Wismar

Die Hansestadt an der Ostsee und ihr UNESCO-Weltkulturerbe

Text und Fotos: Stephan Eigendorf

 

Wismar - am Strand bei Bad Wendorf unterwegs

Der stürmische Wind jagd Wolken über den Himmel und drückt Wasser der Ostsee in die Bucht an deren Ende Wismar liegt. Noch laufen die Menschen wenige Tage vor dem kalendarischen Frühlingsanfang im März gut eingepackt in ihrer wärmenden Kleidung und trotzen der steifen Brise. Auch dank der schützenden Bucht galt einst der heutige Alte Hafen der 1229 gegründeten Stadt als der sicherste und bequemste im Ostseeraum.

Wismar - am Strand bei Bad Wendorf unterwegs

An der Bucht bei Bad Wendorf unterwegs

Einst heißt, dokumentiert noch 1748 und vermutlich schon zur Zeit der Hanse, dem weitverzweigten mittelalterlichen Handelsverbund und Netzwerk zu dem nicht nur Wismar, sondern neben zahlreichen anderen auch Bremen und Hamburg an der Nordseeküste, sowie Stralsund, Rostock und die Hauptstadt der Hanse, Lübeck, in Wismars Nachbarschaft gehörten. Wie ein Prädikat tragen diese Städte die Bezeichnung „Hansestadt“ bis heute ihrem Namen vorangestellt. Vielleicht auch zu Recht, denn die wohlhabenden Kaufmannsstädte galten als besonders weltoffen, trieben sie doch mit Gott und der Welt im Nord- und Ostseeraum einen regen Handel, bei dem Hemmnisse nur störten.

Wismar - Häuser wie das ehemalige Brauhaus Konsul Haussler in der Scheuerstraße

Alte Lagerhäuser wie dieses findet man zahlreiche in der historischen Innenstadt

Dass der sich ab Mitte des 12. Jahrhunderts im nördlichen Teil Europas entwickelnde Verbund, der bis Mitte des 17. Jahrhunderts bestand und zeitweise rund 300 Städte im Binnenland und an den Küsten umfasste, so erfolgreich war, hatte maßgeblich mit der Weiterentwicklung der Transportmittel zu tun, vor allem auf dem Wasser. Die sogenannte Kogge war das typische Frachtschiff der Hanse bis Ende des 14. Jahrhunderts. Die einfach und schnell zu bauenden Frachtsegler mit einem Mast und viereckigem Rahsegel wirken mit ihrem nach oben offenen bauchigen Rumpf etwas plump, dennoch waren die 20-30 Meter langen Schiffe im beladenen Zustand seetauglich und transportierten bis zu etwa 100 Tonnen Ladung.

Wismar - Alter Hafen mit Zollhaus

Blick in den Alten Hafen , rechts das frühere Zollhaus

Anders als mit späteren andersartigen Schiffen, konnten die zahlenmäßig kleinen Mannschaften nicht gegen den Wind kreuzen, was die Reisen bei ungünstigen Winden zwar verlängerte, dafür hatten die Frachter aber andere Vorteile, die besonders im flachen Wattenmeer der Nordseeküste und in den tideabhängigen Flüssen zum Tragen kamen. Denn mit dem kleinen Balkenkiel und mit dem flachen breiten Boden konnten die Schiffe bei Ebbe auf dem sandigen Meeresboden aufsetzen, ohne umzukippen oder sonstwie Schaden zu nehmen, und setzten mit der nächsten Flut ihre Fahrt einfach fort. Plattbodenschiffe und Krabbenkutter an der Nordsee haben bis heute ähnliche Eigenschaften.

Wismar - Backfisch am Alten Hafen

Für Fischliebhaber_innen gibt es am Hafen reichlich Auswahl

1962 wurde in der Weser bei Bremen bei Ausbaggerungsarbeiten eine gut erhaltene Kogge aus dem Schlick des Flusses geborgen, die 1380 wohl gleich nach der Fertigstellung auf der Werft in den Fluten verschwand. Das geborgene Wrack, das heute im Deutschen Schifffahrtsmuseum in Bremerhaven zu sehen ist, hat Bootsbauern viele Einblicke in die Bauweise der Schiffe und die Arbeit der damaligen Schiffszimmerleute gegeben.

Wismar - Poeler Kogge Wissemara im Alten Hafen

Poeler Kogge "Wissemara"

Wenn auch für die zivile Schifffahrt gebaut, wehrlos waren die Koggen nicht, denn das höhergelegene Achterkastell, von dem die Steuerleute einen guten Blick über das Schiff hatten, ließ sich zur Verteidigung mit Kanonen bestücken. Auch um vor unliebsamen Überraschungen rechtzeitig gewarnt zu sein, saß ein Mann im sogenannten Krähennest knapp unter der Mastspitze und hielt Ausschau. Heute sind im Nord- und Ostseeraum einige Koggenachbauten unterwegs, mit der Poeler Kogge „Wissemara“ auch eine in Wismar.

