berühmte Prämonstratenser-Abtei Bellapais – für viele Besucher das unumstrittene Juwel unter den Baudenkmälern ganz Zyperns.
Oberhalb von Girne: St. Hilarion, ein markanter Gipfel des Besparmak
Am Ortsausgang von Karakum biegt eine Nebenstraße zum Dorf Ozanköy ab, in dessen Gemarkung vor rund 70 Jahren die frühbronzezeitliche Nekropole Vounos ausgegraben wurde. Folgt man der Hauptstraße noch wenige Kilometer gen Osten, leitet ein unscheinbarer Wegweiser am linken Fahrbahnrand die Besucher über eine schmale Teerpiste zur muslimischen Gedenkstätte Hazret-i Ömer.![Karmi](images3/nordzypern0931-s.jpg)
Ferienanlage Acapulco
Çatalköy, das große Dorf auf einer Rampe über der Küstenebene, grüßt herüber. Dank seiner malerischen Lage und nicht zuletzt wegen der Nähe zur Stadt Girne, lassen sich hier wie schon in Lapta und Karaman (Karmi), Ozanköy und Beylerbeyi immer mehr Engländer, Deutsche und andere Nationalitäten nieder. Spätestens zwei Kilometer östlich von Çatalköy müssen Sie sich entschieden haben, ob Sie die vorgesehene Rundtour an der Küste oder in den Bergen beginnen möchten. Wir entscheiden uns für die meeresnahe Route und biegen nach links (Wegweiser Esentepe und Hotelanlage „Acapulco“) ab. Wer die Tour in entgegengesetzter Richtung absolvieren möchte, verlässt die Hauptstraße erst mit Erreichen der Passhöhe und folgt nun der Kammpiste nach Osten. „Acapulco“ ist nicht nur wegen seines schönen Sandstrandes einen Besuch wert. Auf dem Gelände dieser weitläufigen Ferienanlage liegen die Überreste einer jungsteinzeitlichen Siedlung, die nicht unbedingt Spektakuläres bietet, aber einen kurzen Abstecher lohnt. Agios Epiktitos Vrysi, so ihre archäologische Benennung, liegt oberhalb des Hotelrestaurants. Nach kurzer Fahrt tauchen hinter Hügeln unvermutet mächtige Schornsteine auf. Ein hoher Zaun begleitet linker Hand die Straße. Dahinter liegt Nordzyperns einziges Großkraftwerk, das 1994 ans Netz ging und der leidigen Abhängigkeit von Stromlieferungen aus dem griechischen Süden ein Ende setzte.![Karmi](images3/DSC_0517-s.jpg)
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Klosterkirche Christus Antiphonitis
In Kammhöhe fahren wir eine kurze Strecke über steinige Forstwege, dann auf asphaltierten Straßenabschnitten nach Westen zur etwa 10 km entfernten Forststation Alevkaya. Jede Wegbiegung eröffnet phantastische Ausblicke auf eine vielgestaltige Waldlandschaft, auf die dramatisch gestaffelten Gipfel des langgestreckten Gebirgszuges, auf sanft auslaufende Berghänge, den fruchtbaren Küstenstreifen, das Meer in seidigen Blau- und Grüntönen. Ganz anders die Südseite: in kräftige Ocker- und Hellbraunschattierungen getaucht, tischeben und endlos erscheinend, die Mesarya, die Getreideebene mit den unzähligen Rechtecken ihrer Felder. Aleppokiefern und Zypressen, Stecheiche und Dorniger Ginster, Erbbeerbaum, Myrte und Lorbeerbaum verströmen würzige Waldluft. Auf einem Plateau inmitten des Alevkaya-Waldes liegt die gleichnamige Forststation, Sitz der nordzyprischen Forstverwaltung mit angeschlossener Baumschule und Herbarium. Unter hohen Bäumen stehen lange Reihen roher Tische und Bänke, untrügliches Zeichen, daß sich hier eine der großen Leidenschaften der Zyprer (übrigens beider Landesteile) ausleben kann: besonders an den Wochenenden gibt sich hier die Gemeinde der Picknickfreunde ein Stelldichein. Es kann schon etwas eng werden hier oben, wenn lange Konvois den Platz ansteuern, sich buntes Familienleben entfaltet, auf unzähligen Grills gewaltige Fleischmengen garen, um begleitet von allerlei schmackhaften Zutaten in hungrigen Mägen zu verschwinden. Eine heitere Stimmung liegt über der Szene, die wir jetzt verlassen und das Herbarium in einem Haus am Rande des Geländes besuchen. Wo sich der Forstweg von Alevkayas Picknickplatz nach Westen fortschlängelt, steigt ein Nebenweg den Nordhang in Windungen hinab zum ca. 1 km entfernten ehemaligen armenischen Kloster Sourp Magar (Surp Makar).![Karmi](images3/DSC_0255-s.jpg)
Ruine des Klosters Sourp Magar
Noch 8 km abwechslungsreiche Waldpiste liegen vor uns, wenn wir Alevkaya verlassen und die letzte Etappe unserer Rundtour angehen. Zügiges Tempo lässt der Weg nicht zu, doch er belohnt mit dem intensiven Duft von Kräutern, einer fast schon vergessen geglaubten Stille. Kurz vor Erreichen der Passstraße taucht rechter Hand die wohl auffälligste Erhebung der ganzen Bergkette auf. Der aus einem massigen Unterbau hervorbrechende, wild zerfurchte Kalksteingrat hat seit Menschengedenken die Phantasie angeregt.Die gut ausgebaute Verbindungsstraße von Girne zum Flughafen und nach Gazi Mağusa (Famagusta) ist erreicht. Sie führt uns in weiten Serpentinen den Nordhang hinunter, vorbei an dem großen Dorf Çatalköy und der hell angestrahlten Abtei Bellapais. Der Abend ist hereingebrochen.