DAS PORTAL DEUTSCHSPRACHIGER REISEJOURNALISTEN

Turnhout: Zwischen Beginenhof und dem Schloss der Herzöge von Brabant

Wer sich nicht gerade für Spielkarten interessiert, dem wird Turnhout nichts sagen. Ähnlich wie in Altenburg bewahrt das ortsansässige Nationale Spielkartenmuseum die Geschichte der Spielkartengestaltung und -herstellung. Pieter Jozef Brepols war es, der 1826 die ersten Spielkarten in Turnhout drucken ließ. Die ältesten Originalspielkarten, die das Museum aufbewahrt stammen aus dem frühen 16. Jahrhundert. Die Mehrzahl der ausgestellten Spielkarten datiert auf die Zeit des 18. Jahrhunderts bis heute. Dabei muss man wissen, dass die in Turnhout gedruckten Spielkarten einst der Exportschlager waren. Dass Turnhout eine lange Tradition als Stadt des Drucks hat, unterstreicht nicht allein der auf dem Jacobsmarkt aufgestellte Kalander, eine „Walzmaschine“ zum Glätten und Glanzbeschichten von Spielkarten. Druckpressen und Grafikgeräte im Original gehören aber auch zur Sammlung des Nationalen Spielkartenmuseums, in dem man anhand der ausgestellten Technik einen sehr guten Eindruck des Produktionsprozesses für die Herstellung von Spielkarten gewinnen kann. Im Übrigen: Bis heute ist das Unternehmen Brepols in der Stadt ansässig. Ein Teil des Unternehmens residiert im Beginenhof der Stadt.

Turnhout: Der hiesige Beginenhof, Weltkulturerbe der UNESCO

Der hiesige Beginenhof, Weltkulturerbe der UNESCO

Wie gesagt, Turnhout ist eine Stadt des Verlags- und Druckgewerbes. Davon zeugt auch die historische Druckerei, die allerdings aufgrund nur sehr eingeschränkter Besuchszeiten von auswärtigen Besuchern eine besondere Planung erfordert. Wem allerdings nicht der Sinn danach steht, sich mit diesen besonderen Aspekten der Stadtgeschichte zu befassen, der macht sich zu Fuß auf, um die zahlreichen Sehenswürdigkeiten der Stadt, vor allem den als Weltkulturerbe geadelten Beginenhof, zu entdecken. Wie in anderen Städten Flanderns auch, existieren zahlreiche Kirchen, von denen die St-Pieterskerk das bedeutsamste Sakralbauwerk der Stadt ist.

Turnhout: Thebalduskapel

Theobalduskapel

Wer mit dem Boot auf dem Kanal Schoten-Dessel unterwegs ist – eine überaus empfehlenswerte Art und Weise, Flandern zu bereisen –, kann von dort aus Turnhout an einem Nachmittag ausgiebig kennenlernen. Zunächst kommen wir an der spätgotischen St-Theobalduskapel (1) vorbei. Sie wurde als einschiffiges Gebetshaus in Backstein errichtet und weist ein kleines Türmchen auf, das auf einem mächtigen Satteldach ruht. Nein, Franziskanermönche leben heute nicht mehr im Paterspand (2). Am Ende des 19. Jahrhunderts wurde der ausladende Klosterkomplex erbaut. Teil des u-förmig angelegten Klosters, das heute als Event- und Konferenz-Zentrum genutzt wird und entsprechende Umbauten erfahren hat, ist die gotische Paterskerk.

Turnhout: Die drei Frauen

Die drei Frauen

Auf dem Weg zum Beginenhof kommen wir an der Skulptur „Die drei Frauen“ (3) vorbei. Mit diesem Kunstwerk von Achilles Cools wird an drei starke Frauen der Geschichte erinnert: Maria von Brabant, Maria von Ungarn und Amalia von Solms, Prinzessin von Oranien und Gräfin von Nassau. Diese adligen Damen hatten einen wesentlichen Einfluss auf die Geschichte der Stadt, mit der sie, so zeigen es die Wurzeln der Skulpturengruppe, tief verbunden waren. Nur wenige Schritte weiter stehen wir vor einem der Portalbauten des Hofbeginenhofs von Turnhout.