Wismar - Baumhaus am Alten Hafen

Das Baumhaus im Alten Hafen

Neben der Kogge am Kai befindet sich das Baumhaus. Der quadratische Barockbau stammt aus der Mitte des 18. Jahrhunderts und diente der Zugangskontrolle zum Hafen. Ähnlich wie beim Schlagbaum kam hier ein Langholz (oder auch eine Kette) zum Einsatz, mit den Schiffen die Einfahrt in den Hafen verwehrt werden konnte. Die Hafeneinfahrt oder genauer die Fahrrinne wurde durch die sogenannten „Schwedenköpfe“ markiert, die zur Schwedenzeit auf in den Grund gerammten Dalben aus massivem Holz montiert waren und nun das Eingangsportal des Baumhauses zieren. Schwedenköpfe im Kleinformat findet man übrigens häufiger in der Altstadt, manchmal muss man nur genauer hinschauen.

Wismar - Schwedenkopf am Alten Hafen

Schwedenkopf

Aber warum überhaupt Schweden? Mit dem Westfälischen Frieden, der nach mehrmonatigen Verhandlungen am 24. Oktober 1648 das endgültige Ende des als Reformationskrieg begonnenen Dreißigjährigen Krieges in Europa besiegelte, gab es vertraglich geregelt weitreichende territoriale Machtverschiebungen. So gerieten ganz Vorpommern, Rügen und aus dem mecklenburgischen Besitz u. a. Wismar sowie die vorgelagerte Insel Poel in den Machtbereich Schwedens und wurden Teil des skandinavischen Königreichs. Dort verblieb Wismar bis zum Jahr 1803, gehört aber erst seit 1903 wieder fest zu Mecklenburg.

Wismar - Häuser in der Straße Spiegelberg

Häuser in der Straße "Spiegelberg" nahe dem Wassertor: das rechte stand schon vor der schwedischen Zeit

Unter schwedischer Herrschaft wurde Wismar zu einer Seefestung ausgebaut. Zum einen waren nach dem Frieden kriegerische Konflikte in Europa keineswegs flächendeckend beendet und der Ostseeraum ist groß, da konnten viele über das Baltische Meer kommen. Zum anderen hatte sich die Kriegswaffentechnik durchschlagend weiterentwickelt - im wahrsten Sinne des Wortes. Handfeuerwaffen wie Musketen wurden immer gebräuchlicher, ebenso fand eine Hochrüstung bei der Schiffsartillerie statt. Zwar waren im europäischen Raum bereits im 14. Jahrhundert Kanonen auf Schiffen keine Ausnahme, allerdings nicht zu vergleichen mit der Feuer- und Durchschlagskraft der Kanonen von Segelkriegsschiffen des 17. und 18. Jahrhunderts mit vielen Geschützen auf mehreren durchgehenden Batteriedecks, wobei die tonnenschweren Geschütze teilweise von mehr als 10 Männern bedient werden mussten.

Wismar - Kutter im Alten Hafen

Bringt höchstens Fischen den Tod, nur für die zivile Schifffahrt

Reste der alten Stadtbefestigung findet man am Ende des Alten Hafens vom Baumhaus kommend, vorbei an einem restaurierten Lagerhaus mit Backsteinfassade von 1862 und dem ehemaligen 1868 im neogotischen Stil errichteten Zollhaus, unter anderem mit dem Wassertor. Der quadratische Backsteinbau an der vielbefahrenen Straße „Am Hafen“ mit nach oben spitz zulaufendem Durchgang ist allerdings in der vorschwedischen Zeit entstanden, nämlich in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, war damals eines von fünf Toren in der alten Stadtbefestigung und ist nach dem Abriss der Wehranlagen 1865 das letzte erhaltene.

Wismar - Wassertor am Alten Hafen - Backsteingotik

Das Wassertor

Die dem Hafen und der Altstadt zugewandten Fassaden sind ziemlich unterschiedlich gestaltet, wobei letztere weit deutlicher die Merkmale der Backsteingotik mit ihren typischen stilistischen Elementen trägt. Das wundert eigentlich wenig, fällt der Bau des Torhauses doch in die Zeit der Gotik (13. bis 15. Jahrhundert), die die Architektur auch vieler weiterer Gebäude im historischen bis heute erhaltenen und schön restaurierten Stadtbild Wismars geprägt hat.

Wismar - Häuserzeile

Häuserzeile nahe der Grube

 

Reisemagazin schwarzaufweiss

 

Suchen bei schwarzaufweiss


Reiseveranstalter Deutschland bei schwarzaufweiss

 

Reiseführer Bremen

Sehenswertes in Bremen, Touren durch die Stadt, Tipps und Hintergrundgeschichten ausführlich beschrieben mit vielen Fotos. Darüber hinaus gibt es Ausflugstouren über die Stadtgrenzen hinaus, etwa nach Bremerhaven oder nach Walsrode in den Weltvogelpark.

