Kamelgeschichten
Eine amüsante Schilderung seiner Erfahrungen mit Kamelen und ihren Treibern, die er während seiner Expedition durch Zypern machte, gibt Sir Samuel White Baker in seinem Buch "Cyprus as I saw it in 1879", ins Deutsche übertragen von Richard Oberländer unter dem Titel "Cypern im Jahre 1879", Leipzig 1880 :
"Am 10. April waren die Maulthiere und Kameele zum Aufbruch bereit. Ich hatte einen gut beleumundeten hübschen Maulthiertreiber, Namens Katarjii Iliani, in Dienst genommen, der sich für täglich 29 Schillinge verbindlich machte, uns mit genügenden Reitthieren sowol wie mit das Gepäck tragenden Mauleseln für die Reise von Kyrenia (Girne) nach irgendeinem von mir beliebten Theile der Insel zu versorgen (...) Er war so faul, dass er stets auf seinem Maulthiere einschlief, nachdem er unzählige Cigaretten geraucht hatte. Dann wackelte sein langer Körper nach rechts und nach links, bisweilen nickte er auch so weit vorwärts, dass er mit einem Ruck erwachte (...) In einem anderen Sinne war er wach genug. Er hatte sich mir als Eigenthümer der sieben Kameele und fünf Maulthiere vorgestellt ; ich fand indessen bald heraus, dass er nur ein vollständig abgetriebenes altes Kameel und vier Maulthiere besaß. Die anderen Thiere hatte er zu bedeutend niedrigerm Preise gemiethet, als ich ihm für dieselben bewilligt hatte, weshalb ich thatsächlich mit verschiedenen unzufriedenen Eigenthümern, statt mit einem zu verhandeln hatte (...) Es war spät, ehe unsere Packthiere ankamen, und als dies endlich geschah, fehlte Iliani`s altehrwürdiges Kameel. Dieses müde alte Geschöpf hatte auf dem schwierigen Marsche verschiedene komplizierte Fallkunststücke ausgeführt und war mit seiner Ladung steile Berge herabgerollt, wobei es vom Tode bedroht war. Es hatte den Marsch mehrere Stunden aufgehalten, denn es mußte aus seiner schwierigen Lage befreit werden durch Abladen, erneutes Beladen und Vertheilen der schweren Theile des Gepäcks auf andere Thiere, für welche weniger Geld bezahlt wurde. Endlich war es im tiefen Sande am Ufer des Meeres niedergefallen und hatte alles aufgegeben, außer den Geist. Natürlich waren die anderen Kameeleigner sehr unzufrieden damit, dass Iliani für ein nutzloses Thier besser bezahlt wurde und dass sie seine Last mit auf ihre Kameele und auf die Maulthiere der Diener nehmen mußten. Deshalb ward am Abend viel gemurrt und Jeder war in schlechter Laune. Man hielt es für nicht möglich, das Zelt auf dem sandigen Ufer nahe dem Tümpel mit frischem Wasser aufzuschlagen, da die Zeltpflöcke nicht halten würden. Ich wies sie schnell an, Reisigbündel aus Tamariskenzweigen zu machen, welche, an die Zeltleinen gebunden und im Sande vergraben, viel fester halten würden als die Pflöcke im festesten Erdreich ; endlich war das Zelt hergerichtet (...) Am folgenden Morgen waren wir alle wieder in vorzüglicher Laune ; das alte Kameel war nicht gestorben, sondern während der Nacht wieder ins Lager gebracht worden. Es diente jetzt Jedermann zur Zielscheibe des Witzes ; seinem Eigenthümer Iliani ward gerathen, es zu verkaufen oder es Jemandem zum Geschenk zu machen oder selbst darauf zu reiten. Letzteres würde natürlich die stärkste, aber verdiente Strafe gewesen sein. Iliani ging weitern Bemerkungen dadurch aus dem Wege, dass er sein Maulthier bestieg und davonritt, und wir folgten unserm Führer ohne Verzug die tiefe, sandige Küste entlang."
Nicht weniger kurios sind die Beobachtungen des französischen Zypernreisenden E. Deschamps, die er 1897 in der Zeitschrift "Le Tour du Monde" veröffentlichte :
Wir kreuzten den Weg einer schwer beladenen Kamelkarawane. Man hat viel geschrieben über dieses Tier der Wüste, aber ich weiß nicht, ob man anderswo schon dessen Gefallen am Tabakrauch bemerkt hat. Fast könnte man das zyprische Kamel die Narghile, die Wasserpfeife, rauchen sehen ! Wenn es durch seine Nüstern den Rauch einer Zigarette aufnimmt, atmet es tief durch und macht den Kopf ganz lang. Es muß für das Kamel ein so großer Genuß sein, dass es dem Raucher folgt, dessen blaue Wolken sein Geruchsorgan erregt haben. Nun ist es wahrlich keine angenehme Vorstellung, von diesem apokalyptischen Tier mit seinen kolossalen Schritten verfolgt zu werden. Aber man kann sich dem leicht entziehen, indem man brüsk rechtwinklig von seinem Weg abweicht.
Überdies lebt es sich schlecht als Kamel auf Zypern. Der Winter ist kalt und naß. Das Kamel hat dann einen schlechten Charakter und ist in den Regenmonaten übelgelaunt und jähzornig bis zum Exzeß. Man sagt, wann immer es eine Gelegenheit findet, schafft es sich seinen in den heißen Monaten angestauten Haß vom Halse - und seine Bißwunden sind schrecklich. So sieht man oft Kameltreiber mit nur einem Arm..."