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Reiseführer Nordzypern

Pierre I. de Lusignan (1329 – 1369)

Alexandria, die blühende Handelsmetropole des ägyptischen Mamluken-Reichs, war im Oktober 1365 Schauplatz eines beispiellosen Vorfalls: Eine starke christliche Kreuzzugsarmada fiel über die ahnungslose Stadt her, erschlug die Bewohner und legte Feuer, dann beluden die Eindringlinge ihre Schiffe mit Beutegut und suchten das Weite.

Die Reaktion auf den brutalen Handstreich reichte in den politischen Lagern des Morgen- und Abendlandes von Trauer, Entsetzen und Racheschwüren über Scham und Schadenfreude bis zu dem Vorwurf, das eigentliche Ziel der Befreiung des Heiligen Landes nicht ernsthaft erwogen zu haben. Die Zukunft der Kreuzzugsbewegung stand unversehens auf dem Prüfstand, mehr noch: die Präsenz des Westens in der Levante schien (jedenfalls für einige Zeit) grundsätzlich in Frage gestellt.

Auslöser des folgenschweren Vorfalls war Zyperns König Pierre I. de Lusignan, eine der spektakulärsten Gestalten der spätmittelalterlichen Geschichte, in der sich so widerstreitende Elemente wie Kreuzzugsvisionen und Vandalismus, Ritterlichkeit und Rachsucht, Volkstümlichkeit und Tyrannei begegneten.

Schon in jungen Jahren besessen von der Idee eines neuen Kreuzzugs, ordnete er alle politischen und militärischen Aktivitäten fortan diesem Ziel unter. Als er auf der Suche nach Verbündeten mit großem Gefolge eine glanzvolle Werbetour durch Europas Residenzstädte unternahm, war man dort hingerissen von dem energiegeladenen, blauäugigen Hünen, dem charmanten Haudegen aus dem christlichen Orient, der auf den ihm zu Ehren veranstalteten Ritterturnieren eine glänzende Figur abgab, aber auch eine deutliche Sprache liebte und mit der Ausstrahlung des wohl letzten echten Kreuzritters die Machthaber Europas energisch zum Kampf gegen die „Ungläubigen“ aufforderte.

Der Orden vom Schwert

Schon in jugendlichem Alter hatte er die Berufung verspürt, einen Ritterorden zu stiften, um die Kreuzzugsbegeisterung zu fördern und entschlossene Mitstreiter um sich zu sammeln. Die Mitgliedschaft in dem Orden war begehrt und der schon bald spürbare Niedergang der Lusignan-Dynastie vermochte ihm nichts anzuhaben. Seine Insignien bestanden aus einer goldenen um den Hals zu tragenden Kette mit einem angehängten silbernen Schwert, um das sich ein blaues Band mit der Umschrift „C`est pour loyauté maintenir“ wand. Wer sich dem Ritual des Ritterschlags unterzog, legte ein Gelöbnis zur Teilnahme an einem neuen Kreuzzug ab. Zu seinen prominentesten Mitgliedern zählte der Habsburger Friedrich III., Kaiser des Heiligen Römischen Reiches (1452-1493). Allerdings fand nur Aufnahme, wer schon zuvor die Ritterwürde vom Heiligen Grabe zu Jerusalem erworben hatte. Besonders auf dem Höhepunkt der Pilgerfahrten in den Orient, in der zweiten Hälfte des 15.Jahrhunderts, holten sich die Grabesritter gewöhnlich noch die Insignien des zyprischen Schwertritterordens. Daß beide Ordenswürden fast schon eine Einheit bildeten, wurde in den Transportverträgen der Pilger mit den venezianischen Schiffspatronen berücksichtigt: auf der Rückreise von den heiligen Stätten wurde eigens ein dreitägiger Aufenthalt zum Ordensbeitritt auf Zypern eingeplant. Foto: Die Insignien des Ordens vom Schwert

War es nur jugendliche Abenteuerlust, die Aussicht auf Waffenruhm oder wollte er schon die Kreuzzugsstimmung in Europa ausloten? So genau weiß man das nicht. Pierre jedenfalls machte sich mit seinem Bruder Jean bald nach der Ordensgründung heimlich Richtung Europa davon. Ihr wütender Vater, König Hugues IV., jagte ihnen Galeeren hinterher, die die Ausreißer vor Sizilien einfingen und in die Kerker der Burg von Kyrenia (türk. Girne) überstellten, wo ihnen einige Monate Zeit blieben, über ihr europäisches Abenteuer nachzudenken.

Zu dieser Zeit war Pierre schon etliche Jahre verheiratet. Mit dreizehn mußte er Echive de Montford ehelichen – auch sie noch im Kindesalter. 1353, er war nun 24 Jahre alt und seine Echive früh verstorben, heiratete er die Tochter des Infanten von Aragon, Eleonore. Zeitgenössische Chronisten beschrieben sie als schön, leidenschaftlich und herrschsüchtig, mit einem verhängnisvollen Einfluß auf Pierre. Dieser hatte sich inzwischen mit seinem Vater ausgesöhnt und 1358 die Krone Zyperns empfangen. Nach dem Tod seines Vaters (1359) krönte ihn der päpstliche Gesandte Peter Thomas in der Nikolaus-Kathedrale (heute: Lala Mustafa Paşa-Moschee) von Famagusta auch zum König von Jerusalem, ein Titel freilich, der nur auf dem Papier bestand, denn Jerusalem war in muslimischer Hand.

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