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Reiseführer Nordzypern

Yeni Cami

Es war einmal eine wunderschöne gotische Kirche, deren Name nicht überliefert ist und deren vollendete Gestalt nur mit viel Phantasie aus dem verbliebenen Torso herauszulesen ist. Entstanden sei sie, schreibt Camille Enlart, unbestrittene Autorität in Sachen zyprischer Gotik, vielleicht zeitgleich mit der in einer südfranzösischen Spielart gotischer Architektur errichteten Katharinenkirche (heute: Haydar Paşa Moschee) ganz in der Nähe. Sie sei, meint Enlart, „sicherlich in dem ziemlich guten Stil der Mitte des 14. Jahrhunderts gebaut worden“. Ihre Zerstörung sei „ein trauriger Verlust für die Geschichte der französischen Baukunst in Zypern“.

Als die Osmanen 1571 die Macht auf der Insel übernahmen, wurde aus diesem Gotteshaus eine Moschee. Der Treppenturm an seiner Südwestecke bekam ein Minarett aufgesetzt und das Kirchenschiff veränderte man nach islamischen Vorstellungen. „Küçük Ayasofya“ (Kleine Agia Sophia) nannten die Muslime Lefkoşas ihren prächtigen Versammlungsort ganz bewußt in Anlehnung an die viel größere, prunkvolle Krönungskathedrale.

Lange Zeit später, so um die Mitte des 18. Jahrhunderts, wurde die Küçük Ayasofya zum Schauplatz einer kaum glaublichen Geschichte.

Schatzsuche

Eine führende Figur aus der allmächtigen Clique osmanischer Würdenträger vor Ort hatte einen Traum. Unter der ehemaligen Kirche, so seine nächtliche Vision, hätten Christen einen Schatz vergraben. Entschlossen machte sich Menteşzade Haci Ismail Ağa, wie der Paşa hieß, auf die Suche und ließ Stein für Stein abtragen. Als die Kirche dem Erdboden gleichgemacht war, schien auch das Nervenkostüm des Schatzgräbers ruiniert. Jedenfalls ließ er in aller Eile auf dem Gelände eine „neue Mosche“ (= Yeni Cami) aus dem Boden stampfen, doch der Skandal war schon dem Sultan in Istanbul zu Ohren gekommen und wie es damals üblich war, erging ohne viel Federlesens der Befehl, den Übeltäter einen Kopf kürzer zu machen. Der aber kam der Festnahme zuvor und schluckte eine tödliche Dosis Gift, was den Sultan in Rage versetzte und darauf bestehen ließ, die Enthauptung dann eben an dem Leichnam zu vollziehen . . .

Gleichwohl erhielt der Sproß aus dem Menteşzade-Clan ein ansehnliches Mausoleum („türbe“), angelehnt an „seine“ Moschee, die er einst hastig erbauen ließ, als ihm sein Frevel bewußt wurde. Neben ihm ruht Hasan Hilmi Efendi (1782-1847), populärster zyperntürkischer Poet der osmanischen Zeit. Auf der anderen Seite der hier stark verengten Straße steht die „türbe“ mit vorzeiten kollabierter Kuppel eines weiteren Angehörigen der einflußreichen Menteşzade-Familie, Menteşzade Hüseyin Ağa (gest. 1835) und südlich daran angrenzend die des Hasan Ağa (gest. 1753), Sohn des Schatzsuchers.

Das Moscheegelände heute

Eine Zeichnung in dem 1873 erschienenen bibliophilen Werk „Levkosia. Die Hauptstadt von Cypern“ aus der Feder des habsburgischen Erzherzogs Ludwig Salvator zeigt das Minarett, wie es aus den Überresten der Kirche ragt, der „şadirvan“ (Reinigungsbrunnen) ist zu sehen und ein Teil des Moscheebaus, über das Areal verstreut stehen vom Alter gebeugte einfache und prachtvolle türkische Grabmäler (s. Abbildung). Seitdem hat sich das Moscheegelände nachhaltig verändert. So wurde das Gräberfeld aufgehoben, das Minarett 1979 wegen Einsturzgefahr demontiert, eine neues gegenüber der Nordwestecke der Moschee errichtet. Auch dieser Standort war noch nicht der letzte, rückte es doch im Zuge umfassender Restaurierungsarbeiten (2003/2005) an die Westseite der Moschee. Auch das seinerzeit von Menteşzade in der für zyprische Moscheen charakteristischen breiten Rechteckform mit vorgelagertem Portikus errichtete Bethaus wurde innen wie außen einem gründlichen „facelifting“ unterzogen.

Der L-förmige Portikus mit vier Bögen an seiner Nord- und drei an der Westseite leitet die Gläubigen zum überwölbten Eingang, hinter dem sich ein hoher, mit Teppichen ausgelegter Betsaal auftut. Seine holzverkleidete Decke wird von drei mächtigen Bögen getragen.

 


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