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Reiseführer Bremen

Vom Hauptbahnhof nach Vegesack

Ein Fahrradausflug in den Norden Bremens

Wenn man manche Bremer über die nördlich, flussabwärts gelegenen Stadtteile der Hansestadt reden hört, könnte man als Auswärtiger auf den Gedanken kommen, es handele sich bei Bremen-Nord um eine eigenständige Stadt, die nur zufällig den gleichen Namen trägt. Und ein Blick auf die Landkarte zeigt, dass der Fluss Lesum tatsächlich wie eine Grenze zwischen den nördlichen und den südlichen Stadtteilen erscheint - aber eben nur erscheint. Burglesum und die Stadtteile die sich angrenzend am rechten Ufer der Lesum bis hin zur Weser aufreihen, gehören nachwievor zur Stadt Bremen.

Außer dem schön angelegten 65 Hektar großen, nach dem 1894 gestorbenen Bremer Kaufmann Ludwig Knoop benannte, Knoops Park in Burglesum und Schloss Schönebeck in Schönebeck, einem im 17. Jahrhundert errichteten Wasserschloss, in dem heute ein Heimatmuseum untergebracht ist, ist für Bremenbesucher Vegesack sicherlich der interessanteste Ortsteil im Norden. Wer allerdings im August auf Bremenbesuch ist, dem möchte ich mit dem „Sommer in Lesmona“ eine seit 1995 stattfindende dreitägige Klassik-Veranstaltung unter freiem Himmel in Knoops Park, empfehlen, die einen Besuch des Parks noch einmal besonders lohnenswert macht. Dies als Tipp nebenbei. Am schnellsten gelangt man mit dem Auto über die A27 Richtung Bremerhaven und mit dem Nahverkehrszug der DB nach Bremen-Nord, aber manchmal ist der kürzeste nicht der beste Weg. Mit dem Fahrrad dauert die etwa 25 Kilometer lange Tour nach Vegesack zwar deutlich länger, ist wirklich lohnenswert.

Bremen - Torfkähne im Torfkanalhafen in Findorff
Torfkähne im Torfkanalhafen in Findorff

Los geht’s vom Bremer Hauptbahnhof durch Findorff immer am Torfkanal entlang. Der am Rande des Bürgerparks und des Stadtwaldes verlaufende Kanal wurde zwischen 1817 und 1826 angelegt, um Torf aus dem niedersächsischen Teufelsmoor auf Torfkähnen nach Bremen zu bringen. Heute kann man Ausflugsfahrten auf den charakteristischen schwarzen Holzbooten buchen. Folgt man dem Torfkanal und hält sich links, radelt man vorbei an Uniseee und Tierheim auf der Blocklander Hemmstraße direkt ins Blockland.

Bremen - Unterwegs im Blockland
Unterwegs im Blockland

Das Blockland ist eine rund 2900 Hektar große überwiegend durch Wiesen geprägte Landschaft. Auf dem trockengelegten Moor und Marschboden weiden vor allem Kühe und Pferde. Ein Blick über die weiten Flächen lässt erahnen, wie der Name Blockland entstanden ist. Die im Mittelalter im Rahmen der Kultivierung des Landes gezogenen zahlreichen Entwässerungsgräben teilten die Fläche in Blöcke, der Name Blockland ist also wörtlich zu nehmen. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts wurden weite Teile der Landschaft regelmäßig durch die über die Ufer tretende Wümme überschwemmt, sodass eine Besiedlung schwierig war. Im Mittelalter mussten sogar einige Dörfer ganz aufgegeben werden, weil der Wasserstand des Flusses stark angestiegen war. Eine effektivere Entwässerung und eine Erhöhung der Deiche ab Mitte des 19. Jahrhunderts machte den Überflutungen schließlich ein Ende, dennoch ist das Blockland bis heute nur spärlich besiedelt. Seit 1991 steht das Außendeichgelände der Wümme sogar unter Naturschutz. Da sich der Autoverkehr weitgehend auf die Anlieger beschränkt, lässt sich auf der asphaltieren Straße entlang der Kleinen Wümme entspannt radeln.