Maria von Brabant, Stifterin des Beginenhofs

Die ältesten Urkunden über den Beginenhof (4) datieren auf das 14. Jahrhundert, als Maria von Brabant diesen Ort des Gebets stiftete. In nachfolgenden Jahrhunderten vergrößerte man nicht nur die Beginenhofkirche, sondern auch den Hof selbst. Ein Stadtbrand und auch der Bildersturm gingen an den Beginen nicht spurlos vorbei und vernichteten einen Teil der „Miniaturstadt“. Doch das Leben der frommen Frauen, die kein Armutsgelübde ablegen mussten, nahm seinen Fortgang. Der Beginenhof erlebte eine neue Blütezeit. Gleichzeitig entstand die barocke Beginenhofkirche. Rund um diese Kirche und einen lang gestreckten begrünten Platz reihen sich die backsteinernen Häuser der Beginen auf. In diesen leben heute alte und alleinstehende Menschen mit geringem Einkommen.

Turnhout: Beginenhof - Wohnhaus der letzten Beginen, die in dieser Anlage zu Hause war

Beginenhof - Wohnhaus der letzten Beginen, die in dieser Anlage zu Hause waren

Das barocke Äußere der Kirche findet eine Entsprechung in der barocken Innenausstattung. Das betrifft die Kanzel ebenso wie die Beichtstühle sowie zahlreiche Gemälde aus dem 17. und 18. Jahrhundert. Betrachtet man den Kirchenboden, so entdeckt man zahlreiche Grabplatten der hier bestatteten Beginen und Vorsteherinnen des Beginenhofs. Das Eingangsportal des Beginenhofs ziert die Büste der heiligen Begga und das Chronogramm „Mater ConDeCorata“. Auf unserem Rundgang kommen wir an den Häusern Rosalia, St. Gertrudis und St. Catharina ebenso vorbei wie am Sint-Annakonvent. Als Noviziat wurde einst das Sint-Josefkonvent genutzt. In dem Haus mit der Hausnummer 56, dem einstigen Pastorat, findet man das Begijnenhofmuseum (5). Aufgrund spätbarocker Formen wie den Rocaille-Motiven des Eingangsportals springt das ehemalige Hospital ins Auge. Gekennzeichnet ist außerdem das Haus, in dem die letzte Begine ihren Lebensmittelpunkt hatte. Zu den erst im 19. Jahrhundert errichteten Bauten der Hofanlage gehört die Kapelle zum hl. Anschein. Wichtig: Zugänglich ist dieses „Städtchen“ in der Stadt zwischen 7 Uhr und 22 Uhr, da dann die Tore des Hofes für Besucher geschlossen werden.

Eine Burg seit dem 12. Jahrhundert

Bereits Jahrhunderte bevor Margareta von Österreich, die in Mechelen die Geschicke der habsburgischen Niederlande lenkte, den Auftrag für den Bau einer hochgotischen Wasserburg (6) gab, existierte an gleicher Stelle eine alte Burg. Unter Maria von Ungarn erfolgte dann die Umgestaltung dieser Burganlage zu einem hochherrschaftlichen Renaissancepalais in traditionellem Back- und Sandstein. Wer sich diese Schlossanlage heute genau anschaut, wird etwas irritiert die pagodenähnliche Dachform konstatieren. Im Wassergraben rund um die Anlage schwimmt heute die Skulptur „Najade“ von Rik Poot. Im Innenhof findet man den von Roel D'Haese gestalteten „Montezuma“. Zur Kunst im öffentlichen Raum gehört auch das Werk „Taxandria“ von Paul van Hees, der mit seiner Skulpturengruppe, zu der auch ein Hirsch zählt, auf das einstige Jagdgebiet der Herzöge von Brabant, die sogenannte Warande nahebei, anspielt.

