Reiseführer Nordzypern
Basilika Kampanopetra
Nach Meinung ihrer Ausgräber fällt der Bau der Kirche in das ausgehende 5. oder frühe 6. Jahrhundert. Zwischen 1965 und 1974 wurde diese bedeutende Sakralanlage vollständig freigelegt. Ihre vier großen Teilbereiche (Westhof, West-Atrium mit Narthex, Basilika, Ost-Atrium) reihen sich zu einer imponierenden Länge von 152 m auf, bei einer größten Breite von nahezu 38 m. Architekturhistoriker zählen sie daher zu den „umfangreichsten basilikalen Bauten des Mittelmeerraumes“.
Wie den meisten anderen salaminischen Bauwerken war auch der Basilika
Kampanopetra („Stein bei den Mönchszellen“ wird ihr Name
gedeutet, an anderer Stelle als „steinerne Glocke“ übersetzt)
keine lange Lebensdauer vergönnt. Nur rund hundertfünfzig Jahre
nach ihrer Erbauung wurde sie ein Opfer der ersten arabischen Invasion
(648/649). Doch sie wurde nicht vollständig aufgegeben, wie mittelalterliche
Lampen und ein großer Backofen von 2 m Durchmesser bezeugen. Die
kleine Mönchsgemeinde, die hier weiterlebte, nutzte nun das Baptisterium
als Kapelle und hielt Kontakt zu den Bauern und Handwerkern der Umgebung.
Ihre Toten fanden im „koimetérion“ (griech. wörtlich
Friedhof), dem umgewidmeten südlichen Korridor, ihre letzte Ruhestätte.
Steingräbern auf der Suche nach bequemen Steinbrüchen, die Massen von sauber bearbeiteten Quadersteinen enthielten, konnte die Basilika mitnichten entgehen. Doch zunächst waren nur ihre Marmorfliesen und –platten und „zyprischer Marmor“ (Gips) gefragt. Erst als im hohen Mittelalter die vielen noch stehenden Wände von Erdbeben umgeworfen wurden, begann der Abtransport von Steinen in großem Stil. Und nebenbei „arbeiteten“ vor Ort nicht weniger als neun Kalköfen, einige davon noch im 12. Jahrhundert, aus dem auch die letzten auf dem Kirchengelände gefundenen Münzen stammen: von den französischen Grafen von Chartres und Bois geprägte Geldstücke.
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Westhof und West-Atrium
In der Nordostecke des Westhofes lag der Haupteingang zum Kirchengelände. Drei seiner Seiten schmückten Portiken, die vierte, westliche Seite öffnete sich mit zwei Verbindungswegen zu einer noch unter dem Sand verborgenen, wahrscheinlich offiziellen Residenz. Der Westhof diente als Versammlungs- und Warteraum der Gläubigen zur Entlastung des West-Atriums, das seiner eigentlichen Funktion als Versammlungsort nicht mehr nachkommen konnte, seit dort eine große Mönchsgemeinde lebte und arbeitete.
Drei Zugänge führen vom Westhof in das mit 777 m² fast
monumentale West-Atrium. Seine vier Hofseiten zierten im Erdgeschoss und
dem darüber liegenden Stockwerk die Kolonnaden korinthischer Portiken.
Dahinter lagen auf jeder Etage 33 Räume, die Zellen der Mönche,
in der Regel 4 x 2,40 m groß. Die größeren Räume
auf der Westseite dienten dagegen Gemeinschafts- und Verwaltungsaufgaben,
sicherer Hinweis darauf, dass die Mönchsgemeinschaft für den
Unterhalt, die Verwaltung und die Gottesdienste verantwortlich war. Im
Mittelpunkt des Hofes erhob sich ein achteckiger, überdachter Reinigungsbrunnen.
Vom West-Atrium öffneten sich vier Tore zum Narthex,
der wie sein Gegenstück in der Epiphanios-Basilika an seinen beiden
Schmalseiten Apsiden aufweist. Seine Ostseite hat gleich fünf Durchgänge,
von denen drei die Gläubigen in die Kirche leiteten, während
die beiden äußeren die Verbindungsgänge zum Ost-Atrium
bedienten. Im Narthex sind noch Reste einer Pflasterung in „opus
sectile“ erhalten und auch der Name seines Stifters Johannes, versehen
mit der Jahreszahl 542 oder 543, ist auf einer Platte in den Boden eingelassen.
Die Basilika
Zwei Reihen mit je elf Säulen und zwei Halbsäulen unterteilen den Kirchenraum in ein breites Hauptschiff und zwei Seitenschiffe, die in vorspringende Apsiden münden. Der in Zypern so verbreitete Drei-Apsiden-Abschluss hat seinen Ursprung im nordsyrischen Pilgerheiligtum Qalat Seman (St. Simeon). Reicher Mosaikschmuck zierte die Hauptapsis, der in iustinianischer Zeit ein Synthronon hinzugefügt wurde. In der darüber liegenden Nordapsis war ein Reliquiar aufgestellt, das den Gläubigen heiliges Öl spendete. Seine besondere Ausstrahlung erhielt das Kircheninnere durch die mit bläulich-weißem Marmor verkleideten Wände, durch den rot-gelb gesprenkelten Marmor in der Nordapsis und grünen an den Stufen des Synthronons. Die Böden von Hauptschiff und Seitenschiffen waren mit dem warmen, gelben, zyprischen Sandstein ausgelegt.
Eine besondere Bewandtnis hatte es mit dem südlichen Korridor, dem
Verbindungsweg zwischen Narthex und Ost-Atrium. Für den Durchgang
gesperrt, wurde er in ein „koimeterion“ umgewandelt. Die Ausgräber
fanden hier sieben Sarkophage mit insgesamt 40 Skeletten.
Ost-Atrium und Baptisterium
Auch
der östliche Hof besaß an seiner Nord- und
Südseite korinthische Portiken, während die Ostseite von einem
monumentalen Baldachin beherrscht wurde. In seinem Schutz soll eine Reliquie
aufbewahrt worden sein, möglicherweise ein Fragment des Wahren Kreuzes
– dreihundert Jahre nach Christus von der Mutter des Kaisers Constantius,
der heiligen Helena, hierher gebracht, wie die Legende zu berichten weiß.
In iustinianischer Zeit (also im 3. bis 7. Jahrzehnt des 6. Jahrhunderts)
wurden an das Ost-Atrium kleine, aber luxuriöse Thermen angebaut
und später noch weitere Räume, die Verwaltungs- und Archivzwecken
dienten. Eine Steintreppe, die vom östlichen Kirchengelände
zur nahen Küste mit dem Hafen hinunterführte, zeugt von der
Bedeutung der Basilika als Pilgerzentrum, eines reichen zudem, wie die
phantasievoll mit Marmorplatten und kostbarem „opus sectile“
ausgelegten Baderäume und anderen Verliese rund um das östliche
Atrium erkennen lassen. Besonders das große runde Bodenmosaik beeindruckt
mit seinen kreis- und spiralförmigen Motiven, zu denen sich an die
2.400 Einzelteile gruppieren. Dieses Kunstwerk zählt zu den schönsten
und überdies besterhaltenen opus-sectile-Arbeiten im gesamten östlichen
Mittelmeerraum.
Bodenmosaik aus über 2000 Einzelteilen
Das Baptisterium (Taufkirche) an der nördlichen
Seite des Atriums war mit Marmor verkleidet, in seinem Innern besaß
es eine aufwendige Nischenarchitektur. Statt des üblichen, in den
Boden versenkten Taufbrunnens, benutzte man hier für die Taufzeremonie
ein tragbares, metallenes Taufbecken.
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