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Reiseführer Madrid

Calle de Alcalá

ie Calle de Alcalá ist eine fast schon mythische Straße in Madrid. Sie beginnt an der Puerta del Sol als wichtige West-Ost-Verbindungsachse im Zentrum und führt dann mehrere Kilometer nach Westen, bis sie in eine Autobahn übergeht. Wenn man sich das mondäne Aussehen ihres ersten Teils heute anschaut, ist es kaum zu glauben, dass diese Straße in ihren Anfängen (d.h. im Spätmittelalter) als gefährlichste Gegend Madrids galt. Sie war sehr dunkel und unbefestigt, führte zwischen dicht bewachsenen Olivenhainen hindurch und war nicht selten der Ort, an dem Wegelagerer ihren Opfern (meistens auf dem Weg von oder in die Stadt) auflauerten und sie ausraubten. Zur Zeit Philipps II., im späten 16. Jahrhundert, bauten jedoch die ersten Adligen hier ihre Paläste, und dieses Beispiel machte schnell Schule. So wurde die Calle de Alcalá im 17. Jahrhundert zu einer der luxuriösesten Straßen der neuen Hauptstadt, sie avancierte zum Zentrum von Reichtum und Macht – ein Status, den sie bis in das 20. Jahrhundert behalten sollte. Einige der Bauwerke, die ihren ersten Teil flankieren, belegen dies noch heute.

Praktische Tipps: Calle de Alcalá
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  • Real Academia de San Fernando

Alcalá 13, Tel.: 91 524 08 64, Montag bis Freitag 09.00 – 14.30, 16.00-19.00, Metro: Sol, Sevilla.

Im 18. Jahrhundert gegründete Königliche Akademie der Schönen Künste. Heute Museum mit Werken des 16. bis 19. Jahrhunderts und einer bedeutenden Goya-Sammlung als Aushängeschild.


Casa de Aduana (ehemaliges Zollamt, heute Sitz des Wirtschafts- und Finanzministeriums)

Madrid, Casa da la Aduana

Der Königliche Zoll war ursprünglich eine Institution, die über Verzollung, Sicherheit und Weitertransport der Waren wachte, die nach Madrid gebracht wurden. Im 18. Jahrhundert planten die bourbonischen Regenten, diese zuvor auf mehrere Orte verteilten Funktionen in einem zentralen Zollamt zusammenzufassen. Auf der Suche nach einem geeigneten Bauplatz wurde man am Beginn der Calle de Alcalá, in direkter Nähe zur Puerta del Sol fündig. Zu diesem Zweck wurde ein Großteil der hier befindlichen Bauwerke abgerissen, unter ihnen auch die Stallungen der Königinmutter Isabel de Farnese.

Der Bau der Casa de Aduana erfolgte in den Jahren 1761 bis 1769, und damit genau parallel zur Errichtung des nur 100 Meter entfernt gelegenen Postamtes an der Puerta del Sol. Kein Wunder, dass dadurch der zentrale Charakter dieses ohnehin schon wichtigen Platzes hervorgehoben und die angrenzende Calle de Alcalá in politischer und ökonomischer Hinsicht aufgewertet wurde.

Das neue Zollamt war ein äußerst geräumiger Bau mit einem Haupteingang, zwei Seiteneingängen sowie drei Innenhöfen, die genug Raum für das Entladen und Beladen der angelieferten Waren boten. Die Außenfassade beeindruckt durch ihre monumentale Schlichtheit und erinnert damit an die römische Architektur der Antike: gerade Linien und bis auf wenige Skulpturen und Giebel keinerlei äußere Verzierungselemente, dabei Verwendung von Granit und Backstein als typisch kastilische Baumaterialien.

Diese fast schon asketische Schlichtheit ging auf den italienischen Architekten und Militäringenieur Francesco Sabatini zurück. Dieser war im Jahr 1760, ein Jahr nach der Thronbesteigung Karls III., im Gefolge des neuen Königs nach Spanien gekommen. Dabei war Sabatini keineswegs allein, denn Karl III. war vor seiner Ankunft in Madrid Vizekönig des Königreichs Neapel und Sizilien und wollte an seinem neuen Herrschaftsort keinesfalls auf die Dienste seiner italienischen Künstler, Architekten, Musiker etc. verzichten. Natürlich sorgte dies bei den einheimischen Spaniern für gehörigen Groll, änderte aber nichts an der Tatsache, dass in den folgenden Jahrzehnten ein beträchtlicher Teil königlicher Bauaufträge an italienische und französische Künstler ging. In diesem Zusammenhang sahnte Francesco Sabatini regelrecht ab. Zahlreiche Bauwerke gingen in jenen Jahrzehnten auf seine Autorenschaft zurück, so zum Beispiel zwei der Wahrzeichen Madrids: der Königspalast (Palacio Real) und die Puerta de Alcalá.

