Hellenistisches Zypern
Im Archäologischen Museum des Barnabas-Klosters: Fundstücke aus der Hellenistischen Periode (150 - 50 v. CHr.)
Der
unerwartete Tod Alexander des Großen (323 v Chr.) bedeutete
für alle Teile seines verwaisten Riesenreichs, Zypern eingeschlossen,
den Anbruch einer chaotischen Zeit. Nahezu dreißig Jahre tobten
gewaltsame Auseinandersetzungen (die berüchtigten "Diadochenkämpfe")
um das Erbe des großen Makedonen. Darin verstrickt waren Alexanders
erfolgreiche Heerführer, die anfangs noch den Erhalt der Reichseinheit
anstrebten, doch spätestens 311 war dieses Vorhaben schon Makulatur.
Keiner war bereit, ein machtpolitisches Übergewicht des anderen
zu tolerieren, jeder war darauf bedacht, einen möglichst einträglichen
Teil des Reiches an sich zu reißen.
Am Ende des Erbstreits zeichnete sich eine Dreiteilung ab: Ptolemaios
sicherte sich Ägypten mit Z y p e r n, der Cyrenaika, Palästina
und der Südküste Kleinasiens, Seleukos übernahm Syrien,
Mesopotamien und die mittelasiatischen Besitzungen und Demetrios, der
Sohn des Antigonos, machte sich zum Herrscher über Griechenland
und Makedonien. Die Gründer der drei neuen Großmächte
nahmen den Königstitel an.
Das Reich des Ptolemaios entwickelte sich binnen weniger Jahre zur stärksten Seemacht im östlichen Mittelmeer. Seine neue Hauptstadt Alexandria stieg zu einem imponierenden Machtzentrum, zu einem Ort des Handels, blühender Industrien und Wissenschaften auf, der alle Metropolen seiner Zeit überstrahlte.
Unter ptolemäischer Krone
Zypern, seit 294 v. Chr. auf den Status einer bloßen Provinz des Ptolemäischen Reiches zurückgefallen, erlebte einschneidende Veränderungen. Seine lokalen Herrscher, die über Jahrhunderte als "Stadtkönige", wenn auch zumeist als Vasallen einer Großmacht, das Geschehen auf der Insel bestimmen konnten, waren von der Bildfläche verschwunden. Nicht freiwillig - Ptolemaios I. ließ sie ausschalten. An ihre Stelle traten königliche Funktionäre - der eingespielte Verwaltungsapparat einer zentralistisch ausgerichteten absoluten Monarchie sowie bürgerliche Magistrate als relativ einflusslose Organe lokaler Selbstverwaltung.
Im Archäologischen Museum des Barnabas-Klosters: Fundstücke aus der Hellenistischen Periode (150 - 50 v. CHr.)
Dank seiner Ressourcen war Zypern anderen Provinzen um Längen voraus.
Es exportierte große Mengen Wein und Getreide, die Nachfrage nach
Kupfer hielt unverändert an und ohne die Wälder des Troodos-Gebirges
hätte der unersättliche Holzbedarf für den Flottenbau
des Herrschers nicht gedeckt werden können.
Zyperns Exportüberschüsse und seine Lage im Schnittpunkt lukrativer
Handelsrouten brachten der Insel Wohlstand. Der anhaltende Bauboom veränderte
das Bild der Städte und den Lebensstil ihrer Bewohner. Aquädukte
entstanden, Gymnasien, Theater, Bäder, aufwendige Sakralbauten.
Zypern war in der glücklichen Lage, den Aufstieg einer hellenistischen Weltkultur mitzuerleben, die sich in der Zeit nach Alexanders waghalsigen
Expeditionen entfaltete, als der Orient den Griechen offen stand, sie
hier ihr ganzes kulturelles Gewicht, ihre Staatskunst, ihr Fachwissen
verankerten. Von der Ägäis bis zum Ganges, von Armenien bis
tief in den Sudan sahen sich die Völker über Staatsgrenzen
hinweg unter einer hellenisch geprägten, mit orientalischen Akzenten
verschmolzenen Kultur vereint.
Nicht anders in Zypern. Griechische Kultur und Sprache eroberten jeden
Winkel der Insel. Selbst unter der phönikischen und eteokyprischen
Bevölkerung fand die fortschreitende Hellenisierung wachsende Zustimmung.
Die hellenistische Staatenwelt freilich war alles andere als eine Union gleichgesinnter Mächte. Rivalitäten bestanden fort, das hellenistische Gebäude bekam Risse. Überdies brach in Ägypten innenpolitischer Streit aus, der den Ptolemäerstaat schwächte und das übermächtige Rom auf den Plan rief. Unter seinem Druck verlor die Staatsführung in Alexandria die Kontrolle über Zypern, das im Jahre 58 v. Chr. von den Römern annektiert wurde.