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Reiseführer Nordzypern

Dr. William Dreghorn (1908-2001)

Wenn Präsident Denktas (mit einem eigens zu diesem Anlaß kreiertem Epos) und der britische Hochkommissar David Madden, Girnes Bürgermeister, chairmen und chairwomen zahlloser Vereinigungen nebst vielen anderen Spitzen der nordzyprischen Gesellschaft sich zu einer rauschenden Geburtstagsparty einfinden, kann die geballte Huldigung nur einem "äußerst populären, warmherzigen, unverwechselbaren, mitreißenden und hochbegabten Individuum" gelten, wie ein Redner die Legende rühmte, die an jenem Frühsommertag 1998 neunzig Jahre alt wurde. Im Kreise seiner 120 Gäste feierte Dr. William "Bill" Dreghorn seinen Jubeltag so munter und humorvoll, wie ihn sein großer Freundeskreis in beiden Teilen Zyperns seit dreißig Jahren kennt.

Dr. William Dreghorn

Von Haus aus Geologe, hatte sich W. Dreghorn seit 1968 mit der Erforschung des Besparmak-Gebirges befaßt, das die hier lebenden Engländer gerne "Kyrenia Range" nennen. Nach einem Unfall, der ihm zu einem künstlichen Hüftgelenk verhalf, mußte er sein Arbeitsprogramm drastisch einschränken, aber der Ertrag seiner Forschungen war dennoch beachtlich. Drei Veröffentlichungen geben Auskunft über die erkundete Region im Umkreis von Girne (siehe die Nummern 1 - 3 seiner Werkliste).

In den Folgejahren wandte sich W. Dreghorn verstärkt archäologischen und historischen Themen zu. In diesem Zusammenhang nahm auch die Suche nach einem Konzept zur Erschließung und nachhaltigen Pflege des kulturellen Erbes Nordzyperns einen gewichtigen Platz ein. Ganz besonders am Herzen lag ihm eine anschauliche Präsentation der historischen Schätze des Landes. Daß er sich intensiv mit Baudenkmälern und Stadtanlagen befaßte, darüber auch vielgefragte "guide-books" veröffentlichte (Nr. 4 - 7 der Werkliste), kam nicht von ungefähr. Sein in der römischen Geschichte bewanderter Vater hatte ihn mit Antike und Altertümern vertraut gemacht, ihn zum Reisen animiert, seine "wanderlust" (wie es auch im Englischen heißt) geweckt. So zog es ihn 1935 nach dem Abschluß seines Geologie- und Geographiestudiums, ausgestattet mit einem Stipendium der London University, nach Australien. Hier, in Melbourne, konnte er erstmals sein großes zeichnerisches Talent (damals vorzugsweise Fossilien und Landschaften) der Öffentlichkeit vorstellen.

Kurze Anstellungen wechseln mit neuen Reisen. Er durchzieht die USA, besucht Ostasien, wird in China vom Ausbruch des 2. Weltkriegs überrascht. Über die Mandschurei, Moskau und Skandinavien kehrt er nach England zurück. Als Freiwilliger dient er auf der Airforce-Base Setif in Algerien. 1946/48 nimmt er einen schlecht bezahlten Lehrauftrag in Neuseeland an. Zurück in England, lehrt er rund zehn Jahre Geographie in Andover (Hampshire), danach Geologie am St. Paul´s Teacher Training College in Cheltenham. Seine ersten wissenschaftlichen Arbeiten werden publiziert (Nr. 8 - 10 der Werkliste).

