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Vom Alten Botanischen Garten zum Königspalast

Kunst in der U-Bahn und auf öffentlichen Plätzen begleitet den Flaneur, der vom Jardin Botanique zum Amtssitz des Königs, dem Palais Royal, unterwegs ist. Die einen sehen im belgischen König nichts weiter als einen blaublütigen Frühstücksdirektor. Andere verehren ihn als den einzigen Belgier im Lande, in dem viele allzu stolz ihre kulturelle Eigenständigkeit als Wallonen und Flamen herausstellen. Nur selten zeigt sich der König in der Öffentlichkeit Brüssels. Seinen repräsentativen Amtsgeschäften geht er werktäglich außer in den Sommermonaten im Palais Royal nach. In den Sommermonaten wird der rote Teppich für das Volk ausgerollt. Dann und nur dann kann man dem Königspalast als Normalsterblicher einen Besuch abstatten. Der mit zahlreichen Skulpturen griechischer und römischer Gottheiten geschmückte Parc du Bruxelles trennt den Königspalast vom Palais de la Nation, dem Zentrum der demokratisch gewählten politischen Macht. In Verehrung des ersten belgischen Königs Léopold I. ist die Colonne du Congrès mit dessen Standbild bekrönt. In das Reich der Märchen gehört, dass er bei fahlem Mondenschein von dort hinabsteige, um sich unter das gemeine Volk zu mischen.

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Vor der Orangerie des alten Botanischen Gartens

An der Rue Royale, die in ihrem Verlauf nach Süden zur Place Royale und zum Palais Royal führt, beginnt der Bummel zu „Klassizismus, Kunst und Königen“. Versunken liegt neben der "Königsstraße" der als französische Gartenanlage konzipierte Jardin Botanique, der alte Botanische Garten, mit der nun als Kulturzentrum der französischsprachigen Gemeinschaft genutzten gläsernen Orangerie (1826-29). Grüne Patina überzieht die von Constantin Meunier aus Bronze geschaffenen Skulpturen eines säenden Bauern und einer herben Schönheit. Gebückt von der Last des Holzbündels scheint ein alter Mann zum Springbrunnen hinabzuschreiten, während sich ein Landmann den Schweiß von der Stirn wischt und zur Cité Administrative hinüberschaut.

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Was blüht den da im Alten Botanischen Garten?

Steigt man in die Unterwelt der Metro hinab, so scheint es, als warten auf der Station Jardin Botanique "Les Voyageurs" darauf, in die einfahrende U-Bahn einzusteigen. Pierre Caille schuf mit seinen bunten, in ihren Bewegungen verharrenden Figuren gleichsam das Ebenbild der in den U-Bahn-Schacht morgens verschlafen Hinabeilenden, die abends müde wieder ans Tageslicht kommen. Durch einen Fußgängertunnel unter dem Altstadtring geht es zum Ausgang an der Cité Administrative, wo die Staatsfinanzen verwaltet werden. Ein zugiger Wind fegt über den mit Springbrunnen und Wasserbassins aufgelockerten Vorplatz der "Verwaltungsstadt". Bei Sonnenschein sitzen einige Staatsdiener auf den von Forsythien umstandenen Parkbänken und blättern in "De Morgen" und "Le Soir", andere nehmen ein kurzes Sonnenbad. Nahebei erinnert die Colonne du Congrès an Léopold I., den ersten belgischen König, zu dessen Lebzeiten sie 1859 errichtet wurde. Entworfen hat diese Kongresssäule mit dem vier Meter hohen Standbild von Léopold I. der geistig umnachtet verstorbene Architekt Joseph Poelaert. Das Denkmal, dessen vier Frauenfiguren die Pressefreiheit, die Religionsfreiheit, die Vereinsfreiheit und die Freiheit der Lehre symbolisieren, wurde aus Anlass des 20.Jahrestages der belgischen Verfassung errichtet. Steinerne Löwen bewachen zu Füßen der Kongresssäule die "Ewige Flamme" am "Grabmal des unbekannten Soldaten".

