Reiseführer Trondheim

Jüdisches Museum Trondheim

Amsterdam, Antwerpen, Brüssel, Hamburg und Berlin – ja, dort gab und gibt es jüdisches Leben. Doch kaum ein Reisender, der nach Trondheim kommt, weiß von der Existenz einer jüdischen Gemeinde am Ufer des Nidelva.

Das Jüdische Museum - nur einen Katzensprung von Nidaros-Dom entfernt - ist ein unscheinbarer, mehrgeschossiger Bau. Er ist in helles Blau getaucht und war einst der Bahnhof der Stadt, ehe die Jüdische Gemeinde das Gebäude erwarb und im Inneren eine bis heute existierende Synagoge einrichtete.

Jüdisches Museum Trondheim

Migration aus Osteuropa

Wie kam es nun zu einer derartigen Synagoge am Trondheimfjord? Juden kamen als Migranten in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts aus Osteuropa in den skandinavischen Norden. Pogrome in ihren Heimatländern, darunter das zaristische Russland, waren der Anlass der Flucht und der Einwanderung nach Norwegen. Diese Juden kamen in ein Land, in denen Menschen beheimatet waren, die überwiegend blauäugig und blond waren – ganz im Gegensatz zu den Neuankömmlingen. Diese waren anders gekleidet, waren dunkelhaarig, feierten Sabbat und führte einen koscheren Haushalt. Zumeist waren sie arm, ehe es ihnen nach und nach gelang, sich im Textilhandel zu etablieren. Das Schtetl in Russland, Litauen und Polen lag hinter den Neu-Trondheimern, für die Talmud und Tora die Leitlinien ihres Alltags bildeten und Jiddisch ihre Umgangssprache blieb.

Ariel Berl und Hirsch Dworsky

Als die ersten Juden 1885 nach Trondheim kamen, konzentrierte sich das Stadtleben auf die Munkegate und die Kongensgate. Die Zahl jüdischer Neubürger stieg nur langsam an und belief sich in den 1930er Jahren gerade mal auf 240. Die ersten Juden, die sich in Trondheim niederließen, waren Asriel Berl und Hirsch Dworsky, so entnehmen wir einem Saaltext im Jüdischen Museum, das die Kellerräume des Hauses bespielt. Nach ihnen kamen die Krasnipolskys, die Lankelinskys und die Wolfssohns. Zumeist verdienten sie ihren Lebensunterhalt als Hausierer. Mit Haustürgeschäften mussten sie in den Anfängen ihren kärglichen Lebensunterhalt bestreiten. Doch es blieb nicht bei diesen Geschäften. Aron Mendelsohn beispielsweise gründete eine Bekleidungsfirma, Trondheims Konfeksjonsfabrikk. Nach und nach etablierte sich ein jüdisches Leben, die ersten Rabbiner kamen und 1924 wurde das Grundstück Arkitekt Christies gate 1B erworben. Das Haus wurde hergerichtet und bis 1925 die neue Synagoge in eines der Obergeschosse eingebaut, fern ab all der üblichen neobyzantinischen Architektur anderer Synagogen jener Tage. Hochzeiten wurden hier ebenso begangen wie Bar Mitzwa, bei der die Mündigkeit von Jungen und Mädchen gefeiert wird.

Jüdisches Museum Trondheim

Während des Rundgangs erfährt man nicht nur vom Leben der Hausierer, sondern auch vom Uhrmacher Mikael Savosnick, der aus dem schwedischen Karlstad nach Trondheim kam und dort seinen Gewerbeschein erhielt, sodass er eine Werkstatt eröffnen konnte.

Die Tage, als die Gestapo in Trondheim Jagd auf Juden machte und sich ein gewisser Henry Rinnan, ein norwegischer Nazi, mit seinen Mannen dabei besonders hervortat, werden beim Rundgang auch ins Bewusstsein der Besucher gerufen.

Jüdisches Museum Trondheim

Die Kochkünste der Großmutter

Daneben wird man jedoch auch immer wieder mit dem Alltäglichen konfrontiert. Dazu zählen auch die Kochkünste der Großmutter, die Gefüllten Fisch und gehackte Leber, aber auch Tzimmes, in kleine Würfel oder Scheiben geschnittene Mohrrüben mit Knödeln, zubereitete.

In Schwarz-Weiß-Aufnahmen sehen wir Josef, Ida, Moritz und Kaja Klein und die Gesellschaft, zu der Eva Glick und Isak Schottlands Bryllup eingeladen waren. Was ist bloß aus diesen Trondheimer Juden geworden, fragt sich der Besucher zugleich. Man liest die Namen wie den des Schatzmeisters der jüdischen Gemeinschaft Aron Mendelson und des Kantors Josef Grabowski. Wurden Sie nach dem deutschen Überfall verschleppt und in einem Konzentrationslager ermordet?

Mehr als Pessach

Darüber hinaus wird der Besucher mit jüdischen Feiertagen wie Pessach und Chanukka (Lichterfest) vertraut gemacht. Auch die festliche gedeckte Tafel an Sabbat bleibt dem Besucher kein Rätsel, kann er sie doch aufgrund einer gelungenen musealen Inszenierung in Augenschein nehmen. Die Karaffe mit Rotwein steht ebenso auf dem Tisch wie ein Eierwärmer und Matze, das jüdische Sauerteigfladenbrot.

Geschickt hat man auch eine „Einkaufzeile“ Trondheims mit jüdischen Bekleidungs- und Schuhgeschäften im Museum inszeniert. Dass es unter den Neubürgern aber auch den Zahnarzt H. Isaksen gab, erfährt man zum Schluss des Rundgangs dank des ausgestellten Arztschildes.

Informationen
http://www.jodiskemuseum.no/?side=113