Im Herzen Europas gelegen
Kurze Übersicht
über Brüssels Geschichte
Im Park von Petit Sablon: Denkmal für die Grafen
Egmont und Hoorne, die auf der Grand Place ihr Leben ließen
Vor- und Frühgeschichte
2250 bis 1900 vor
unserer Zeitrechnung gibt es Siedlungskerne
in Bosvoorde, Schaerbeek und Ukkel.
Aus dem 1. und 2. Jh.
stammen Reste
römischer Villen in Anderlecht und Laeken.
Frühes und hohes Mittelalter
Zwischen 500 und
700
lassen sich die Franken
in Anderlecht, einer der heutigen 19 Gemeinden der Region Brüssel nieder
Im Jahr 966
wird erstmals
Bruoscella, die Siedlung in den Sümpfen, in einer Chronik Kaiser Ottos I. erwähnt.
979
wurde im heutigen
Zentrum von Bruxelles Ville (Altstadt von Brüssel) auf einer Insel ein kleiner
Militärposten errichtet.
Um 1100
wird Brüssel mit einer
ersten Festungsmauer umgeben.
1221
wird die
herzoglich-brabantische Tuchhalle an der Grand' Place erstmals urkundlich erwähnt.
1303
Revolte der Zünfte,
die sich für die nächsten drei Jahre an die Spitze der Brüsseler Stadtregierung setzen,
ehe die Stadt zum Spielball zwischen den Interessen der Grafen von
Flandern und der Herzöge von Brabant wird.
1357
Bau der neuer
Festungsmauern mit sieben Toren. Das Porte de Hal, wo sich heute das Musée du Folklore
befindet, ist das einzige noch erhaltene Stadttor dieser Zeit.
1384
Mit der Vermählung von
Philipp dem Kühnen mit Margaretha von Male beginnt die sogenannte burgundische Periode
und die bis zum Ende des 15. Jahrhunderts andauernde Blütezeit Brüssels.
1401
Baubeginn des Hôtel de
Ville de Bruxelles an der Grand' Place.
1430
Brüssel fungiert unter
Philipp dem Guten als Hauptstadt Burgunds
1477 - 1713
Herrschaft der
Habsburger über Brüssel und die Südlichen Niederlande
Karl V. und seine Nachfolger
1515-1555 Regenschaft
des in Gent geborenen Karl V., des Enkels von Maria von Burgund und Maximilian von Österreich.
1520 Organisation des
ersten internationalen Postverkehrs durch Jean-Baptiste de Tour et Taxis.
1522 werden durch die
»Brüsseler Verträge« zwischen Karl V. und seinem Bruder Ferdinand die Besitzungen der
Habsburger in eine deutsche und eine spanische Linie geteilt.
Gegen Ende der Regenschaft Karls V., in den Jahren 1550-1555, entwirft Jakob van Deventer einen Stadtgrundriß für Brüssel. Nach Karls Abdankung folgen bis 1598 Jahre der blutigen Herrschaft des spanisch-habsburgischen Königs Philipp II., der seinen Statthalter Herzog Alba mit allen Vollmachten für die niederländischen Besitzungen ausstattet. Die Grafen Egmont und Hoorne werden 1568 auf der Grand' Place hingerichtet, nachdem sie 1566 einen Aufstand gegen die spanischen Besatzer und die Inquisition angeführt hatten. Kurz vor der Jahrhundertwende wird im Jahr 1599 Isabella, Tochter von Philipp II., und deren Gatte in Brüssel zu Statthaltern der spanisch-habsburgischen Niederlande bestellt.
1695
Belagerung Brüssels
durch französische Truppen mit dem verheerenden Bombardement der Grand' Place, deren Renaissancebebauung
verwüstet wird. Deren barocker Wiederaufbau erfolgt wenige Jahre später.
Die österreichischen Habsburger regieren das Land
Ab 1715
herrschten die Österreicher über das Land. 1795 werden die Südlichen Niederlande im Zuge der Französischen
Revolution Teil Frankreichs, nachdem österreichische Truppen bei Fleurus von
französischen Verbänden vernichtend geschlagen worden waren. Brüssel
wird zur Hauptstadt des Département de Dyle ernannt.