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Tim und Kapitän Haddock findet man nicht nur im
Comicmuseum, sondern auch an einer Brandmauer unweit von
Manneken Pis

Wer geniale Strichmännchen und witzige Sprechblasen liebt, sich für die verwegenen Abenteuer von Tim und seinem struwweligen Hündchen Struppi ("Tintin" und "Milou") in Sydney begeistert oder mit dem einsamen und ehrbaren Cowboy Lucky Luke die vier Daltons zur Strecke bringen möchte, lenkt seine Schritte in die nahe Rue des Sables, um in den jugendstiligen Magasins Waucquez das Comic-Museum, das Centre Belge de la Bande dessinée, zu besuchen. In abgedunkelten Vitrinen werden hin und wieder Originale aus einer Sammlung von mehr als 2000 Comicstrips wie wertvolle Radierungen von Rembrandt präsentiert. Um diese und andere Bildergeschichten zu sehen, die belgische Zeichner wie Franquin, Morris, Bob de Moor, Willy Vandersteen und Hergé sich ausgedacht haben, kommen jährlich Hunderttausende in die ehemalige Textilgroßhandlung Waucquez, die 1903 nach Ideen von Victor Horta erbaut wurde. Nach der Geschäftsaufgabe 1970 stand das Gebäude jahrelang leer. 1975 wurde es unter Denkmalschutz gestellt. Schwer genug war dies, denn in jene Zeit wurden ungezählte Brüsseler Bürgerhäuser des 17., 18. und 19. Jahrhunderts Opfer der Spitzhacke. Mangelnder Unterhalt fügte dem Jugendstilbau der Magasins Waucquez in der Folgezeit erheblichen Schaden zu. 1983 erreichten engagierte Bürger, darunter der Architekt Jean Delhaye, ein Mitarbeiter von Victor Horta, dass mit staatlichen Mitteln ein Museum für Comics entstand. Nach umfangreichen Restaurierungs- und Bauarbeiten in der ehemaligen Textilgroßhandlung öffnete der Comic-Palast 1989 seine Pforten. Seither können große und kleine Comicfans die niedlichen Schlümpfe besuchen, mit Tim und Struppi das "Geheimnis der blauen Lotus" lösen, im südamerikanischen Dschungel nach dem schwarzgelbgetüpfelten Marsupilami Ausschau halten und im Büro des chaotischen Gaston nachschauen, welche Unordnung er nun schon wieder angerichtet hat.

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Blick ins Comicmuseum

Empfehlenswert ist auch ein Abstecher zu einem eleganten Herrenhaus des im späten 19. Jh. einflussreichen Kunstförderers Henri Van Cutsem. Hier öffnet heute das Musée Charlier seine Pforten. In diesem neoklassizistischen Bau, durch Victor Horta im Sinne der Art nouveau mit gläsernem Flachdach über dem Salle de Réception und raumteilenden, lichtdurchlässigen Vitrinen umgestaltet, lebte und arbeitete der Bildhauer Guillaume Charlier (1854-1925), nachdem er das Herrenhaus on 1904 von Van Cutsem geerbt hatte. Charliers reiche Kunstsammlung mit eigenen plastischen Werken beispielsweise die aus weißem Marmor gearbeitete "Alte Frau von Blankenberge" macht den Reiz dieses Museums aus. Teil eines Interieurs aus dem letzten Jahrhundert ist die impressionistische "Winterlandschaft" von Louis Crepin (1828-1887) und Emile Wauters (1846-1933) lichtes Landschaftsgemälde "Die Aalfischer von Genk". Sehenswert sind "Das Croquetspiel" des Fauvisten Jehan Frison (1882-1961) und das von Auguste Oleffe (1867-1931) stammende Gemälde "Juli in Nieuwpoort". Ganz in der Nähe des Museums findet man unter dem Pflaster der Avenue des Arts moderne Kunst der 1980er Jahre. Auf dem Bahnsteig der Metrostation Arts-Loi verschmelzen im weiß-schwarzen Relief "Isjtar" von Gilbert De Cock Kreise und Vierecke. Für den Künstler ist dies seine Interpretation von Tag und Nacht, Feuer und Wasser, männlich und weiblich.


Männlich und weiblich aus der Sicht des Künstlers Gilbert de Cock

Nach diesem Kunstgenuss lenken wir unsere Schritte zum Théâtre du Parc, das seit 1762 am Rande des Brüsseler Parks die hohe Kunst des Schauspiels pflegt. Gegenüber steht der 1738 im Stil Louis XVI. erbaute Palais de la Nation, in dem zunächst der "Conseil de Brabant" tagte, ehe der habsburgische Kaiser Joseph II. den "Rat von Brabant" im Jahr 1789 auflöste. Nach zwei Bränden in den Jahren 1820 und 1883 wurde das Palais stilgerecht wiederaufgebaut. Tilman-Francois Suys schuf zwischen 1846 und 1849 die luxuriöse Innenausstattung, zu der zahlreiche Porträts des Historienmalers Louis Gallait (1810-1887) zählen. Heute versammeln sich hier die Abgeordneten des belgischen Parlaments und des Senats zu ihren Lesungen und Debatten. Der gegenüberliegende, neoklassizistische Parc du Bruxelles, der von verbissen trainierenden Joggern ebenso gerne aufgesucht wird wie von Ruhe suchenden Spaziergängern, bildet eine grüne Brücke zum Königlichen Palast. Zwischen 1774 und 1776 entwarfen Barnabé Guimard und der königliche Gartenbaumeister Joachim Zinner diese Parkanlage. Zwei von Buchen und Ulmen gesäumte Alleen kreuzen diagonal die mit Linden bestandene Zentralallee. Versteinert wartet "Diana" im Schatten auf ihr Jagdglück, gibt sich "Venus" ganz versunken ihrer morgendlichen Verschönerung hin. Gleichfalls im Park zu finden ist das von Jean-Michel Folon entworfene Denkmal für die verschwundenen Kinder.

