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Reiseführer Nordzypern

Artischockenböden in Olivenöl

Artischocke

Für diesen leicht nachzukochenden Klassiker der türkischen Küche benötigen wir

4 nicht zu kleine Artischocken
2 mittelgroße Kartoffeln (in Würfeln)
2 mittelgroße Möhren (in Scheiben)
1 Zwiebel (kleingehackt)
den Saft von zwei Zitronen
1 TL Salz
eine Prise Zucker
1 EL Mehl
1 Tasse Olivenöl
Petersilie (fein gehackt)
Schwarzen Pfeffer
1 ½ l Wasser

In einer großen Schüssel mischen wir das Wasser, die Hälfte des Zitronensafts, das Mehl und etwas Salz, füllen dann die Karotten, Kartoffeln und die Zwiebel dazu, schließlich die von ihren Blütenblättern und dem inneren Flaum, dem sog. „Heu“, befreiten Artischockenböden. Dabei lassen wir vom geschälten Stiel etwa 2 cm stehen. Alle Schnittflächen müssen sofort mit einer halbierten Zitrone abgerieben werden, damit es zu keinen Verfärbungen kommt. Man lässt die Mischung etwa eine halbe Stunde ruhen.

Danach wird das Gemüse in einen Topf mit großem Boden gegeben und die Artischocken dazwischen gebettet. Nun folgen die weiteren Zutaten wie Öl, Zucker und Pfeffer und von der Wasser-Mehl-Zitronenmischung so viel, bis das Gemüse bedeckt ist. Zum Schluß werden noch der Rest des Zitronensafts und das verbliebene Salz darüber gegeben. Bei geschlossenem Topf und nur leichter Hitze simmert nun das Gemüse vielleicht 40 bis 50 Minuten. Man sollte hin und wieder testen, ob der Inhalt schon über den gewünschten „Biß“ verfügt.

Das Gemüse lässt man in seinem Sud erkalten, verteilt es dann auf einzelne Teller oder auf eine große Platte, die Artischocke(n) immer in der Mitte. Noch einige Tropfen eines guten Olivenöls darüber sprenkeln und großzügig mit Petersilie garnieren und die Schlemmerei kann beginnen.

Artischockenfeld Nordzypern

Artischockenfeld im Osten der Insel

Rezept-Variationen

Das oben vorgestellte „Zeytinyağli Enginar“ (aber ohne seine Gemüsezutaten!) hat unter den Gourmets der Türkei und der nahöstlichen Nachbarländer den Ruf, die schönste Art des Artischockengenusses zu sein, versteht es doch das subtile Aroma der Artischocke wie kein anderes Rezept freizusetzen. Diese puristische Variante lässt nur die Böden, Wasser, Zitrone, Öl und Salz zu und als einziges Zugeständnis etwas gehackten Dill, der über die nackten Artischockenböden gestreut wird.

Wer es etwas opulenter mag, wird in türkischen Landen, in Ägypten und in der Levante schnell fündig. Beliebt sind dort mit Hackfleisch und Pinienkernen gefüllte Böden, die in einer zitronigen Eiersauce serviert werden („Enginar Oturtmasi“) oder man nimmt die fleischigen Bodenteile der Giganten unter den Artischocken, der türkischen Bayrampaşa-Sorte, und dünstet sie mit Perlzwiebeln und Dicken Bohnen („Baklali Enginar“). Ein ägyptisches Fleischbällchenrezept empfiehlt, gekochte und pürierte Böden mit Hackfleisch zu mischen, kräftig zu würzen und in Öl zu backen.

Selbst die Hüllblätter, die man unter mediterranen Gourmets keines Blickes würdigt, lässt man hierzulande nicht verkommen, enthalten sie doch in der Verdickung am unteren Ende noch etwas Fleisch. Man zupft sie nach dem Kochen ab, tunkt sie in eine Vinaigrette oder einen Dip, um dann den mit Fruchtfleisch gefüllten Teil „mit den Zähnen abzustreifen“ oder wie es an anderer Stelle heißt: man „zutschelt“ bzw. „zutzelt das Fleisch mit den Zähnen heraus“. Wer sich derartigen Verrenkungen nicht hingeben mag, sollte einen Blick in die italienische Küche werfen, einer Hochburg der Artischockenzubereitung. Rom und Latium locken mit „carciofi con i piselli“, gedünsteten Böden mit gehacktem Schinken, Zwiebeln und Erbsen, mit „carciofi alla giudea“ (A. auf jüdische Art): gekochte, flachgedrückte und in Olivenöl knusprig gebratene kleine Artischocken gehören dazu, die mit Zitrone, Salz und Pfeffer abgeschmeckt werden. In den Abruzzen sind mit Thunfisch, Sardellen und Kapern gefüllte Artischocken die Favoriten und in Kampanien ist es eine Füllung mit Hackfleisch, Pilzen und Käse („carciofo ripieno“ = gefüllte Artischocke).

