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Reiseführer Nordzypern

Karawanserei (allgemeine Info)

Das dem Persischen entlehnte türkische Wort "kervansaray", wörtlich: Karawanenpalast, hat mit geringen Abwandlungen in die meisten modernen Sprachen Eingang gefunden. Es bezeichnet ein Rasthaus für Reisende, vorzugsweise Kaufleute, die mit ihren Karawanen im Schutze der Herbergsmauern die Nacht verbrachten und Kraft für die Anstrengungen des kommenden Tages schöpften. Sicher zu nächtigen, die Trag- und Reittiere versorgt und die Waren unter Verschluß zu wissen, war aber nicht der einzige Beweggrund, die Raststationen anzusteuern. Besonders die großen, städtischen Karawansereien fungierten auch als Warenlager und Handelsplätze für den Groß-, Fern- und Transithandel mit einem hohen Anteil an Importwaren. Der Kleinhandel hatte dagegen seinen traditionellen Platz im Basar und auch die staatlichen Handelsaktivitäten spielten sich an anderer Stelle ab. Während nun der Händler seinen Troß auf die nächste, heiße Tagesetappe schickte, hielt es andere in der Herberge, um mit Geschäftspartnern über den Tausch oder Kauf von Waren zu verhandeln.

Es begann bei den Seldschuken . . .

In den zentralasiatischen Fürstentümern seldschukischer Turkvölker waren im ausgehenden 10. Jahrhundert Militärforts nach dem Vorbild der Wehrklöster des westlichen Nordafrika entstanden. Die allmähliche Erweiterung ihrer anfangs rein militärischen Bestimmung um religiöse und kommerzielle Funktionen gilt als Geburtsstunde einer frühen Form der wehrhaften Herberge. Diese Idee, Handelsstationen und -wegen ein gewisses Maß an Sicherheit und Komfort zu geben, brachten die Seldschuken nach Anatolien mit. Ihre Sultane absolvierten hier vor allem im 13. Jahrhundert ein beeindruckendes Bauprogramm, das Karawanenwege sicherer machte und festungsartige Raststationen im Abstand von Tagesetappen (30 - 40 km) entstehen ließ.

Diese seldschukischen Karawansereien, im Türkischen auch "han" genannt, waren erstaunliche Einrichtungen, boten sie doch ein sonst nirgends anzutreffendes Maß an Fürsorge, Sicherheit und Bequemlichkeit - Ausdruck der Bedeutung, die Anatoliens Landesherren einem florierenden Handelsaustausch beimaßen. Hier gab es Werkstätten und ärztliche Versorgung für Mensch und Tier. Bäder, Küchen, Tee- und Kaffeestuben sorgten für das leibliche Wohl und Musikkapellen für Unterhaltung. Für die Gläubigen unter den Gästen gab es einen Betraum seitlich des Tores oder eine kleine Moschee im Innenhof der Herberge. Die vielfältigen Dienstleistungen waren an den Überlandstraßen kostenlos, in den Städten zahlte man eine Beherbergungsgebühr.

Die seldschukische Schutzpolitik beflügelte den nahöstlichen Handelsaustausch. Ihre gesicherten Straßen wurden zu Verbindungsgliedern zwischen den Städten des oberen Euphrat und Tigris und Istanbul, zwischen den Häfen der anatolischen Südküste und den Häfen am Schwarzen Meer, dem anatolischen Kernland und Aserbeidschan und dem nördlichen Kaukasus.

Später griffen Osmanen und persische Safawiden die Idee der befestigten Herberge auf, verzichteten aber auf den "Luxus" ihrer seldschukischen Vorbilder. Reisende führten deshalb üblicherweise ihre eigenen Matratzen und Decken, Koch- und Eßgerätschaften mit sich. Diese trutzigen, spartanisch eingerichteten Zweckbauten blieben bis in die ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts der einzige zwischen Persien und Syrien, dem Zweistromland und Anatolien anzutreffende Gasthoftyp.

Die befestigte Herberge

Es sind massiv gebaute Anlagen aus mächtigen Quadersteinen mit abweisenden, im Erdgeschoß fensterlosen Aussenfassaden, eisenbeschlagenen Torflügeln und in manchen Fällen verstärken sogar Rundtürme die festungsartige Mauer. Man mußte auf der Hut sein, denn die Sicherheit auf den Überlandstraßen und in den Städten war nicht selbstverständlich: die Mengen kostbarer Waren lockten Diebe an, Räuberbanden machten ganze Landstriche unsicher. Meist als Quadrat oder Rechteck, selten auch als Achteck wie der persische "han" von Aminabad, liegen die Herbergen als gewaltige Steinburgen in unmittelbarer Nähe der Basare in den Innenstädten oder fern der nächsten Ansiedlung an staubigen Karawanenpisten. Gemeinsam ist ihnen der weite Innenhof , den durchlaufende Arkadengänge umgeben. Hinter den ebenerdigen Arkaden liegen die Lager- und Verkaufsräume und die Ställe für Reit- und Packtiere. Zwei, häufig auch vier Treppenaufgänge führen aus dem Innenhof zum oberen Arkadenumgang mit den dahinter liegenden "Fremdenzimmern", den Quartieren der Händler und Kaufleute.

Die strikte Funktionalität der Anlagen (sichtbar an der Disposition der Räume) und die Strenge ihrer architektonischen Formgebung werden ausnahmsweise im Falle der frühen Seldschuken-Hane durch elegant gestaltete Portale in auffallender Weise aufgelockert.
Klar und kräftig gezeichnet sind die Konturen der alten Herbergen. Ihr malerisches Bild beflügelt die Phantasie, lässt an Kamelkarawanen denken, Bilder aus Tausendundeine Nacht werden lebendig . . .

 


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