Bremen - Dammsiel - Blick in die Schleusenkammer und die dahinterliegende Wümme
Blick in die Schleusenkammer und die dahinterliegende Wümme

Bei Dammsiel trifft die Kleine Wümme auf die Wümme. Eine Schleuse trennt seit 1896 die beiden Gewässer. Der heutige Bau ist mit 41 Metern Länge und 6 Metern Breite die größte Schleuse im Wümmedeich. Vor allem in den Sommermonaten ist das benachbarte Lokal Dammsiel ein beliebter Ort für eine kurze Rast unter freiem Himmel und eine Stärkung. Wenn man Glück hat, kann man nebenbei auch bei der Schleusung von Freizeit- oder Sportbooten zusehen.

Bremen - Altes Bauernhaus aus dem Jahre 1878
Altes Bauernhaus am Deich aus dem Jahr 1878

Weiter geht es auf dem Wümmedeich, vorbei an zum Teil alten reetgedeckten Bauernhäusern, Richtung Wasserhorst. Vorbei kommt man auch am Wasserhorster Siel. Hier wurde zwischen 1862 und 1864 das erste große dampfgetriebene Schöpfwerk errichtet. Der Bau der Blocklander Entwässerungsanstalt leitete 120 Jahre lang Wassermassen aus dem Blockland in die Lesum. Ein Gebäudeteil sowie einige ausgediente Maschinenteile, z.B. ein 'Herausziehbares Laufzeug einer vertikal angeordneten Rohrgehäuse-Schöpfwerkspumpe' aus dem Jahr 1964 dienen hier am Deich als kleines Industriedenkmal.

Bremen - Wasserhorst - Herausziehbares Laufzeug einer vertikal angeordneten Rohrgehäuse-Schöpfwerkspumpe
Herausziehbares Laufzeug einer vertikal angeordneten
Rohrgehäuse-Schöpfwerkspumpe

In Wasserhorst rattert das Rad über das Kopfsteinplaster. Bei dem alten Kirchdorf des Blocklandes fließen die beiden Flüsse Wümme und Hamme zusammen, was mitunter zu einem stark steigenden Wasserspiegel führt und dem Dorf in Verbindung mit seinem sechs Meter hohen Schutz bietenden Hügel zu seinem Namen verholfen hat. Auf dem Hügel erhebt sich eine alte evangelische barocke Pfarrkirche, die sich im Inneren seit der Erneuerung im Jahre 1743 nur unwesentlich verändert hat.

Bremen - Wasserhorst - Pfarrkirche
Kleine Pfarrkirche in Wasserhorst

Wer sich auch angesichts der umliegenden Grabsteine, deren ältester aus dem 17. Jahrhundert stammt, nicht seiner laufenden Lebensuhr bewusst ist, den mahnt eine Inschrift auf den Zifferblättern der Kirchturmuhr: 'Eine ist deine letzte', steht dort in den vier Ecken geschrieben. Die gegossene Glocke im Turm stammt übrigens aus dem Jahr 1475.

Bremen - Blick auf das Lesumsperrwerk
Blick auf das Lesumsperrwerk

Leicht rollt das Rad dann wieder auf dem asphaltierten Weg auf dem Deich an der Lesum weiter Richtung Vegesack. Bei Grohn geht es schließlich über das Lesum-Sperrwerk über den Fluss, der einige Kilometer weiter in Vegesack in die Weser mündet. Auf der anderen Flussseite ist es vorbei mit dem Radeln im Grünen, die Bebauung nimmt wieder städtische Züge an und bald kommen auch schon die drei Masten des Schulschiff Deutschland in Sicht. Das letzte deutsche Vollschiff liegt ganzjährig in Vegesack, kann besichtigt werden und bietet Platz für Hochzeiten und Übernachtungen.

