Bronzezeit - Blütezeit
Im Archäologischen Museum des Barnabas-Klosters: Mit plastischer Dekoration verziertes Gefäß aus der frühen Bronzezeit (2300 - 2075 v. Chr.)
Gegen Ende der Kupfersteinzeit, in der Übergangsphase zur Frühen Bronzezeit (2400-1900 v. Chr.), kam es zu einem radikalen Bruch mit der chalkolithischen Kulturstufe. Verantwortlich für den auffallenden Wandel dürften Einwanderer aus Kleinasien gewesen sein, die ihre von Kriegen verwüsteten küstennahen Siedlungsgebiete aufgegeben hatten. Ungewohnte Siedlungsmuster und Hausformen, Bestattungsriten und religiöse Praktiken der Zuwanderer, vor allem aber ihre technologische Überlegenheit blieben nicht ohne Auswirkungen auf die alteingesessene Bevölkerung. Ihre versierten Handwerker gaben der Keramikproduktion neue Impulse und bauten den noch unzulänglich entwickelten metallurgischen Sektor aus. So wurden die reichen Kupfererzvorkommen der nördlichen und östlichen Randzonen des Troodos-Massivs sehr wahrscheinlich unter Anleitung der kundigen Einwanderer erstmals in bescheidenem Umfang genutzt. Kupfererzförderung und -verarbeitung gewannen im Verlauf der Mittleren Bronzezeit (1900-1600 v. Chr.) an Bedeutung und wurden zusammen mit dem Kupferhandel während der Späten Bronzezeit (1600-1050 v. Chr.) zum wichtigsten Wirtschaftsfaktor der Insel.
Öffnung
Seit die Einwohner Zyperns aus dem "Dämmerlicht der Frühzeit" traten, zeichnete sie eine überaus konservative Lebensart aus. Ihre Bodenständigkeit verhinderte den Anschluss an die stürmischen Entwicklungen in der Ägäis und im Vorderen Orient. Gründe dafür dürften in den bescheidenen Siedlungsgrößen und im kleinbäuerlichen Regenfeldbau zu suchen sein, auch in der Differenziertheit und Größe der Insel, ihrem Reichtum an Ressourcen - Faktoren also, die eine Entwicklung von Lokalkulturen begünstigten. Ganz anders die zeitgenössischen Palastökonomien des nahen Festlands: hier herrschte ein innovativer Druck, der nach der Kontrolle immer größerer, zusammenhängender Einheiten verlangte, was zwangsläufig immer komplexere Verwaltungssysteme erforderte.
Im Archäologischen Museum des Barnabas-Klosters: Fein verzierte rote Keramik aus der Bronzezeit (2300 - 1900 v. Chr.)
Die Bronzezeit mit ihren in das Land drängenden neuen Ideen und
Technologien brach die Isolation Zyperns auf. Bei den benachbarten,
vergleichsweise hoch entwickelten Staaten war die "rückständige"
Insel vordem auf wenig Interesse gestoßen. Das erklärt auch,
warum Zypern in den zahllosen Keilschrift- und Hieroglyphendokumenten
Kleinasiens und des Vorderen Orients erst seit dem 18. Jahrh. v. Chr.
Erwähnung fand.
Mit ihrer Neuorientierung wurde die Insel zu einem Bestandteil der
ostmediterranen "koiné" (Gemeinschaft) einflussreicher Staaten,
die den Waren- und Kulturaustausch im östlichen Mittelmeerraum
kontrollierten.
Frieden und Entwicklung
Offenbar blieb Zypern über einen langen Zeitraum von Kriegen verschont. Nur drei ausgegrabene früh- bzw. mittelbronzezeitliche Stätten weisen überhaupt Befestigungsanlagen auf, darunter Nitovikla auf der Karpaz-Halbinsel. Während man sie anfänglich als eine Reaktion auf die Beutezüge der von Ägypten aus operierenden Hyksos deutete, sieht man in ihnen heute eher ein Indiz für die Existenz gelegentlicher innerzyprischer Konflikte.
Im Archäologischen Museum des Barnabas-Klosters: Keramik aus der Mittleren Bronzezeit (1900 - 1600 v. Chr.)
Die friedlichen Zeiten der frühen und mittleren Bronzeepoche ließen
die Einwohnerzahl stetig ansteigen. Nicht weniger als 270 Siedlungen
dieser Zeitspanne sind nachgewiesen. Alle Landesteile, auch die früher
gemiedene Mesarya-Ebene und die Karpaz-Halbinsel, waren nun bewohnt.