Eine Distel, die man essen kann

Artischocke

Objekt der Begierde von Feinschmeckern in Italien, Frankreich und zunehmend auch bei uns sind keine Früchte, sondern die Blütenstände der Pflanze. Das können ovale, relativ kleine Blütenköpfe mit violetten, spitz zulaufenden Blättern sein oder größere kugelförmige mit grünen, dachziegelartig übereinander liegenden Hüllblättern. Die Blütenköpfe ähneln ein wenig pummeligen Kiefernzapfen. Sie müssen geerntet werden, bevor sie sich zu dekorativen hellvioletten Blüten entfalten, weil dann der Blütenboden, der fleischige, wertvollste Teil der Pflanze, ungenießbar wird.

Artischocken sind ein teures Gemüse, denn der eßbare Anteil des Blütenkopfs liegt bei vielleicht 20 %. Aber dieses Wenige ist eine große Delikatesse, deren Geschmack als feinherb und zartbitter, an Sellerie mit Haselnüssen erinnernd, beschrieben werden kann.

Zu den Inhaltsstoffen der Artischocke zählt das Kohlenhydrat Inulin, das beim Kochen zu Fruchtzucker wird und – wichtig für Diabetiker – ohne das Hormon Insulin abgebaut wird. Sie enthält auch den Bitterstoff „Cynarin“, der dem Aperitif und Digestif „Cynar“ zu seinem Namen verhalf. Seit Menschengedenken kennen Mediziner die wohltuende Wirkung der Artischockenblätter und –wurzeln auf Leber, Galle, Magen. Die drei in Nordzypern auftretenden Arten, die kultivierte „Cynara scolymus“ und die beiden kleinwüchsigen Wildarten „Cynara cardunculus“ bzw. „Cynara cornigera“, lassen sich für medizinische Zwecke verwenden – in Form einer Tinktur, als frischer Saft oder Extrakt und in getrockneter, pulverisierter Form. Das Anwendungsgebiet umfaßt ein so breites Spektrum, dass hier nur eine Auswahl genannt werden kann: Stärkung der Leberfunktionen, Stimulierung des Galleflusses, Bekämpfung von Nierensteinen, Unterstützung der Verdauung, Neutralisierung von Giften, Reinigung der Arterien, Senkung des Cholesterin-Spiegels etc.

Artischocke

„Geliebte Distelfrüchte“

Schon der antike Arzt Galen (Claudius Galenus) aus Pergamon schrieb im zweiten nachchristlichen Jahrhundert über den Einsatz der Artischocke in der zeitgenössischen Medizin. Populärer war freilich ihre Verwendung in den Küchen der Reichen und Mächtigen, worüber sich auch Plinius in seinem enzyklopädischen Sammelwerk „Naturalis historia“ ausließ. Von einem Luxusgemüse ist dort die Rede, das nur dem Adel und den Wohlhabenden vorbehalten sei, nicht zuletzt deshalb, weil es aus Spanien und Karthago eingeführt werden müsse. Sein Zeitgenosse Marcus Gavius Apicius erdachte schon leckere Artischockenrezepte.

Im Mittelalter geriet die Delikatesse etwas in den Hintergrund, um in Italien in der Zeit der Renaissance wieder hoch gehandelt zu werden. Aus dem 16. Jahrhundert ist die hübsche Geschichte von der gefeierten Catarina von Medici überliefert, die zu ihrer Hochzeit mit Henri II. von Frankreich ihr liebstes Gemüse, eben die Artischocke, in ihre neue Heimat mitnahm und so deren Höhenflug in der französischen „haute cuisine“ begründete. Nicht in Frankreich, sondern dort, wo die Zitronen blühen, lernte Johann Wolfgang von Goethe die „geliebten Distelfrüchte“ schätzen. Seinen kulinarischen Begegnungen mit den Stachelmützenliebchen in den Trattorias von Rom widmete er sogar einen Vierzeiler:

Ein Liebchen ist der Zeitvertreib,
auf den ich mich jetzt spitze.
Sie hat einen gar so schlanken Leib
Und trägt eine Stachelmütze

 


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