Tauchen
„Es war großartig! Ich schwamm mitten zwischen den Fischen – ich sah nicht einfach nur von oben auf sie herab! Als wir um die Felskante bogen, wies Klaus nach vorn. Was auf den ersten Blick wie eine Reihe von rund dreißig, auf einer Wäscheleine in der Dünung hin und her schwingender Socken aussah, erwies sich bei näherem Hinsehen als eine Ansammlung von Tintenfischen, die sich schließlich, einer hinter dem anderen, gemächlich davonmachten – ein phantastischer Anblick“,
sprudelte die nicht mehr ganz junge Tauchelevin nach ihrem ersten Tauchgang im Flachwasser des Çikarma Plaji hervor . Sie, die sich eigentlich nie „ das schwere Zeug “ auf den Rücken schnallen wollte, war begeistert . . .
Sporttauchen
Seit Anfang der neunziger Jahre wird „ scuba diving “ an Nordzyperns Küsten in professioneller Manier betrieben . Vorreiter bei der Einführung dieser faszinierenden Sportart war der Einheimische Asim Uygur , der die Tauchbasis am Çikarma Plaji leitet , wo unsere Elevin ihre Feuertaufe erhielt .
Alle in Nordzypern etablierten Tauchbasen sind mit modernen Gerätschaften und sog. RIB`s (Rigid Inflatable Boats/ Festrumpfschlauchbooten) ausgerüstet . Neben Exkursionen für erfahrene Taucher veranstalten sie intensive Schulungen für Anfänger. Sie folgen dabei den Ausbildungsrichtlinien der führenden Taucherverbände PADI (Professional Association of Diving Instructors), BSAC (British Sub Aqua Club), SSI (Scuba Schools International) und CMAS (Confédération Mondiale des Activités Subaquatiques). Das Personal der Tauchbasen und –schulen spricht Englisch.
Hinreißende Unterwasserwelt
„Es ist schon bemerkenswert, wie vielfältig das Leben unter Wasser hier ist, vergleicht man es mit anderen Tauchgebieten des Mittelmeers. Das gilt für Fische und anderes Meeresgetier, aber auch für die Unterwasserflora. Offensichtlich sind die Tauchgründe weder überfischt noch von zu vielen Tauchern heimgesucht worden “, war kürzlich in einer Fachzeitschrift zu lesen. Und selbst ein Tauchinsider, der sich in den Tauchgründen vor Aqaba auskennt und weltläufig über seine Unterwasserabenteuer in den Gewässern der Malediven, vor Sharm-el-Sheikh und in der Karibik zu plaudern weiß, räumt ein, solche Prachtburschen von „Zackies“ (Zackenbarschen) wie am Zephyros-Riff kaum je woanders gesehen zu haben, ganz zu schweigen von den aufregenden Relikten vergangener Zeiten: antiken Amphoren, Ankern, Flugzeugwracks.
Zackenbarsch (Foto: Udo Kefrig)
Die Merkmale der nordzyprischen Tauchgründe sind in der Tat außergewöhnlich: Flora und Fauna sind intakt, ihre Artenvielfalt enorm, die Sicht unter Wasser brillant (nicht selten bis 40 Meter). Es gibt spektakuläre Steilhänge („drop-offs“) und Canyons sowie kilometerlange, mit dichten Fischschwärmen besetzte Riffe. Fast alle interessanten Tauchspots liegen nur 20 – 30 Bootsminuten entfernt und überschreiten nur selten die 40-Meter-Marke. Die Wassertemperatur sinkt in den Wintermonaten nie unter 17 Grad und erreicht hochsommerliche Spitzen um 28 Grad.
Unter Fischen . . .
Wer bei einem Tauchgang einmal einer Meeresschildkröte begegnet ist, wird diesen Moment wohl nie vergessen. Einen dieser urtümlichen Panzerträger zu Gesicht zu bekommen, ist nicht jedem Taucher vergönnt, bevorzugen sie doch die offene See als ihren Lebensraum. Nur während der hochsommerlichen Eiablage nähern sie sich den nordzyprischen Stränden, die als Kinderstube für das Überleben der gefährdeten Arten Chelonia Mydas (Suppenschildkröte) und Caretta Caretta (Unechte Karettschildkröte) von immenser Bedeutung sind.
