Famagusta Geschichte, "Ein melancholischer Ort"
Immerhin konnte
die Hafenstadt eine wichtige Funktion auch in der wenig glanzvollen Folgezeit
aufrecht erhalten: Dank der Beschaffenheit des Küstenstreifens lag
hier der einzige große Naturhafen des Levanteraums, der vielen Schiffen
gleichzeitig Schutz bot. Manche Segler machten hier für die gesamte
winterliche Sturmsaison fest. Mochte das eigentliche Handelsgeschäft
auch darniederliegen, schutzsuchende Boote steuerten Famagusta noch in
großer Zahl an.
Die osmanischen Machthaber sorgten als erstes für die Reparatur der
Stadtbefestigung. Dann kümmerte man sich um die täglichen Bedürfnisse:
Brunnen, Bäder und Basare entstanden für die nun rein türkische
Bevölkerung. „Cul-de-sacs“ (Sackgassen), Ausdruck des
Bedürfnisses nach Privatsphäre in islamischen Städten,
veränderten das Aussehen der Wohngebiete in der südlichen Hälfte
der umwallten Stadt, wo man nun überwiegend lebte. Kirchen und Kathedralen
verwandelten sich in Moscheen.
Stadtansicht
Famagustas Ende des 17. Jh.
„Innerhalb der Mauern darf kein Christ wohnen, außer wenn
er im Gefängnis ist ( . . .) Heutigen Tages nehmen die Gebäude
nicht mehr als etwa die Hälfte des Raumes innerhalb der Mauern ein
und noch dazu ist ein großer Teil derselben unbewohnt“, beobachtete
1738 der englische Geistliche Richard Pococke. In der Tat war nach der
Ausweisung der Christen die Einwohnerzahl auf nur noch 300 – 500
gesunken (während der Glanzzeit lebten hier 7 – 8000). Die
Garnison stellte den größten Teil der Bewohner. Es war „ein
melancholischer Ort, jetzt fast vollständig entvölkert (...)
Einige Kanonen mit dem venezianischen Wappen liegen demontiert auf den
Bastionen. Der Leutnant der Festung wies auf sie mit einer Geste des Triumphs“,
schrieb 1787 John Sibthorp und noch war der Boden der alten Stadt mit
vielleicht 150.000 Kanonenkugeln, kleinen und großen, steinernen
und metallenen, gespickt – Relikten der gnadenlosen Belagerung von
1571.
„Der Handel ist an diesem Ort sehr schlecht“, (Pococke), was
nicht nur eine Folge der schon lange zurückliegenden Verlagerung
des Warenumschlags nach Larnaca war, allein der miserable Zustand des
Hafens ließ ein Wiederaufleben der alten Handelsströme gar
nicht zu.
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