Real Academia de San Fernando (Königliche Akademie der schönen Künste)

Madrid, Real Academia de San Fernando

Direkt neben dem Königlichen Zollamt befindet sich ein anderes Bauwerk aus der Mitte des 18. Jahrhunderts, das für die Calle de Alcalá wie für ganz Spanien von enormer kultureller Bedeutung war: die Königliche Akademie der schönen Künste, auf Spanisch Real Academia de San Ferrnando. Diese Institution war 1752 unter der Regentschaft Ferdinands VI. (1746 – 1759) gegründet worden, ganz nach dem Vorbild der französischen Akademien. In aufklärerischer Manier hatte diese Institution auch in Spanien die Aufgabe, die Kunst sowie die Künstler in den Disziplinen Malerei, Skulptur und Architektur zu fördern. Natürlich waren an die Aufnahme junger Talente in den erlauchten Kreis der Akademie strenge Bedingungen geknüpft, an denen unter anderem der junge Francisco de Goya zwei Mal scheiterte. Ein weiterer Beweis dafür, dass auch Akademiker sich irren können.

Im Jahre 1773 zog die Akademie von der Plaza Mayor in die Calle de Alcalá um. Ein Barockpalast der Kaufmannsfamilie Goyeneche wurde aus diesem Grund eigens durch Juan de Villanueva in ein klassizistisches Bauwerk umgewandelt, was viel mehr dem an der Antike angelehnten Regelkanon entsprach, den die Akademie seit ihrer Gründung verfolgte. Heute ist sie in allererster Linie ein Museum und erweist in der ständigen Ausstellung einem einst geschmähten Maler Respekt: Goya ist mit gleich 17 Gemälden hier vertreten. Doch außer dem aragonesischen Genie gibt es noch Werke anderer Künstler von Weltrang zu bewundern: Rubens, Murillo, Zurbarán, Tiépolo – um nur einige zu nennen.

Banco Español de Crédito / Palacio de la Equitativa (Spanische Kreditbank)

Dieses enorme Bauwerk befindet sich an der Ecke von Calle de Alcalá und Calle de Sevilla. Der Sitz der spanischen Kreditbank ist dabei nur eine von vielen Banken- und Versicherungszentralen, die im späten 19. Jahrhundert in dieser Gegend aus dem Boden wuchsen. Er entstand im Jahr 1891 parallel zur nahe gelegenen spanischen Nationalbank (Banco de España) auf einem riesigen, dreieckigen Grundstück. Die Ausmaße des Bauwerks sollten dem Sitz der Banco de España in punkto Monumentalität in nichts nachstehen, aber die Gestaltung der Fassade durch José Grasès Riera relativierte die eigentlich riesigen Dimensionen des Gebäudes erfolgreich, wodurch es sich sehr gut in die Umgebung integrierte. Vor allem der Turm an der Ecke nimmt dem monumentalen Gesamtgebilde durch seinen verspielten, tempelartigen und vergoldeten Aufsatz etwas von seinen Ausmaßen. Die Vielzahl und Unterschiedlichkeit der hier verwendeten Stilelemente sind wiederum ein Beispiel für die so genannte eklektizistische Architektur des späten 19. Jahrhunderts, die sich im Spannungsfeld zwischen Historismus/ Neogotik und klassizistischen Tendenzen bewegte. Der Eklektizismus kombinierte also die unterschiedlichsten Epochen in einem Bauwerk, wie zum Beispiel beim Sitz der spanischen Kreditbank.

War die Calle de Alcalá im 17. und 18. Jahrhundert eine der wichtigsten und repräsentativsten Straßen der spanischen Hauptstadt, so galt dies erst recht für das späte 19. Jahrhundert .Nach und nach siedelten sich, im Gefolge der spanischen Zentralbank, fast alle wichtigen Kredit- und Versicherungsinstitute hier an, so zum Beispiel die Versicherungsfirma El Ave y el Fénix, die Vitalicio-Gruppe, oder die Banco Vizcaíno (BBVA). Doch macht der Lauf der Zeit auch vor diesen Straßen nicht halt, denn viele der früher hier ansässigen Firmen haben ihren Sitz in den letzten Jahrzehnten in den modernen Norden der Hauptstadt verlegt. In der Region um die Plaza de Castilla entstehen heute mit zahlreichen Wolkenkratzern die neuen Symbole von Macht und Reichtum und lassen die Prachtbauten des späten 19. Jahrhunderts immer musealer wirken.

Dennoch bleibt die Calle de Alcalá politisch sehr wichtig, was durch die Präsenz des Wirtschaftsministeriums und des Erziehungsministeriums bezeugt wird – schroffe, monumentale Bauwerke, von starkem Polizeiaufgebot bewacht und keineswegs Bürgernähe vermittelnd.

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