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Reiseführer Nordzypern

Güzelyurt

Die kleine Landstadt im Westen der Republik ist das politische, wirtschaftliche und kulturelle Zentrum des gleichnamigen Distrikts, der nach der Zählung vom Frühjahr 2006 eine Einwohnerzahl von 31.568 aufweist, während in der Stadt selbst an die 14.000 Einwohner gezählt wurden.

Klosterkirche des hl. Mammas in Güzelyurt, Nordzpyern

Klosterkirche des hl. Mammas

Die Ebene von Güzelyurt ist einer der fruchtbarsten Landstriche Zyperns. Hier gedeihen außer köstlichen Orangen, Grapefruits und Mandarinen auch Melonen und Bananen und alle erdenklichen Gemüsesorten, deren intensiver Geschmack die des natürlichen Aromas entwöhnten Touristen immer auf neue entzückt. Kerngeschäft ist der Anbau von Zitrusfrüchten. Die Bewirtschaftung der rund 11.000 ha immergrünen Plantagen, die früh im Jahr ihr weißes Blütenkleid tragen und bis in den Mai hinein die ganze Region in ihren Duft hüllen, kann Jahreserträge bis zu 250.000 t Früchte erbringen. Ihre Ausfuhr – auch als Obstkonserven, Saftkonzentrat, ätherisches Öl aus der Schale – ist ein bedeutender Wirtschaftsfaktor Nordzyperns. Sorgen bereitet freilich die unaufhaltsame Versalzung der Grundwasserressourcen. Sie beeinträchtigt die Qualität der Früchte, was zu einem Rückgang der Exporterlöse von 22 Mio. Dollar (1995) auf durchschnittlich 12 Mio. Dollar in den letzten Jahren führte.

Frisc h vom Baum gepflückte Orangen, Zitronen und Pampelmusen am Wegesrand bei Güzelyurt

Frisc h vom Baum gepflückte Orangen, Zitronen und Pampelmusen
am Wegesrand bei Güzelyurt

Wirtschaftliche Probleme und die im Annan-Plan bestimmte Abtretung von Stadt und Umgebung an die griechischen Zyprer nebst Umsiedlung der Bewohner rufen nicht gerade Zuversicht und Optimismus unter den betroffenen Menschen hervor. Man zögert mit überfälligen Investitionen, sucht nach Auswegen und votiert doch unerschütterlich für eine gemeinsame Zukunft von Zyperntürken und Zyperngriechen und hat auch das Feiern nicht verlernt. So gerät alljährlich das „Portakal Festival“ (Orangen-Fest) zu einer „colourful local affair“, wenn sich Stadt, Einwohner und viele Gäste ganz dem Thema Orangen widmen, Volkstanzgruppen auftreten, Kleinkünstler das Publikum begeistern, Musiker und Paraden ihr bestes geben. Erstmals 1969 feierte man das Orangen-Fest, damals noch unter griechischer Ägide, und das aus einem ganz besonderen Anlaß: Morphou, wie die Griechen das Städtchen nennen, hatte den Konkurrenten Famagusta in der Produktion von Zitrusfrüchten überholt.

Güzelyurt besaß früher sogar Bahnanschluß: 1907 hatte die Cyprus Government Railway ihre Trasse von Famagusta über Nicosia bis weit in den Westen der Insel verlängert. Relikte aus der Zeit der zyprischen Eisenbahn finden sich noch hier und da im Ort, so die etwas ramponierte Dampflok Nr. 3 aus amerikanischer Produktion, Baujahr 1924, an der Ausfallstraße nach Girne und ein Reihe längst zweckentfremdeter, vormals für die Eisenbahnverwaltung, für Reparatur- und Lagerzwecke bestimmte Bauten am Ortsrand Richtung Lefkoşa.

Kloster des heiligen Mamas

Im Schatten der großen, modernen Moschee mit zwei Minaretten, einem stattlichen Geschenk des libyschen Revolutionsführers Oberst Muammar al-Gaddafi, liegt mitten im Zentrum der Stadt das Kloster Agios Mamas.