Umso häufiger zeigen sich kapitale, unglaublich neugierige Zackenbarsche, ziehen Makrelenschwärme vorbei, begegnet man stattlichen „Amberjacks“ aus der Familie der Schwertfische. „Mineri“ nennen die Einheimischen diesen Meeresbewohner, der schon mal 40 kg auf die Waage bringen kann. Bunte Kuckuckslippfische, Sandtaucher und Knurrhähne stehen über Sandarealen, während Manta-, Stachel- und Nagelrochen auf ihren Schwingen vorbeigleiten und aus so mancher Felshöhle furchterregend eine Muräne hervorlugt, bereit für die nächtliche Jagd. Skorpionsfische, bei denen man besser auf Distanz bleibt, verbergen sich perfekt getarnt zwischen den Steinen der Geröllfelder. Soldaten- und Papageienfische, Angehörige der großen Brassen- und Barbenfamilien, Oktopusse und Tintenfische . . . aber da sind auch noch die scherenbewaffneten Krebstiere, die Muscheln, die Napfschnecken, die sich an die Felsen klammern, Röhrenwürmer und Moostierchen, Schwämme, Korallen und Algen und als grandiose Hintergrundkulisse farbenprächtig bewachsene Felsformationen. (Foto: Udo Kefrig)
. . . und andere Begegnungen
Noch hat jeder Aquanaut in Nordzyperns Gewässern früher oder später sein Erlebnis der ganz besonderen Art: unvermittelt stößt er oder sie auf Spuren der Vergangenheit. Was wie eine bizarr geformte, üppig bunt bewachsene Felsspitze aussieht, entpuppt sich als altertümlicher Stockanker. Oder ein vor wer weiß wie vielen Jahrhunderten zu Boden gesunkener Tonkrug wird gesichtet, der, überwuchert von Muscheln, jetzt einer Muräne als Unterstand nützliche Dienste leistet. Keramikbruchstücke, zerborstene Amphoren, Reste antiker Glasgefäße, korrodierte Metallteile unbestimmbaren Alters sind vielerorts zu entdecken. Freilich wird so mancher Schatz noch unerkannt in den verkarsteten Canyons ruhen oder unter Sand begraben sein, wie einst das berühmte „Schiff von Kyrenia“, das ein Schwammtaucher im Sommer 1965 in 30 m Tiefe rund einen Kilometer vor Girne entdeckte. Die konservierten und restaurierten Überreste des antiken Seglers sind heute im Schiffswrackmuseum der Burg von Girne zu bestaunen. Der Fundort „Wreck Site“ zeigt noch den Abdruck des Schiffsrumpfs. Über das Areal verstreut findet man noch Vorrichtungen zur Vermessung des Fundortes und Körbe mit Keramikscherben – Überbleibsel der fast vierjährigen Bergungsarbeiten.
Anders als das unfreiwillige Ende des Kyrenia-Schiffes, war die Versenkung eines ausrangierten Fliegers der Istanbul Airlines eine gezielte Maßnahme. „Anchor + Cockpit“ heißt der Tauchspot auf dem Riff querab Girne-Burg, denn hier haben außer Flugzeugkanzel und Rumpffragmenten auch ein gewaltiger Anker und die dazugehörige Ankerkette ihren Ruheplatz gefunden.
Am Zafer Burnu
Höhepunkt für „Flaschenträger“ ist zweifellos eine Exkursion zur nordöstlichen Karpaz-Halbinsel, wo 1972 der unter liberianischer Flagge fahrende Frachter „Città di Alessandria“, versank und in mehrere Teile zerbrach. Die Überreste (zwei Anker, Decks, Motorblock, Schiffsschraube) des angeblich 1930 gebauten Schiffs liegen in Tiefen zwischen 6 und 15 m, sind also auch für Anfänger sicher zu betauchen und für Langzeit-Tauchgänge sehr attraktiv (s. Foto von Udo Kefrig).
