Famagusta, Palazzo del Provveditore
Hinter der prächtigen Renaissancefassade ist viel
freier Raum, dessen westliches Ende „eine hohe dachlose Hülle
mit einer Vielzahl quadratischer Fenster“ begrenzt – mehr
blieb nicht von dem Herrschersitz erhalten. Auf dem weiten Gelände
zwischen den Fassaden trainierten unter englischem Kommando ganze Generationen
von einheimischen „zaptiehs“ (Polizisten), später parkten
hier Autos, heute sucht man nach einer angemesseneren Nutzung.
Vom ursprünglichen Palast aus der Zeit der Lusignans fehlt jede Spur.
Hier logierten Zyperns Könige, fanden prunkvolle Empfänge statt.
Besonderer Höhepunkt waren die Festlichkeiten im Anschluss an die
Krönungszeremonie in der St. Nikolaus-Kathedrale, die Zyperns Herrscher
auch zu Königen Jerusalems erhob - eine Tradition, die bis 1369 fortlebte,
dem Schicksalsjahr des Palastes. Damals - König Pierre II. war gerade
zum König Jerusalems gekrönt worden - ereignete sich der berüchtigte
Zwischenfall, nach dem in Famagusta nichts mehr so war wie zuvor. Bei
dem nachfolgenden Scharmützel in der Stadt wurde der Palast schwer
beschädigt, vielleicht sogar gänzlich zerstört.
Gut hundert Jahre später bauten die venezianischen Machthaber an
dieser Stelle ihren „Palazzo“, einen nicht sehr aufwendigen
Bau mit Flachdach, aber dekorativem Portal. Vier wahrscheinlich vom römischen
Zeus-Tempel in Salamis stammende Granitsäulen sind einer aus Bossenwerk
(auch: „Rustika“ genannt, d. i. Mauerwerk aus Quadern mit
rauher Oberfläche) bestehenden Wand vorgelagert, die ein dreitoriges
Portal bildet. Über dem zentralen Bogen nennt eine weiße Marmorplatte
den Namen Giovanni Renier und die Jahreszahl 1552. Der 1557 zum Generalleutnant
ernannte Venezianer wird vermutlich einer der hier residierenden Statthalter
der Serenissima gewesen sein. 1571 fiel der Palast in Trümmer.