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Putten unter dem Laubdach des Parc de Bruxelles

Umgeben von den neoklassizistischen Tempeln der Bildenden Kunst auf dem Kunstberg und dem Parc du Bruxelles ist der Königliche Palast, der während der Sommerpause des Parlaments zwischen Juli und September verwaist, wenn auch der König von seinen Amtsgeschäften ausspannt. Die repräsentativen Räume stehen dann denen offen, die sich nicht allein mit dem Schauspiel der täglichen Wachablösung zufriedengeben. Ursprünglich war das königliche Schloss eine eher bescheidene Residenz, die sich im Zuge der Umbauten nach Entwürfen von Alphonse Balat und Henri Maquet zwischen 1904 und 1909 zu einem prunkvollen Palast mit einem pompösen Säulengiebel wandelte. Ohne König Leopold II. und dessen Einnahmen aus der Rohstoffausbeutung des Kongo wäre ein solcher Umbau jedoch nicht zu finanzieren gewesen.

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Garten und Ensemble des Königspalastes

Nebenan befindet sich das Musée Belvue. Es widmet sich der belgischen Geschichte mit dem Schwergewicht auf der Geschichte des belgischen Königshauses. Schräg gegenüber befindet sich nicht nur einer der Eingänge des von Victor Horta entworfenen Palastes der Schönen Künste (Bozar), sondern auch das ehemalige Herrenhaus Errera. Der Palast der Schönen Künste, in dem sehenswerte Wechselausstellungen aus allen Bereichen der Kunst stattfinden, ist das letzte nennenswerte Werk des brillanten Architekten Horta und entstand zwischen 1919 und 1938. Nichts ist mehr von der schwungvollen Hortalinie zu sehen. Die Geometrie hat die Anleihen an Flora und Fauna aus der Baukunst verdrängt. Betonstrukturen statt Eisen und Stahl sind das Gebot der Stunde, als Horta von seinem USA-Aufenthalt nach Brüssel zurückkehrte. In unmittelbarer Nachbarschaft steht das Herrenhaus Errera, das heute von der flämischen Regionalregierung für repräsentative Zwecke genutzt wird. Wie auch bei anderen Bauwerken am Königplatz und am Park von Brüssel war Barnabé Guimard für den Entwurf dieses Herrenhauses verantwortlich, das in der 2.Hälfte des 18. Jahrhunderts errichtet wurde.

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Barock, Klassizismus und Neoklassizismus vereint in der Kirche
des hl. Jacob auf dem Koudenberg

Zu den weiteren markanten Bauwerken an der Place Royale gehört sicherlich die Kirche des hl. Jakob auf dem Koudenberg, ein klassizistischer Bau mit imposanter Kassettendecke. Nicht zu übersehen ist die barocke Kuppel über dem ursprünglich einschiffigen Gotteshaus. Erst in den 1840er Jahren wurde zwei Seitenschiffe zugefügt. Werfen wir noch einen Blick auf ein weiteres Kaufhaus im Stil der Art nouveau: In der Straße Hofberg erhebt sich eine filigrane Baustruktur, in der heute das Musikinstrumentenmuseum (MIM) seinen Platz gefunden hat. 1899 entstand an dieser Stelle das Warenhaus Old England als Skelettbau aus Glas und Eisen, ein transparent wirkender Baukörper, der sich deutlich gegen den strengen Klassizismus und Neoklassizismus in der Umgebung abhebt. (fdp)

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Hier versteht man sich auf harmonische Klänge:
Das Musikinstrumentenmuseum im ehemaligen
Warenhaus Old England

Weitere Informationen

Botanique
http://www.botanique.be/ (in Französisch oder Niederländisch)

Musée Charlie
http://www.charliermuseum.be/nl/ (in Niederländisch)

Bozar
http://www.bozar.be/home.php?lng=en (in Englisch)

Königsplast
http://www.monarchie.be/de/index.php (in Deutsch)

Musée Belvue
http://www.belvue.be/home.php?la=du (iun Deutsch)

MIM
http://www.mim.be/home_nl.htm (in Niederländisch)

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