1815
Auf dem Wiener Kongress
werden die niederländischen Generalstaaten mit Belgien zum Königreich der Niederlande
vereinigt, nachdem zuvor die Niederlage der napoleonischen Truppen bei Waterloo, 16 km südlich
von Brüssel, das Schicksal Napoleons und Frankreichs besiegelt hatte. Im Rathaus seiner
Residenzstadt Brüssel wird König Willem I. zum Regenten gekrönt.
Denkmal im Leopoldpark für den Monarchen Léopold II.
Das belgische Königshaus aus Sachsen
Seit der Revolution vom 25. August 1830 ist Belgien eine konstitutionelle Erbmonarchie mit männlicher Erbfolge. Das erste belgische Staatsoberhaupt wurde allerdings erst am 4. Juni 1831 gekürt, da man sich in der Nationalversammlung zunächst nicht auf einen Kandidaten einigen konnte. Schließlich fiel die Wahl auf den deutschen Prinzen Leopold von Sachsen-Coburg-Gotha, der am 21. Juli feierlich in Brüssel Einzug hielt. 1839 wurden nach der Teilung Limburgs die endgültigen Grenzen und die Neutralität Belgiens festgeschrieben. Während der Regentschaft von Léopold I. entstand die erste Eisenbahnverbindung zwischen Antwerpen, Brüssel und Köln. Außerdem erfolgte die Gründung der Universitäten in Mechelen und
Brüssel.
Léopolds zweiter Sohn Léopold-Louis-Philippe-Marie-Victor übernahm 1865 als Léopold II. und erster in Belgien geborener König sein Amt. Die Durchsetzung grundlegender Sozialgesetze wie das Gesetz über Frauen- und Kinderarbeit (1889) sowie über den arbeitsfreien Sonntag (1905) waren der wachsenden belgischen Arbeiterbewegung und deren politischen Vertretern geschuldet. Der amtierende Monarch war nur bestrebt, Belgien zur stolzen Kolonialmacht zu machen und seinen eigenen Ruhm zu mehren. Mit Eigenmitteln unterstützte Léopold II. zwischen 1879 und 1885 zahlreiche Expeditionen nach Zentralafrika. 1885 ließ er den Unabhängigen Kongostaat als sein Krongut ausrufen. Fortan vergrößerte er seinen Reichtum durch Ausbeutung der vorhandenen Rohstoffe des Kongos, vor allem Kautschuk und Kupfererz. In den Minen schufteten afrikanische Zwangsarbeiter für König. Deren Aufstände wurden zwischen 1895 und 1897 blutig niedergemetzelt. Kritik im eigenen Land durch liberale und sozialistische Politiker sowie die in Europa wachsende Bewegung gegen den modernen Sklavenhandel führten 1908 dazu, dass Léopold II. die Rechte am Kongo an den belgischen Staat abtrat. Ein Parlamentsentscheid wandelte den Kongostaat in die belgische Kolonie Kongo um, deren Bodenschätze bis zur Unabhängigkeit 1960 weiterhin im Interesse belgischer Unternehmen ausgebeutet wurden. Brüssel verdankt Léopold II. nicht nur die neoklassizistische Museumsbauten auf dem Kunstberg, sondern auch den Bau des Triumphbogens im Parc du Cinquantenaire, die imposante Anlage der Avenue de Tervuren und das schlossähnliche Museum für Zentralafrika in Tervuren.
Prinz Albert, ein Neffe von Léopold II., bestieg nach Léopolds Tod im Jahr 1909 den Thron. Léopolds einziger Sohn war mit zehn Jahren nach dem Sturz in einen Teich des Lakener Schlosses an den Folgen einer Lungenentzündung gestorben. Die Regentschaft von Albert I. wurde durch die grauenvollen Ereignisse des Ersten Weltkrieges überschattet. Bis heute sind im westflämischen Ieper die Spuren der blutigen Schlachten an der Ijzer sichtbar. Dabei darf auch der massenhaften Einsatz von Senfgas nicht vergessen, der viele Opfer forderte. Nicht nur der König, der von Veurne (Westflandern) aus die belgischen Truppen befehligte, auch seine Gemahlin, die bayerische Prinzessin Elisabeth, eine ausgebildete Krankenschwester, wurden wegen ihres Einsatzes in dieser Zeit vom belgischen Volk sehr geschätzt.
