Famagusta - Nestorianer-Kirche
Anhänger des Nestorianismus retteten sich im ausgehenden
12. Jahrhundert aus dem syrisch-palästinensischen Raum nach Zypern,
nachdem die Rückeroberung der christlichen Gebiete durch Saladin
forciert worden war. Die Nestorianer vertreten im Gegensatz zu der in
anderen Religionsgemeinschaften gültigen Lehre die Auffassung, dass
die göttliche und die menschliche Natur in Christus getrennt seien
(nicht in seiner Person vereint) und Maria nur Mutter des Menschen Jesus
(nicht Mutter Gottes) genannt werden dürfe. Ihre Vorstellungen gelten
seit dem Konzil von Ephesus (431) als Häresie. Unterdrückungen
waren die Folge, dessen ungeachtet entwickelten sie eine erfolgreiche
Missionstätigkeit, gerieten aber später in den Strudel der unaufhörlichen
Auseinandersetzungen in Nahost. Heute lebt das Gros der etwa 175.000 Nestorianer,
die man hier Assyrer nennt, im Irak und Iran sowie in Syrien.
Leontios Machairas (ca. 1380 – 1450), Autor der Chronik „Erzählung
vom lieblichen Lande Zypern“, weiß zu berichten, dass ein
gewisser Lachas, reicher nestorianischer Kaufmann und Schiffseigner, um
1359 die Kirche der Nestorianer erbauen ließ („Und dieser
seinem Glauben treue Mann tat viel Gutes zum Heil seiner Seele und so
baute er von Grund auf die Nestorianer-Kirche“). Sie überstand
die Kämpfe während der osmanischen Eroberung unversehrt, soll
angeblich zeitweise Kamelen als Unterstand gedient haben und wurde 1905
von der kleinen griechisch-orthodoxen Gemeinde in Alt-Famagusta erworben.
Sie weihte das Gotteshaus dem heiligen Georg, dem Verbanner (Aghios Georgios
Exorinós). Mit ihm hatte es eine besondere Bewandtnis, konnte man
doch durch Anrufung seines Namens und eine schnelle unauffällige
Tat jeden unliebsamen Zeitgenossen loswerden. Man musste nur etwas Staub
aus der dem Heiligen geweihten Kirche aufheben und in das Haus des Feindes
streuen und binnen eines Jahres verschwand er von der Insel. . .
Die griechische Gemeinde verließ nach dem Ausbruch interkommunaler
Unruhen 1957 die Altstadt. Heute wird in dem kleinen Gotteshaus an jedem
ersten Sonntag im Monat von christlichen „Residents“ Nordzyperns
das heilige Abendmahl gefeiert.
Das Bauwerk
Ursprünglich bestand die Kirche aus nur einem dreijochigen
Schiff und Apsis. Wohl nicht
lange nach der Fertigstellung kamen Seitenschiffe mit Apsidialkapellen
hinzu und auch der „Campanile“ entstand. Die Bauten sind aus
sorgfältig bearbeiteten Quadersteinen errichtet worden. Strebepfeiler
(mit Wasserspeiern hoch oben) verstärken an ihren Längsseiten
die Stabilität. Unter den stumpfen Giebeln der Nord- und Südseite
liegen lanzettförmige Fenster und über dem Hauptportal schwebt
ein großes Rundfenster, freilich ohne das ursprüngliche Maßwerk.
Seine Nachbildung ist akzeptabel. Die kräftigen Fensterstürze
über den Türen ruhen auf Steinkonsolen.
Fragmentarisch erhaltene figürliche Darstellungen im italienischen Stil des 14. und 15. Jahrhunderts und syrische Inschriften bedecken die Wände und Säulen im Kircheninnern.