Bereits in den Fünfzigern, erwarb Dreghorn den "PhD", den philosophiae doctor in Geologie und Erziehungswissenschaften. Doch seine "wanderlust" war ungebrochen. Er stellte sich ein geschichtsträchtiges Land vor, das eingebettet in ein sonniges, warmes Klima, ihm neue, verheißungsvolle Aufgaben stellen würde. Zypern bot sich an. Seit W. Dreghorn 1968 die Insel betrat, hat er seinen Entschluß nicht bereut. Er kam nicht als "Aussteiger". Auch wenn er von sich selbst sagt, er sei "nur ein Zigeuner" und obendrein auf dem besten Wege ein "sonderbarer Kauz" zu werden - die Zyprer wissen sehr genau, was sie an ihm haben: er gibt die entscheidenden Impulse, er bewirkt Veränderungen. Daß er seine Vorstellungen durchzusetzen versteht, kann jeder aufmerksame Besucher Nordzyperns vielerorts feststellen - so in der Burg von Girne, wo seine Inspirationen Geschichte lebendig werden lassen oder auf dem Platz vor der Lala-Mustafa-Pascha-Moschee in Famagusta, dessen Umgestaltung zu einem verkehrsfreien, palmenbestandenen, (wieder) historischen Ort sein Werk ist. Nicht zu vergessen die vielen Zeichnungen, Kalligraphien und Aquarelle, die Hotelfoyers und Amtsstuben schmücken. In Famagusta lebt W. Dreghorn seit einigen Jahren, nachdem er mehr als ein Vierteljahrhundert in Girne verbracht hatte. Getreu seinem Leitsatz "...bringing history to life, rather than staring at rows of pots and arrowheads, as I had to at many museums in my life", wird er rastlos nach neuen Wegen suchen, die Schätze im östlichen Inselteil Einheimischen wie Gästen des Landes in verständlicher Weise nahezubringen.

William Dreghorn hält nichts von verklausulierten Aussagen. Er hat nie ein Hehl daraus gemacht, wie er die Zeit nach 1974, also nach der türkischen Intervention, einschätzt: "...the best years of my life". Es herrsche Ruhe und Frieden, man lebe in einer "genuinely human society", alles in allem habe man es noch nie so gut gehabt. Er erinnert an eine viele Jahre zurückliegende Begegnung mit einem griechisch-zyprischen Bauunternehmer, der ihm anvertraute, er würde gerne die Burg in Girne abreißen lassen, um an ihrer Stelle mindestens vierhundert Appartments zu errichten und: "...was wir vorhaben ist, die ganze Küste von Kyrenia (Girne) bis zur Karpaz-Halbinsel wie Varosha auszubauen". Wer je Varosha, das heute unzugängliche, zubetonierte Hotelghetto am Rande Famagustas gesehen hat, wird Dreghorns Schlußfolgerung "so ist es nur gut, dass sie (die Griechen) nicht zurückgekommen sind", durchaus Verständnis entgegenbringen - und auf einmal erscheint Nordzyperns so oft und wahrlich nicht zu Unrecht gescholtener Tourismussektor vor dieser geradezu apokalyptischen Drohung wie der zuverlässige Garant einer freundlich-friedvollen, genüßlichen Urlaubswelt.

Dr. William Dreghorn verstarb im Herbst 2001 im hohen Alter von 93 Jahren.

William Dreghorns Werkliste

1. Geomorphology of the coastline east of  Kyrenia Castle, Cyprus Geographical Association, 1971)

2. The geomorphology of the Troulli area (in: Geographika Chronika, Vol. 1, Nr. 2, 1971)

3. Rocks and scenery in the Kyrenia region (Nicosia, 1971)

4. The antiquities of  Turkish Nicosia (Nicosia, 1979)

5. A guide to the antiquities of Kyrenia (Girne, 1982)

6. Famagusta and Salamis. A guide-book (Nicosia, 1985)

7. The rebirth of the kingdom of Lambousa - zusammen mit Hasmet M. Gurkan - (Nicosia, 1991)

8. Geology explained in the Severn Vale and Cotswolds (1967)

9. Applied geology in the Cheltenham locality (in: Proceedings of the Cotswold Naturalists` Field Club, Vol. 35. 1967)

10. Geology explained in the Forest of Dean and Wye Valley (1967)

11. Recent uplift in Northern Cyprus (in der niederl. Zeitschrift "Geologie en Mijnbouw", Vol. 60. 1981)

12. Marine plankton of the Eastern Mediterranean. Sieben Bände mit dem Ertrag der Forschungen aus den Jahren 1968 bis 1975 mit vielen Zeichnungen und mikroskopischen Aufnahmen. Zusammen mit  diversen Referenzbänden und anderen Manuskripten zu geologischen und archäologischen Themen  übergab W. Dreghorn dieses Mammutwerk im Frühjahr 1995 dem Direktor des National-archivs in Girne, Mustafa Hasim Altan.

 


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