Turnhout: Ein Hingucker - die Wasserburg von Turnhout

Ein Hingucker - die Wasserburg von Turnhout

Gegenüber des Wasserschlosses von Turnhout befindet sich mit De Warande das Kulturzentrum der Stadt. Hier existierten einst das Jagdgebiet und der Tierpark der Herzöge von Brabant, aber das ist heute eine Fußnote der Geschichte. Zwischen Wasserschloss und Kulturzentrum erstreckt sich eine Grünanlage, in der unter anderem die Skulptur des Prof. Adhemar aus dem von Marc Sleen konzipierten Comic „Nero“ zu sehen ist.

St. Pieter am Grote Markt

Bei der Hauptkirche der Stadt (7) handelt es sich um eine backsteinerne, pseudo-basilikale Kreuzkirche. Nicht zu übersehen ist der 62 Meter hohe Westturm mit achtseitigem spitzen Turmhelm. Wie in anderen Städten Flanderns besitzt dieses Gotteshaus ein Glockenspiel mit 52 Glocken in der Glockenkammer. Neben dem barocken Altar Unsere Liebe Frau gehört zur sehenswerten Innenausstattung ein spätbarockes Chorgestühl aus der Abtei von Corsendonk, die auf das 17. Jahrhundert zurückgehende Orgel und der ansehnliche Lettner. Kein Geringerer als der aus Antwerpen stammende Barockmaler David Teniers schuf das Gemälde „Hl. Clara und Hl. Franziskus“, das zu den Kirchenschätzen gehört.

Tournhout: St. Pieterskerk

St. Pieterskerk

Wer durch die Patersstraat schlendert, wird eine geschlossene Bebauung im eklektizistischen Stil zu Gesicht bekommen. Dabei mischen sich Elemente der Renaissance mit dem Jugendstil, der am Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Mode kam. In der Patersstraat steht außerdem das backsteinerne Institut zum hl. Gral (8), einst wie das Paterspand eine klösterliche Niederlassung, die allerdings erst 1897 entstand.

Turnhout: Jugendstil in der Prins Carel Straat

Jugendstil in der Patersstraat

Bei schlechtem Wetter: ein Museumsbesuch

Wenn das Wetter mal nicht so mitspielt und es regnet, dann bietet es sich an, die diversen Museen der Stadt aufzusuchen. Neben der historischen Druckerei und dem Nationalen Spielkartenmuseum existieren das Taxandriamuseum (9), das sich der Geschichte der Stadt widmet, das Beginenhofmuseum (5), in dem man erfährt, wie Beginen einst gelebt haben, und das Natuurpunt Museum (10), das in einem Herrenhaus im eklektizistischen Stil das Thema Natur behandelt.

Nur in Begleitung eines Stadtführers ist das Meduceum zu besuchen. Dieses Museum hat sich dem Lebenswerk von Dr. Paul Janssen, dem Gründer von Janssen Pharmaceutica, verschrieben. Gemeinsam mit seinem Team hatte Paul Janssen im Laufe seines Lebens nicht weniger als 100 neue Arzneimittel entwickelt. Das Meduceum widmet sich aber auch der Entwicklung der Medizin und der Krankenpflege vom 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart.


Informationen

Toerisme Turnhout
http://www.turnhout.be
http://www.toerismeturnhout.be/


Nationales Spielkartenmuseum / Nationaal Museum van de Speelkaart
http://www.speelkaartenmuseum.be/

Historische Druckerei/Historische Drukkerij
http://historischedrukkerij.be/index.html

Beginenhofmuseum
http://www.begijnhofmuseum.be

Taxandriamuseum
http://www.taxandriamuseum.be/


 

 

Reiseveranstalter Singlereisen


 

Suchen bei schwarzaufweiss


Das könnte Sie auch interessieren