Wenig Fortune bewies Léopold III. als Alberts Thronnachfolger. Als die deutsche Wehrmacht im Mai 1940 das neutrale Belgien überfiel, um den geplanten Frankreichfeldzug leichter durchführen zu können, leistete der König keinen aktiven Widerstand, sondern kapitulierte rasch und wurde zum Gefangenen im eigenen Lande, ehe er nach Österreich verschleppt wurde. Nur eine knappe Mehrheit der Belgier entschied sich 1949 für die Rückkehr des Königs, der jedoch klugerweise zugunsten seines Sohnes, Prinz Baudouin, abdankte. Unter König Baudouin wurde die Debatte um die föderale Struktur Belgiens einschließlich der Festlegung der Sprachgrenzen der Regionen abgeschlossen. Bemerkenswert war seine Haltung in der Debatte um das Abtreibungsgesetz, dem König Baudouin durch einen eintägigen Rücktritt seine Billigung entzog.
Schließlich folgte nach dem unerwarteten Tod von Baudouin im Jahr 1993 nicht sein von vielen Belgiern als inkompetent und unreif angesehener Neffe Prinz Philippe auf den Thron, sondern sein Bruder Albert, der seither als König Albert II. oberster Repräsentant Belgiens ist. Feierlich hat er geschworen: "Der König hat die Verfassung und die Gesetze des belgischen Volkes zu beachten, die Unabhängigkeit des Landes zu erhalten und die Unversehrtheit des Staatsgebietes zu verteidigen". In den königlichen Aufgabenbereich fallen noch stets die Schließung der Sitzungsperiode des Parlaments und Senats, die Auflösung der Abgeordnetenammer bei erfolgreichem Misstrauensantrag gegen die Föderalregierung, die Unterzeichnung von Gesetzen sowie die formale Ernennung und Entlassung von Ministern.
Das unabhängige Belgien
1830
Nach einem
Volksaufstand wird Belgien vom Königreich der Niederlande unabhängig. Hauptstadt des Königreichs
Belgien ist seither Brüssel, das heute in einem föderalen Belgien auch Parlamentssitz
und Hauptstadt der Region Flandern ist.
1831
Feierlicher Einzug des
ersten belgischen Königs Léopold I, der 1855 starb und die Regentschaft an
seinen Sohn Leopold II. vererbte. Dieser ist für zahlreiche pompöse städtebauliche
Maßnahmen und die Schaffung der Kolonialmacht Belgien verantwortlich,
nachdem er sich den Kongo zunächst als Privatbesitz angeeignet hatte.
1880
Im Rahmen der
Weltausstellung in Brüssel entsteht der Parc du Cinquantenaire mit seinen Museumsbauten.
1893
(Baron) Victor Horta
und Henry van de Velde beginnen im Stil der Art nouveau (Jugendstil) zu bauen, den
sie in Weiterentwicklung der englischen Arts and Crafts-Bewegung begründeten.
1909
Nach dem Ableben von
Léopold II., der keinen erbberechtigten Thronfolger hinterläßt, besteigt dessen Neffe Albert
I. den belgischen Thron, der während des I. Weltkriegs
Detail aus dem Denkaml für General, Baron Dossin de Saint-Georges
und die Schlacht an der Ijzer (Park an den Weihern von Elsene)
Der Erste Weltkrieg und die Zwischenkriegszeit
1914-1918
den belgischen
Widerstand gegen die deutschen Invasoren von Veurne (Westflandern) aus lenkt.
1934
verunglückt der
passionierte Bergsteiger Albert I. bei einer Bergtour tödlich. Sein Sohn Léopold III.
wird sein Nachfolger.Leopold III., der sich
im Zweiten Weltkrieg
nicht an die Spitze des
Widerstandes gegen die deutsche Besetzung gestellt hatte und sich ohne Gegenwehr in
seinem Schloss in Laeken von der deutschen Militärregierung festsetzen ließ, muß wegen
dieser Haltung
1951
zugunsten seines Sohnes
Baudouin auf den Thron verzichten.
Denkmal für die Kolonie Kongo und die belgische
Afrikaexpeditionen (Park an den Weihern von Elsene)
Von der Weltausstellung zur Eröffnung des Magritte-Museums
1958
wird für die
Internationale Weltausstellung auf dem Messegelände Heysel das Atomium gebaut.