Reiseführer Bremen

Mehr lesen ...

Reiseführer Rostock

Die Geschicke der 1265 aus drei Stadtsiedlungen entstandenen Stadt Rostock waren schon immer mit dem Wasser verknüpft. Schon früh war sie ein wichtiger Teil der Hanse und der Handel über See machte die Kaufleute und somit die Stadt wohlhabend, was sich zum Beispiel in der Architektur am Neuen Markt und anderen Teilen der Altstadt bemerkbar macht. Zeugnisse der norddeutschen Backsteingotik haben den Denkmalschutz auf den Plan gerufen, um den Erhalt historischer Gebäude im Stadtkern zu sichern, mit Erfolg.

Rostock Reiseführer

Mehr lesen ...



Kiel: Top-Sehenswürdigkeiten in der Fördestadt und ein Ausflug nach Laboe

Ein guter Ausgangspunkt um die Stadt heute, Jahrzehnte nach Kriegsende, zu erkunden, ist der zentral gelegene Hauptbahnhof. Auf der Hauptstraße Sophienblatt, die vor dem Gebäude verläuft, treffen alle wichtigen Buslinien zusammen, viel Sehenswertes kann man aber auch problemlos von hier zu Fuß in einem mehrstündigen Spaziergang erreichen.

Kiel Sehenswürdigkeiten

Mehr lesen ...

Rügen: Wandern und Radfahren rund um Göhren

Wer lieber mit dem Rad wandert als per pedes, findet auf dem Mönchgut gute Voraussetzungen und anders als Verleihnix in dem berühmten gallischen Dorf aus dem Kultcomic Asterix, verleiht man in Göhren gerne vieles, so auch Fahrräder - natürlich gegen Bares. Aber dafür sparen sich Bahnreisende das nervige Gerödel mit den Zweirädern.

Rügen - der Rasende Roland

Mehr lesen ...

Helgoland - Fels in der Brandung

Knapp 50 Kilometer vor Schleswig-Holsteins Küste gelegen, ist Helgoland jedes Jahr Ziel Tausender Besucherinnen und Besucher, die meisten davon Tagestouristen in den wärmeren Monaten. Ausflugsschiffe laufen Helgoland von Bremerhaven, Büsum oder vom „Alte Liebe“ genannten Anleger im Hafen der niedersächsischen Stadt Cuxhaven an der Elbemündung aus an.

Helgoland - Seevögel auf dem Lummenfelsen

Mehr lesen ...

Per Rad durch Cuxhavens Seebäder

Leider ist die deutsche Nordseeküste, wenn man von den ost- und nordfriesischen Inseln einmal absieht, von der Natur nicht so reich mit Sandstränden bedacht worden, wie die Anrainerländer Niederlande und besonders Dänemark. Natürlich gibt es auch viele schöne Ecken jenseits der Sandstrände und Sand allein ist nicht alles im Urlaub, aber für viele hat ein Sandstrand eben doch eine große Bedeutung und deshalb steppt in den Sommermonaten in den Seebädern Döse, Duhnen und Sahlenburg vor allem an den Wochenenden der Bär.

Cuxhaven und seine Seebäder Döse, Duhnen und Sahlenburg

Mehr lesen ...

Norden Norddeich

Auf den ersten Blick könnte man den Eindruck gewinnen, das Nordsee-Heilbad sei nur die Transferstation für die Urlauber, die es in Scharen auf die Inseln Juist und Noderney zieht. Aber jenseits dessen zeigt sich Norddeich als weit weniger hektischer und überschaubar kleiner Küstenurlaubsort. In dem staatlich anerkannten Nordseebad wird erst seit der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts der Tourismus gefördert, offenbar mit Erfolg, wie mehr als 1 Mio. Übernachtungen jährlich zeigen.

Norden Norddeich - Drachenfest

Mehr lesen ...

Kurzbesuch in der historischen Altstadt von Heppenheim

Auffälligstes Haus am Großen Markt, dem zentralen Platz inmitten des Ensembles der geschmackvoll restaurierten Fachwerkbauten in der Altstadt, ist das Rathaus. Hoch erhebt sich auf der im Jahr 1551 aus Stein erbauten Halle im Erdgeschoss in kräftigem Rot gehaltenes Fachwerk. Wie etliche andere Häuser in der Stadt fiel auch das Rathaus einem Brand zum Opfer, den französische Besatzungstruppen nach der Plünderung der Stadt 1693 legten. Nur das steinerne Erdgeschoss blieb damals stehen, auf das sieben Jahre später das heutige Barockfachwerk gebaut wurde. Ein Glockenspiel erklingt fünfmal am Tag zwischen 8 Uhr morgens und 10 Uhr abends.

Heppenheim - Altstadt mit Marktbrunnen

Mehr lesen ...