Im Garten des Archäologischen Museums von Güzelyurt

Im Garten des Archäologischen Museums von Güzelyurt

Es erinnert an einen liebenswürdigen Heiligen, der frommer Hirte war und auch mit wilden Tieren gut umzugehen verstand. Die antike Martyrologie berichtet gleich von mehreren Heiligen und Märtyrern dieses Namens. So existieren verschiedene Versionen seiner Vita, die wohl in der kleinasiatischen Provinz Paphlagonien ihren Anfang nahm und 275 n. Chr. im Alter von nur 15 Jahren endete, als der junge Hirte unter dem römischen Kaiser Aurelian im kappadokischen Caesarea (heute: Kayseri) das Martyrium erlitt. In der orthodoxen Welt wurde Mamas zu einem populären Heiligen. In Griechenland etwa ist er Hauptpatron aller Tiere und wird gegen deren Krankheiten angerufen. Ähnlich in Syrien, wo ihm böse Muslime einen schrecklichen Tod bereitet haben sollen. Überein stimmen die nichtzyprischen Legenden nur in dem, was nach seinem Tod geschah: seine Eltern legten ihn in einen Sarg, der hinüber an die zyprische Küste trieb, wo ihn ein Bauer fand und seiner inneren Stimme folgend in das Kloster Morphou brachte.

Agios MammasUnd nun die zyprische Variante der Mamas-Vita, die auch eine Erklärung dafür liefert, warum Steuerzahler, denen kein weltliches Gericht und kein Steuerberater helfen kann, ihn so glühend verehren und Steuerhinterzieher ihn kurzerhand zu ihrem Schutzpatron erklären: Mamas lebte in byzantinischer Zeit als Eremit in einer Höhle nahe Morphou. Er war ohne jegliches Einkommen und weigerte sich Steuern zu zahlen. Der byzantinische Statthalter zitierte ihn deshalb in die Hauptstadt. Auf dem Weg dorthin sprang ein Löwe aus dem Gebüsch und wollte sich über ein Lamm hermachen, das am Wegesrand graste. Doch Mamas beruhigte den Löwen und überzeugte ihn davon, ihm als Reittier zu dienen. So bestieg er seelenruhig das Raubtier und ritt auf ihm zum Palast. Der Statthalter war von diesem Anblick derartig beeindruckt, dass er dem Eremiten auf Lebenszeit alle Steuern erließ. Seither wird Agios Mamas auf allen Ikonen und Fresken stets auf einem Löwen reitend dargestellt.

Wo sich heute die Klosterkirche erhebt, lag ursprünglich eine Kultstätte der griechischen Göttin Aphrodite, die Jahrhunderte später mit einer byzantinischen Klosteranlage überbaut wurde. Ihre im 15. Jahrhundert im spätgotischen Stil neu gestaltete Kirche fiel im frühen 18. Jahrhundert einem Brand zum Opfer. Als man sich in den Jahren nach 1725 an ihren Wiederaufbau machte, wurden einige Elemente aus Vorgängerbauten verwendet, was der Kirche ein deutlich älteres Aussehen verleiht. So stammen zwei der fünf Altarsäulen und der antike Marmorsarkophag mit den Reliquien des Heiligen aus der byzantinischen Kirche. Gotischen Stil zeigen das Nord- und Südportal, die Säulen des Kirchenschiffs mit Kapitellen des sog. „tête des fleurs“-Typs (menschliche Gesichter zwischen Blattwerk), zwei Marmor-Säulen im Westfenster und die überwölbte Nische über dem Sarkophag. Die Marmorreliefs im unteren Teil der Ikonostasis sind feinstes venezianisches Kunsthandwerk und die hölzerne Bilderwand selbst, die das Feuer überlebte, gilt als Meisterwerk der Holzbearbeitung im späten 16. Jahrhundert.

Mit dem Wiederaufbau erhielt die Kirche eine zentrale Kuppel auf hohem Tambour. 1779 wurden dem Bau weitere Klostergebäude angefügt.

Archäologisches Museum in Güzelyurt:  Archäologisches Museum in Güzelyurt:

Im Archäologischen Museum in Güzelyurt:

Museumsbesuch

Im ehemaligen Sitz des orthodoxen Bischofs ist heute das Naturkundliche und Archäologische Museum untergebracht. Es beherbergt im Untergeschoß eine naturkundliche Sammlung, die viele präparierte Tiere zeigt. Interessanter sind die Exponate der archäologischen Sammlung im Obergeschoß. Sie stammen überwiegend aus der näheren Umgebung, einem der bedeutendsten Kulturräume Zyperns, der schon im Neolithikum relativ dicht besiedelt war und während der Bronzezeit eine frühe Blüte erlebte.

Im ersten Raum sind Objekte des Neolithikums und der Bronzezeit zu bestaunen. Die Räume zwei und drei beherbergen bronzezeitliche Funde der nahegelegenen Ausgrabungsstätte Toumba tou Skourou. Raum vier stellt Exponate der geometrischen und archaischen Epoche aus und im fünften Raum sind es Haushaltsgegenstände, Schmuck, Vasen aus der Zeit des Hellenismus bis in die byzantinischen Jahrhunderte.

 


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