Famagusta Zitadelle
Eingang zur Zitadelle mit "Othello-Turm"
Famagustas Zitadelle
ist ein Paradebeispiel für eine venezianische Stadtfestung am Übergang
vom späten Mittelalter zur frühen Neuzeit. Jüngste militärtechnische
Errungenschaften wie das durchschlagsstarke Pulvergeschütz waren
bei der Planung zu berücksichtigen. Die Festungsbauer der Signoria
stellten dieser Herausforderung ein Konzept entgegen, das sich auf die
Formel bringen lässt: massiv und gedrungen, abgerundet statt kantig
bauen. So entstanden kräftige Rundtürme als Eckbewehrung und
dazwischen steinverkleidete mächtige Erdwälle.
Was die gut erhaltene Zitadellenfassade venezianischen Ursprungs nicht
verrät ist, dass sie um einen älteren Wehrbau herum errichtet
wurde.
Kern . . .
Die ursprüngliche Zitadelle ließ Lusignan-König Henri II. Anfang des 14. Jahrhunderts erbauen, ein langes Rechteck mit vier quadratischen Türmen, einem großen Innenhof und angrenzenden Räumlichkeiten. Dazu zählte an der Nordseite ein noch gut erhaltener großer Speisesaal mit Küche, der über vier Joche (Raumabschnitte) reicht, getragen von schlanken gotischen Bögen und mit vier Fensteröffnungen zum Hof. Auch die Südseite des Innenhofs war ähnlich ausgebaut, wurde aber später als Artillerieplattform zweckentfremdet. Damals umschloss eine breite Wasserfläche die Zitadelle. Nach den venezianischen Umbauten schrumpfte sie zu einem schmalen Graben, den man auf einer Zugbrücke überquerte. Die englische Administration ließ ihn schon vor 1900 im Zuge ihrer Antimalaria-Kampagne trockenlegen und auffüllen.
Reste aus der Zeit der Lusignans
. . . und Schale
Es war der erste venezianische Praefekt Famagustas, Nicolao Foscareno, der 1492 die Veränderungen an der Zitadelle vornehmen ließ. Auf einer Marmortafel über dem Eingang wird seiner gedacht. Der Umbau verlief nach dem gleichen Muster wie die Umrüstung der Burgen von Kyrenia (Girne) und Limassol. Zunächst wurden die hohen quadratischen Ecktürme gestutzt, dann die fragilen Mauerabschnitte zwischen den Türmen. Dem verbleibenden Mauerwerk wurden sodann alle Öffnungen verschlossen und ein meterdicker abgeschrägter Sandwall mit schwerer Steinverkleidung vorgesetzt. An drei Ecken wuchsen starke gedrungene Rundtürme mit Geschützrampen empor.
Der Nordostturm, eine mächtige Geschützbastion zur Sicherung
des Hafens, erhielt sein endgültiges Aussehen erst um 1560. Wahrscheinlich
beruht die Konstruktion auf Anregungen Giovanni Girolamo Sanmicheles.
Von hier reichte eine befestigte, noch heute teilweise erhaltene Mole
bis zur Fahrrinne.
Wie es im Jahre 1815 am Nordostturm aussah, erzählt der Mitarbeiter
der britischen Botschaft in Istanbul, William Turner, in seinem Reisebericht
„Journal of a Tour in the Levant“:
„Nachdem wir die Zugbrücke passiert hatten, stiegen wir über eine Steintreppe zu einer befestigten Passage hinauf. An ihrem Ende erhebt sich ein starker Turm, der den Hafen überblickt und ihn vollständig kontrolliert. Sein massives Gemäuer und die dominierende Lage lasen noch seine frühere gewaltige Stärke erahnen. Jetzt sind auf ihm nur noch acht Bronzekanonen verblieben (der Rest wurde nach Konstantinopel verbracht), die fast verrostet sind und über keine brauchbaren Lafetten mehr verfügen“.