Hier oben, am Sporn Zyperns, der geradewegs auf Syrien zeigt, verbirgt sich ein veritabler Schiffsfriedhof. Ob die Überreste des österreichischen Dampfers noch aufzuspüren sind, der im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts (als das Alpenland noch stolze Seemacht war) auf den Strand gesetzt wurde? Das Unglücksschiff war mit 1.200 Tscherkessen an Bord von Istanbul nach einem kleinasiatischen Hafen unterwegs, als es zu einem Aufruhr kam und der Kapitän in seiner Not das Schiff auf den Strand steuerte und den Heizern den Befehl zum Sprengen der Kessel gab.
Das Seegebiet um Kap Andreas (Zafer Burnu) mit den vorgelagerten, unbewohnten Kleides-Inseln birgt noch so manch` andere Überraschung. Auf einem 1 km breiten Streifen von der Kapspitze bis jenseits der Inselkette mit Wassertiefen nicht unter 50 Meter ziehen sich Felsformationen hin, wiegen sich Seegraswiesen, unterbrochen von Sandflächen und Geröllfeldern. Nicht weniger als zehn Fundorte in Tiefen zwischen 7 und 20 m wurden in diesem Areal lokalisiert. Bei vier von ihnen scheint es sich um Wracküberreste zu handeln, die anderen zeigen über Bord gefallenes oder versenktes Gut. Steinanker gleich im Dutzend und auch solche aus Blei und Eisen wurden hier entdeckt, dazu große Mengen an Ziegeln, Fragmente von Terrakotta-Särgen, Glasgefäße, Amphoren. In das 5. vorchristliche Jahrhundert sind die ältesten Fundstücke zu datieren, die jüngeren stammen aus römischer bis frühbyzantinischer Zeit.
Aber die Karpaz-Halbinsel bietet noch mehr, z. B. einen flachen Tauchgang im winzigen antiken Hafen von Agios Philon mit alten Befestigungen, Steinankern und Amphorenscherben, den Tauchspot „Karpaz Arch“, wo ein 3 m großer Anker auf Besucher wartet oder die antiken Fundstätten „Bafra Beach“ und „Boğaz Amphora“, letztere ein Tieftauchgang auf 35 m, der zu zwei zwischen den Felsen ruhenden Amphoren führt.
Für Presslufttaucher in fremden Gewässern ist es eine Selbstverständlichkeit, dennoch sei daran erinnert: ob Amphorenfelder oder Flugzeugwracks, für alle Fundorte gilt die verbindliche Regel, dass historische Relikte, wo immer sie auch entdeckt werden, nicht berührt, geschweige denn entfernt werden dürfen. Nur in Begleitung autorisierter Taucher sind Besuche sensibler Tauchgründe erlaubt.
Von Korucam Burnu nach Girne
Am anderen Ende der Insel, an ihrer nordwestlichen Spitze, die Korucam Burnu heißt, hält der Tauchspot „Kormakiti“ zwar keine spektakulären Überreste antiker Handelssegler bereit, dafür begeistert die Artenvielfalt seiner Unterwasserwelt. „Rita“, auf halbem Wege nach Girne, wartet mit einem riesigen, zwischen Felsen eingeklemmten Anker auf, „Lost“ mit Tiefen zwischen 12 und 18 m bietet gute Chancen, Meeresschildkröten zu begegnen und in Höhe des Dorfes Lapta locken die dekorativen Amphoren von „Antique Shop“. Und schließlich reihen sich mit „The Wall“, „Paradise“ und „Zephyros“ die Top-Spots am Zephyros-Riff (bis 42 m Tiefe) auf, das sich kilometerlang parallel zur Küste hinzieht.
Hier kommt jeder auf seine Kosten: der Archäologe unter den Tauchern findet seinen uralten Anker mit mindestens 25 m Ankerkette, Drop-off-Fans und Canyon-Gleiter stoßen auf traumhafte Felsgebilde und für die Bewunderer der Fischwelt haben schon die freundlichen„Zackies“ ihr Spalier gebildet.
Tauchbasen (eine Auswahl)
Amphora Scuba Diving Center in Alsancak
E-Mail: asimuygur@kktc.net
Internet: www.amphoradiving.com
Scuba Cyprus Ltd.
in Alsancak, Hotel Santoria Village
E-Mail: info@scubacyprus.com
Internet: www.scubacyprus.com