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Reiseführer Nordzypern

Lefke

Ähnlich wie in Alsancak und Lapta leiten offene Bewässerungskanäle Wasser von den nahen Bergquellen in die Gärten und Obstplantagen der Gemeinde. Den Wasserreichtum dieser Gegend machten sich schon im Hohen Mittelalter die Mächtigen des Hauses Lusignan zunutze (und vor ihnen, wie es scheint, auch schon die byzantinische Obrigkeit). Ihre königliche Domäne wurde zu einer der bedeutendsten zyprischen Produktionsstätten für Zuckerrohr und Baumwolle, auch legte man seinerzeit Versuchsfelder für neu eingeführte subtropische Früchte an. Orangen und Zitronen, Aprikosen, Bananen und Gemüse haben längst Zuckerrohr und Baumwolle verdrängt. Ihre Qualität ist überragend, wie schon Sir Samuel White Baker 1879 feststellte: „Es ist dies einer der glücklichen Landstriche in Cypern, der mit nie versiegenden Strömen vom Troodos-Gebirge bewässert wird, die seinen Wohlstand sichern (…) Die Orangen- und Citronenbäume sind buchstäblich mit Früchten überladen (…) Sie gehören zu den besten, die ich je gegessen habe…“

Stadtrundgang

In üppiges Grün gebettet, liegt das Städtchen wie eine Oase zwischen ausgedörrten Berghängen und mit seinen zahllosen Dattelpalmen erinnert es lebhaft an Bilder aus dem Orient. Seit sich die Osmanen im letzten Viertel des 16. Jahrhunderts auf Zypern festsetzten, übersiedelten viele Bauern und Handwerker vom Festland auf die Insel (keineswegs immer freiwillig). Lefke und Umgebung zählte von Anfang an zu ihrem bevorzugten Wohngebiet. Bei einem Spaziergang durch den Ort fällt die charakteristische Architektur osmanischer Stadthäuser ins Auge mit ihren betont horizontalen Linien, weit vorspringenden Ziegeldächern, auskragenden Obergeschossen, umschlossenen, baumbestandenen Innenhöfen. Es heißt, 38 dieser im traditionellen Stil erbauten Häuser seien noch erhalten, nicht immer in gutem Zustand zwar, doch das Bemühen, sie als nationales Erbe zu erhalten, ist unübersehbar. Viele von ihnen entstanden in den ersten drei Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts, als Lefke zur „boom-town“ Zyperns wurde. Auslöser dafür war die industrielle Nutzbarmachung der benachbarten Kupfererzminen Skouriotissa und Mavrovouni durch die „Cyprus Mining Corporation“ (CMC). Lefkes Einwohnerzahl verdoppelte und verdreifachte sich binnen weniger Jahre. Für die aus allen Landesteilen herbeiströmenden Minenarbeiter entstanden in langen Reihen kleine „cottages“ aus roten Ziegeln mit Terrassen davor (noch gut zu erkennen am Ortseingang), es gab zwei „indoor“-Kinos und im Sommer zwei „open-air-cinemas“, das CMC-Management bekam seine eigene noble Wohngegend.

In den 60er Jahren und endgültig Anfang der 70er Jahre endete der Kupfererzboom. Hatte Lefke 1960 noch 3.674 Einwohner (davon waren 88 Griechen und 3.586 Türken, nach angeblich bis zu 10.000 in den Dreißigern!), lebten 1996 nur noch 2.768 Menschen im Ort, doch zehn Jahre später liegt die Zahl wieder bei etwa 4.000. Die letzten griechischen Zyprer verließen Lefke im Jahre 1964.

In der Atatürkstraße sind es hier etwas fremd wirkende „georgianische“ Fassaden pompöser Gebäude – so benannt nach der Regierungszeit der englischen Könige Georg V. und VI., 1910-1952 – die dem Straßenzug ihren Stempel aufdrücken und zugleich die koloniale Vergangenheit Zyperns in Erinnerung rufen.

Piri Osman Pascha-Moschee

Piri Osman Pascha-Moschee

Einen malerischen Anblick bietet die von Palmen umstandene Piri Osman Paşa Moschee am Ortsrand über dem Tal. Ihr Bethaus trägt das für zyprische Moscheen charakteristische Satteldach und ein vorgelagerter Portikus mit spitzbogigen Öffnungen empfängt die Gläubigen. Der 1839 gestorbene Namensgeber Osman Paşa ruht neben dem Eingang in einem reich verzierten Steinsarkophag.

An der Pirin Osman Pascha-Moschee in Lefke. Grabmal des Namensgebers

An der Pirin Osman Pascha-Moschee in Lefke.
Grabmal des Namensgebers

Sufis und Studenten

Nicht selten trifft man in Lefke auf eine besondere Spezies Besucher, zumeist vollbärtige, oft Turban tragende, irgendwie gelassen wirkende Männer und unter weiten Kopftüchern fast verschwindende junge Frauen. Es sind Anhänger der Naqšbandiyya, der Bruderschaft des Naqshbandi-Sufi-Ordens, einem gemäßigten Zweig des weltumfassenden islamischen Ordens. Der Maßstab, nach dem sie ihr Leben ausrichten, ist das Leben des Propheten Muhammad. Vorbildfunktion hat hierbei ihr Scheich, der in Lefke residierende Muhammad Nazim Adl al-Haqqani. Er soll über das Jahr an die 100.000 Besucher empfangen, die, ohne alle Muslime zu sein, spirituelle Stärkung durch seine „baraka“ (Segenskraft) erhoffen. Das besondere an Scheich Nazims Anhängerschaft ist, dass sie zu einem großen Teil aus zum Islam übergetretenen Europäern und Amerikanern besteht. Mehr über das greise Ordensoberhaupt, die Naqšbandiyya und den Sufismus als mystische Strömung des Islam an anderer Stelle.

Etwas außerhalb des Städtchens, auf einem Plateau zwischen den Bergen und dem Meer, begann 1990 die Universität von Lefke ihren Vorlesungsbetrieb. Seit 1995 nennt sie sich „European University of Lefke“. Sie wurde von der „Cyprus Science Foundation“ ins Leben gerufen, einer Einrichtung der karitativen Stiftung nach islamischem Recht „Vakif“. Die Uni verfügt über einen erfahrenen internationalen Lehrkörper, Unterrichtssprache ist Englisch. Eines nicht so fernen Tages werden hier rund 3.000 Studenten aus etwa 30 Ländern ihren Studien nachgehen. Angeboten werden u. a. die Studienfächer Architektur, Bauingenieurwesen, Elektrotechnik / Elektronik / Informationstechnik, Wirtschaftswissenschaften, engl. und türk. Sprache und Literatur.

 


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