Zwischen
Religiosität und Fleischeslust
Peter Paul Rubens (1577-1640)
Rubens
Vater, der Rechtsgelehrte Jan Rubens, mußte 1568 aus Antwerpen fliehen,
als der »Blutrat von Brüssel« die Grafen Egmont und Hoorn zum Tode verurteilt
und die spanische Inquisition Jagd auf Andersgläubige machte. Daraufhin
setzte sich die Familie nach Köln ab, wo der Jurist und Schöffe sich
als Berater der Gemahlin Wilhelms von Oranien verdingte. Wegen nachgewiesener
Verfehlungen wurde er jedoch nach Siegen »verbannt« und unter Hausarrest
gestellt. Hier wurde der berühmte Barockmaler Peter Paul Rubens am 28.6.1577
geboren.
Nach dem Tod des Vaters kehrte die Mutter mit den Kindern nach Antwerpen
zurück, wo Peter Paul zunächst die Lateinschule besuchte. Nach einer
Lehre bei drei Meistern - darunter dem Historienmaler Adam van Noort
- wurde er bereits mit 22 Jahren in die St.-Lukas-Malergilde aufgenommen.
Die St. Pauluskirche, Dank Werken von Rubens und
Jordaens für Liebhaber barocker Malerei ein Muss
Die
»Anbetung der Könige« schuf er im Auftrage des Bürgermeister Nicolaas
Rockox des Jüngeren für den Saal des Rathauses. 1609, nach seiner Rückkehr
von einem längeren Italienaufenthalt, wurde er auch Hofmaler der spanischen
Statthalter, der Erzherzöge Albert und Isabella, ohne jedoch in Brüssel
Residenzpflicht zu haben. 1611 gestaltete Rubens zwei Entwürfe für den
Hochaltar der Antwerpener, die »Kreuzaufrichtung« ebenso wie die von
einer städtischen Korporation bestellte »Kreuzabnahme«.
Die »Kreuzaufrichtung« (1610-11) erstreckt sich als Gesamtwerk über
ein dreiflügeliges Altarbild. Es ist bewußt in Kontrasten gestaltet:
die leidenden und klagenden Maria, Johannes und eine Frauengruppe auf
dem einen Flügel und der auf einem Pferd heranreitende Hauptmann auf
der anderen Seite. In der Mitte richten stiernackige, athletisch gebaute
Männer das Kreuz auf, an das der in hellen Farben herausgearbeitete
Jesus geschlagen ist. Christus richtet seinen Blick von seiner Umgebung
ab und blickt gen Himmel. Während in der »Kreuzaufrichtung« die Beteiligten
auseinanderzustreben scheinen, scharen sie sich bei der »Kreuzabnahme«
(1612-14) um die Zentralfigur, um Jesus Christus.
»Das große Jüngste Gericht«, dessen Bildgliederung einem Dreieck gleicht,
das sich auf den Richterthron ausrichtet, und »Das kleine Jüngste Gericht«,
in dem die Sünder in der Diagonalen in den Abgrund stürzen, sind religiöse
Darstellungen sind Arbeiten, in denen die Akteure nicht asketische Gestalten,
sondern athletisch modelliert Personen mit individuellen Zügen sind.
Ihre Gestik und Blicke bringen in beeindruckender Weise das Entsagen
zum Ausdruck bringen.
Neben solchen religiösen Arbeiten des Meisters der diagonalen Bildgliederung
sowie des Lichts und Schatten stehen andere wie »Die Krönung des Tugendhelden«,
zudem »Der trunkene Herkules« und »Die Toilette der Venus«, in denen
füllige, nackte Frauen dominieren.
In den Jahren 1611 bis 1627 kaufte Rubens Häuser in Antwerpen: Sein feudales Haus am Wapper - das heute als Museum genutzte Rubenshaus (Rubenshuis) - hat zur Straße hin eine durchaus schlichte Fassade. Im Innenhof jedoch entfaltet sich die üppige Architektur nach dem Vorbild eines italienischen Palazzos. Durch einen dreibogigen Portikus gelangt man in den Garten, in dem sich ein Pavillon und Götterstatuen befinden - ein angemessenes Refugium für den Künstler, der bis 1631 auch diplomatischen Verpflichtungen nachging und in seinen Spätwerken Brutalität und Leiden mit der verklärender Romantik verband: Putten und Engeln wirken in diesen Arbeiten um so befremdlicher, als die Grausamkeiten - man betrachte »Kindermord zu Bethlehem« - mit besonderer Genauigkeit festgehalten sind.
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