Reiseführer Nordzypern
Wer war Andreas?
Geboren in Bethsaida, dem heutigen Mahjar im Südwesten Syriens, lebte Andreas später mit seinem Bruder Simon Petrus als Fischer in Kafarnaum (Kapernaum) am Galiläischen Meer, d. i. der See Genezareth. Einige Zeit zählte er zum Kreis der Johannesjünger, wurde dann zu einem der erstberufenen Jünger Jesu und zog auch seinen Bruder in die Nähe des Verkünders.
Im Matthäus-Evangelium wird darauf Bezug genommen. Es heißt
dort:
"Als nun Jesus am Galiläischen Meer entlangging, sah er zwei Brüder, Simon, der Petrus genannt wird, und Andreas, seinen Bruder; die warfen ihre Netze ins Meer, denn sie waren Fischer. Und er sprach zu ihnen: Folgt mir nach; ich will euch zu Menschenfischern machen!"
Und so geschah es. Andreas` eifrige Missionstätigkeit ist
in den Schriften überliefert. Sie führte ihn in das östliche
Kleinasien und von dort in das Pontos-Gebiet am südlichen
Schwarzen Meer und in die antike Landschaft Bithynien im Nordwesten
der heutigen Türkei. Er predigte das Evangelium in Thrakien,
durchwanderte Thessalien und gelangte schließlich nach Patras
in der peloponnesischen Landschaft Achaia. Hier geriet er an einen
römischen Statthalter namens Aegeas. Dieser Vertraute Neros
ließ ihn verfolgen, festnehmen und an ein Kreuz schlagen,
das mit seinen schrägen, x-förmigen Balken zum Sinnbild
des "Andreaskreuzes" wurde. Er starb nach langen Qualen am 30.
November des Jahres 60 (oder 62). Auf dem 2. Konzil zu Nicäa
(787) wurde dieser Tag zu seinem Gedenktag bestimmt.
Andreaskloster (Detail)
Andreas` Gebeine erlebten eine ungewöhnliche Irrfahrt. Zunächst
kamen sie im Jahre 357 nach Konstantinopel. Teile davon gelangten
1208 nach Amalfi, wo sie im Duomo San Andrea aufbewahrt werden.
Die in Konstantinopel verbliebenen Reliquien genießen unter
den Christen der Ostkirche große Verehrung. Das Kopfreliquiar
wurde, um nicht den Türken in die Hände zu fallen, 1462
nach Rom verbracht, von wo es Papst Paul VI. 1964 an den Todesort
des Apostels, nach Patras, überführen ließ.
Einige Kirchen, wie die Russlands, Griechenlands und Schottlands
verehren Andreas als ihren Landespatron. Auch einige Regionen wie
Achaia, Burgund und Niederösterreich sehen in ihm ihren Beschützer.
Er ist der Patron vieler Städte, darunter Ravenna und Patras
und der gute Geist der Reisenden.
Die Legende
Auf der Rückreise von einer seiner Missionsexpeditionen war Andreas mit einem Schiff unterwegs, dessen Kapitän auf einem Auge blind war. Während sie an der Ostküste Zyperns entlang segelten und Kurs auf Palästina nahmen, bemerkte der Kapitän, dass die Frischwasservorräte zur Neige gingen. Sie passierten gerade die Stelle, wo heute das Kloster liegt, als Andreas den Kapitän auf seinem blinden Auge wieder sehend machte. Dann wies er die Seeleute an, genau hier an Land zu gehen, wo sie auf eine Quelle reinen Trinkwassers stoßen würden. Es geschah, wie es der Apostel prophezeit hatte. Er wies die ihm zum Dank für seine wundersamen Dienste angebotene Belohnung zurück, predigte das Evangelium und konnte die Schiffsbesatzung für das Christentum gewinnen.
Der Glaube an die Heilkräfte des Apostels ist unerschütterlicher
Bestandteil der zyprischen Volksfrömmigkeit. Und nicht selten
waren auch Muslime unter denen, die hoffnungsvoll den langen Weg
auf den Karpaz unternahmen. Wer hierher kam, erschien nicht ohne
Geschenke und Votivgaben. Die Lahmen und Blinden, die Epileptiker
und Tauben spendeten Geld, Uhren, Schmuck, phantasievoll bemalte
Eier, aufwendige Handarbeiten und sie hängten ihre Votiv-Silberbleche
oder vollplastischen Wachsvotive, die Hände und Herzen, Beine,
Füße, Köpfe und andere schmerzende Körperpartien
darstellten, in der Kirche auf, die dann bald unter Verschluss
genommen oder in den Wachskammern des Untergeschosses deponiert
wurden.
. . . und noch ein Wunder
Es war im Jahre 1895, als die im südosttürkischen Alanya
lebende griechische Bäuerin Maria Georgiou ihren damals 13jährigen
Sohn Pantelis zum letzten Mal sah. Der Junge war in einen Nachbarort
gegangen und blieb seitdem spurlos verschwunden. Für seine
Mutter begann eine niederdrückende Zeit des Bangens und Hoffens.
Sie hatte schon jegliche Hoffnung auf ein Wiedersehen aufgegeben,
als ihr siebzehn Jahre nach dem Verschwinden ihres Sohnes, im Frühjahr
1912, der heilige Andreas im Traum erschien, der ihr riet, zum
Kloster zu wallfahren, wo sie Nachrichten über ihren vermissten
Sohn hören werde.
Ohne Zeit zu verlieren, machte sich Maria auf den langen Weg, fuhr
von Adana nach Mersin mit dem Zug und bestieg dort das Fährschiff
nach Larnaca. Unter den Passagieren waren zwei türkische Derwische,
mit denen sie ins Gespräch kam und dabei auch von ihrem Schicksal
erzählte. Einer der Derwische verfolgte ihre Erzählungen
mit zunehmender Erregung, fragte nach besonderen Merkmalen des
Vermissten und als er von dessen auffallenden Malen auf Brust und
Schulter hörte, öffnete er sein Gewand und zeigte sie
der fremden Griechin - seiner Mutter.
Nach herzbewegender Wiedersehensfreude erzählte Pantelis,
wie er damals im Nachbardorf in die Hände türkischer
Kidnapper gefallen war, von ihnen nach Istanbul verkauft wurde,
wo er zum Islam übertrat und zum Derwisch erzogen wurde.
Die glücklich Vereinten gingen in Larnaca von Bord, fuhren
mit der Kutsche nach Famagusta, wo sie sich Esel für den langen
Weg an das Ende des Karpaz mieteten.
Ihre Geschichte hatte sich in Windeseile über die Insel verbreitet. Sie traf so recht die Herzen der Gläubigen, spornte Sänger und Volksdichter zu Höchstleistungen an. Was sie an Balladen und Geschichten über das wundersame Schicksal des einstigen Derwisches und seiner Mutter veröffentlichten, wurde nach guter britischer kolonialer Praxis in der offiziellen "Cyprus Gazette" vom 17. Januar 1913 angezeigt. Es war mehr als eine halbe Seite im Zeitungsformat.
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