1960 Die belgische Kolonie Kongo wird unabhängig
1967
Verlegung des
NATO-Hauptquartiers nach Brüssel
1988
Föderalisierung und
Regionalisierung Belgiens mit Schaffung dreier Regionen, u.a. des Großraums Brüssel.
1993
Am 31. Juli stirbt
König Baudouin I. Am 9. August wird sein Bruder Albert II. als neuer Monarch vereidigt.
1994
markiert die
Unterschrift von König Albert II. unter die neue Verfassung des belgischen Königsreichs
den vorläufigen Abschluss der in den 1970er Jahren begonnenen
Staatsreformen.
1995
Nach zahlreichen
Schmiergeldaffären tritt der Nato-Generalsekretär Willy Claes von seinem Posten zurück.
1996
Die Nation wird durch
das Verschwinden und die Ermorderung von Kindern durch den Sexualstraftäter Marc Dutroux
schockiert. Am 20.10. beteiligen sich Hundertausende am "Weißen Marsch" von
Brüssel. Gleichzeitig ehrte die belgische Hauptstadt in einer umfassenden
Ausstellung im von Victor Horta entworfenen Palais des Beaux-Arts das Schaffen diesen
wohl bedeutendsten belgischen Architekten.
1997
Im Zuge der Affäre
Duxtroux formiert sich wachsender Protest von unten, der sich gegen die politische Kaste richtete.
Landesweit entstehen »Weiße Komitees« als Basisorganisation des Bürgerwillens nach
veränderter politischerKultur. Nach der Entdeckung einer weiteren Kinderleiche
am 5.3. wird der Ruf nach parlamentarischer Aufklärung
immer lauter. Untersuchungskommissionen zur Rolle der Justiz und Polizeit im Falle
Duxtroux werden ebenso eingesetzt wie zum Mord am
Lütticher Sozialistenführer André Cools und den Machenschaften und Morden der sogenannten »Bande von Nivelles«. Im November werden zahlreiche
Leichen in einem Haus in Molenbeek entdeckt. Es gehört
dem ungarischen Pastor Andras Pandy, der wie auch seine Tochter Agnes, zahlreiche Familienangehörige ermordet und im Haus verscharrt hatte.
In diesem Jahr der Skandale organisieren die Musées Royeaux des Beaux-Arts de Belgique (Musée d'Art Ancien und Musée d'Art Moderne) eine umfassende Werkschau der Arbeiten des 1994 gestorbenen belgischen Surrealisten Paul Delvaux.
1998
Im Januar erfolgt die
Gründung der »Partei für neue Politik« durch den Vater eines der Opfer der sogenanten Duxtroux-Bande.Wenn
auch die Parlamentsdebatte über die Ergebnisse des Duxtroux-Ausschusses keine Beweise für
den Schutz von Duxtroux durch Justiz, Polizei und Politik erbringen, so erfolgt doch ein
vernichtendes Urteil über das Rechtssystem des Landes. Versprochene Reformen von Justiz
und Polizei werden nur halbherzig in die Wege geleitet. Stimmen für die
staatliche Auflösung werden immer lauter. Ein Rücktritt der Regierung Dehaene wird
jedoch durch den Premierminister ausgeschlossen.
Nahezu unbeeindruckt von dem Zerfall der politischen Kultur erlebt Brüssel in den im Musées Royeaux des Beaux-Arts de Belgique die umfangreichste Retrospektive zum künstlerischen Schaffen des Surrealisten René Magritte. (6. März bis 28. Juni)
Im September begann der Agusta-Dassault-Prozeß, der sich
mit Korruptionsvorwürfen gegen drei ehemalige Minister, so den ehemaligen
Wirtschaftsminister und Ex-Natogeneralsekretär, Willy Claes, und weitere acht Angeklagte
beschäftigt. Der Prozess findet im belgischen Kassationshof - Palais de Justice - statt.
2000
Brüssel ist eine der neun Europäischen Kulturhauptstädte
2003
Brüssel feiert das Jacques-Brel-Jahr aus Anlass des 25. Todestages des großen belgischen Chansonniers
2008/9
Spannungen zwischen den Regionen führen zu einer lang anhaltenden Regierungskrise. Der Ruf nach einer Konförderation statt einer Föderation wird erneut laut. Im Juni 2009 wird nach jahrelangen Verzögerung das Magritte-Museum am Brüsseler Place Royale eröffnet