Ermöglicht wurde dieser Entwicklungssprung vor allem durch den
Import von Großvieh: Man hatte nun Ochsen für den Pflug,
Esel für den Warentransport und Rinder für die Fleisch- und
Milchversorgung.
Zypern erfreute sich eines relativen Wohlstands, besonders ausgeprägt
während der Späten Bronzezeit, als erste stadtähnliche
Siedlungen entstanden, die Außenkontakte sich vervielfachten,
ein kypro-minoisches Schriftsystem eingeführt wurde. Ägyptische,
hethitische und mesopotamische Texte berichten von kostbaren Gütern,
für die Zypern zum zentralen Umschlagplatz im östlichen Mittelmeer
wurde. Handelskontakte reichten bis in das westliche Mittelmeer (Sizilien,
Sardinien). Eine zunehmend spezialisierte Landwirtschaft passte sich
geschmeidig einer wachsenden Nachfrage an. Importe von Luxuswaren aus Ägypten
und dem syro-palästinensischen Raum erfreuten die städtische
Oberschicht, die zumeist in großen, mehrstöckigen Hofhäusern
in Quaderarchitektur residierte, nicht selten erbaut in einer planmäßig
angelegten Siedlung mit orthogonalem Straßennetz.
Fund aus Kaleburnu aus der Späten Bronzezeit (ca. 1200 v. Chr.), insgesamt 26 Bronzestücke aus einem Pithos, vermutlich in Enkomi hergestellt
In dieser Periode städtischer Hochkultur entwickelte das zyprische
Kunsthandwerk eine technische Brillanz und ästhetische Qualität
bei der Herstellung von Bronzekunstwerken, die ohne Parallelen und
für die Kunstentwicklung des gesamten Mittelmeerraums Vorbild
gebend waren. Elfenbeinschnitzereien und das Goldschmiedehandwerk,
die Herstellung von Fayencen, Stein- und Glasgefäßen standen
in Blüte. Beispielhaft für die Dynamik jener Zeit war das
im Osten gelegene Enkomi, Zyperns erste Siedlung städtischen Charakters
und seine erste "Industriestadt". Die Verarbeitung von Kupfer hatte
hier ihr technologisches Zentrum und der überseeische Kupferhandel
nahm von Enkomis Hafen seinen Ausgang.
Neue Wirren
Auch Zypern blieb nicht von den Erschütterungen verschont, die zum Ende der Späten Bronzezeit die gesamte Staatenwelt des östlichen Mittelmeeres erfassten. Auslöser waren Völkerbewegungen, die im Donauraum einsetzten, sich zu einem komplexen Gemenge marodierender Stämme verdichteten und Unrast bis nach Ägypten trugen. Ein flüchtiges Zwischenspiel dieser so genannten "Seevölker" hinterließ auch in Zypern Verwüstungen (neben Enkomi wurden Kition, Marion und Talavassos Opfer ihrer Angriffe). Schwerer jedoch wog die desolate Verfassung der traditionellen Handelspartner Zyperns, die es viel härter getroffen hatte. Warenaustausch und -umschlag fielen zeitweise ins Bodenlose, die bronzezeitliche, kosmopolitisch geprägte Stadtkultur der Insel begann sich aufzulösen, allein die dezentrale Struktur von Wirtschaft und Verwaltung verhinderte einen Zusammenbruch der zyprischen Gesellschaft.
Fund aus Kaleburnu aus der Späten Bronzezeit (ca. 1200 v. Chr.), insgesamt 26 Bronzestücke aus einem Pithos, vermutlich in Enkomi hergestellt
Auch die mykenischen Achäer wurden zu Opfern der großen
Völkerwanderungen gegen Ende des zweiten Jahrtausends. Sie verließen
ihre zerstörten Siedlungsgebiete auf der griechischen Peloponnes
und siedelten sich auf Zypern an. Es war der Beginn eines Jahrhunderte
umfassenden Prozesses, der am Ende ein weitgehend hellenisiertes Zypern
entstehen ließ. Eine Vorhut, so wird vermutet, erreichte die
Insel kurz nach 1200 v. Chr., gefolgt von einer massiven Migrationswelle
gegen 1100 v. Chr. Die Einwanderung der frühen Griechen bildet
den historischen Kern der Gründungsmythen, die Hellas` von Troja
heimkehrende Helden als Zyperns Städtebauer preisen. So soll Teukros
Salamis gegründet haben und der Spartaner Praxanor den Küstenort
Lapethos (türk. Lapta). Soli verdanke seine Existenz dem Theseus-Sohn
Akamas, die Gründung von Paphos gehe auf König Agapenor von
Tegea zurück.