Bremen - Vegesack - Schulschiff Deutschland
Schulschiff Deutschland

Das Highlight in Vegesack ist ohne Zweifel der Hafenbereich. Der Hafen selbst wurde 1622 künstlich angelegt. Zahlreiche Restaurants bieten mit ihren Tischen und Stühlen im Freien fast direkt am Hafen bzw. an der Weser in den warmen Monaten ein schönes Ambiente für einen leckeren Happen, kühles Pils oder welche kulinarischen Genüsse das Herz auch begehrt. Auf dem Platz davor und dem 350 Jahre alten Havenhaus erheben sich die gewaltigen Unterkiefer eine Blauwals. 7,1 Meter lang, bis zu 1 Meter breit und 1,2 Tonnen schwer waren die Knochen des ehemals 26 Meter großen Tieres, die der Hafenort 1961 von dem norwegischen Reeder Anders Jahre zur Erinnerung an die Walfänger, die von hier mit ihren Seglern Richtung Grönland in See stachen, geschenkt bekam. Die Originale wurden 1987 durch einen Bronzeabguss ersetzt, der allerdings nicht minder eindrucksvoll ist. Aber nicht nur Walfänger machten sich von hier aus auf die Fangreise, denn einst war Vegesack Heimathafen der größten europäischen Heringsfangflotte.

Bremen - Vegesack - Walknochen
Hoch ragen die Unterkieferknochen des Blauwals auf

Selbst wer nicht in einem der Lokale einkehren möchte, findet direkt am Wasser genügend Sitzgelegenheiten für ein Päuschen mit Blick auf die Weser und den Schiffsverkehr, und der ist schon allein durch die stetig verkehrende Autofähre zwischen Vegesack und dem niedersächsischen Lemwerder am gegenüber liegenden Ufer gegeben. Interessant ist mitunter auch ein Blick auf den Kai der in Nachbarschaft des Fähranlegers gelegenen Werft Abeking & Rasmussen, denn je nach Auftragslage liegen hier auch mal Luxusjachten der gehobenen Preisklasse für Kunden aus aller Welt, die das nötige Geld in der Tasche haben, und ziehen die Blicke an.

Bremen - Luxusyacht am Kai von Abeking & Rasmussen
Luxusyacht am Kai von Abeking & Rasmussen

Etwas hinter dem direkten Weseruferbereich mit den senkrecht aufragenden Walknochen, liegt der Hafen Vegesacks. Hier liegen ganzjährig einige kleinere Traditionsschiffe im Hafenbecken. Sitzgelegenheiten auf zwei Seiten laden zum Verweilen ein, vielleicht auch nach einem Einkauf in der Einkaufspassage Haven Höövt, die in direkter Nachbarschaft zum Hafen liegt. Für die Kinderunterhaltung sorgt ein großes Holzschiff zum Klettern auf einem kleinen Spielplatz in ausreichender Entfernung zum Beckenrand. Mehrmals im Jahr, etwa zum Loggerfest an Pfingsten – ein Logger ist ein bestimmter Schiffstyp für den Fisch- und Heringsfang – oder zum jährlichen Vegesacker Hafenfest im Juni steppt rund um den Hafen bei Live-Musik der Bär.

Bremen - Traditionsschiffe im Vegesacker Hafen
Traditionsschiffe im Vegesacker Hafen, im Hintergrund Haven Höövt

Wer nach einem Besuch dieses Teils von Vegesack noch mehr von dem Hafenplatz sehen möchte, der kann noch durch die nahegelegene Fußgängerzone bummeln.

Bremen - Skulturen am Rand des Vegesacker Hafens
Skulturen am Rand des Vegesacker Hafens

Zurück zum Ausgangspunkt der Fahrradtour geht es dann zurück über das Lesum-Sperrwerk auf den Deich. Welcher Pedalritter einige Kilometer mehr nicht scheut, kann auch mit der Fähre übersetzen nach Lemwerder und sich auf der anderen Weserseite aufmachen Richtung Bremer Innenstadt. Die Strecke ist allerdings einige Kilometer länger und führt an der Straße entlang . In Lemwerder findet übrigens alljährlich im August ein wirklich sehenswertes Drachenfest mit viel Tamtam drumherum statt.



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