Reiseführer Trondheim

Kunstgewerbemuseum Trondheim

Kunstgewerbemuseum Trondheim

Vom belgischen Stardesigner des Jugendstils entworfen:
Möbel von Henry van de Velde

Das Museum kann angesichts des begrenzten Raumes nicht mit Kunstgewerbemuseen wie denen in Berlin oder in Hamburg konkurrieren. „Klein, aber fein“ lautet das Motto des Hauses, in dem man kunstgewerbliche Arbeiten aus Fernost ebenso findet wie die Raumkunst des belgischen Künstlers Henry van de Velde. Van de Velde hat den im Museum inszenierten Raum, zu dem auch Kunstwerke von Edvard Munch und Gustav Vigeland gehören, 1907/08 extra für dieses Museum konzipiert. Der damalige Direktor des Hauses Jens Thiis, der bis 1909 die Geschicke des Kunstgewerbemuseums in Trondheim lenkte, hatte dazu seine Beziehungen auch zum Kunsthändler und Galeristen Siegfried Bing spielen lassen, um van de Velde für dieses Projekt zu begeistern. Bing war auch der Kontakt für den Ankauf der ersten Art-nouveau-Exponate für das Museum. Thiis bewegte van de Velde schließlich nach intensiver Korrespondenz dazu, einen Ausstellungsraum für die angekauften Art-nouveau-Exponate zu entwerfen. Die ersten Entwürfe wurden aber nicht realisiert, und man einigte sich auf eine Alternative, deren Entwurfsskizzen aber nicht mehr vorhanden sind.

Kunstgewerbemuseum Trondheim

Buntglas in der Decke des sogenannten van-de-Velde-Raums

Ein Belgier in Trondheim

2008 wurde der Van-de-Velde-Raum im Museum restauriert und im Hinblick auf van de Veldes erste Entwürfe umgestaltet. Thiis hatte im Kopf, dass der Raum in Perlgrau ausgeschlagen sein sollte, und er wünschte sich zudem purpurfarbene Fußleisten, um eine der Farben der Glasdecke aufzugreifen. Van de Velde hingegen plädierte für ein dunkles Braun, um einen dunklen Holzton zu imitieren. Statt den Raum in Perlgrau auszuschlagen, votierte van de Velde für Grün – und so wurde der Raum bei der Restaurierung auch gestaltet.

Die im Raum platzierten grafischen Arbeiten von Edvard Munch, darunter „Melancholie“ und das Porträt des dänischen Dichters Holger Drachmann, wurden auf Wunsch van de Veldes Teil des Gesamtkunstwerks. Blicken wir zur Decke, so sehen wir ein ovales Glasfenster in überwiegend erdigen und sandigen Tönungen, sieht man von den blauen „Streben“ und der lila Fassung einmal ab. Beherrscht wird der Raum von einem Schreibtisch nebst Schreibtischstuhl, der die typische van-de-Velde-Linie zeigt, weniger verspielt als der „Peitschenschlag“ eines Victor Hortas. Auch der silberne Kerzenleuchter, der auf der seitlichen Ablage steht, verrät wenig von den für den Jugendstil so typischen floralen Formen. Betrachtet man den Schreibtisch genauer, so fällt auch das Motiv einer Buntglasarbeit auf, die ein wenig an eine stilisierte Eule erinnert.

Skandinavische Möbel und Glaskunst

Zu bestaunen gibt es im Museum außerdem skandinavisches Design aus der Zeit zwischen 1950 und 1965, darunter die Rauminszenierung „Interieur 52“ von Finn Juhl. Auch dieser dänische Designer hatte seine Arbeit speziell für das Museum konzipiert.

Überdies gibt es im Museum Glaskunst zu sehen, die von Benny Motzfeldt stammt. Diese Designerin hat ihren Glasarbeiten außergewöhnliche Elemente hinzugefügt, ob nun dünne Metallnetze oder Glasfasern. Motzfeld arbeitete für die Hadeland-Glasmanufaktur ebenso wie für Randsfjord-Glasmanufaktur. Ihre letzte Station war schließlich die Glashütte Plus. Für dieses Unternehmen konzipierte sie ihre „Harlekin-Glasarbeiten“, zugleich ihr letztes Werk vor ihrem Tod.

Kunstgewerbemuseum Trondheim

Webkunst von Hanna Ryggen

Wandteppiche mit politischen Botschaften

Von besonderer Bedeutung für das Museum sind die Webarbeiten der autodidaktischen Künstlerin Hanna Ryggen, die, betrachtet man ihre Motive, aus ihrer politischen Gesinnung nie einen Hehl gemacht hat. Ryggen arbeitete ganz ohne Skizzen und hielt bei ihrer Webkunst an der Tradition norwegischer Webteppiche des 17. und 18. Jahrhunderts fest.

Zu den explizit politischen Arbeiten der Künstlerin gehören Bildteppiche wie „Tod der Träume“. In dieser Arbeit entdeckt man den in Handschellen abgeführten deutschen Pazifisten Carl von Ossietzky“ und den Geige spielenden Nobelpreisträger Albert Einstein. Auf den Einmarsch italienischer Truppen in Äthiopien reagierte Ryggen mit ihrem wie sie sagt in Eile gewebten improvisierten Teppich, der schwarze Köpfe und weiße Diplomaten zwischen Keulen und Speeren zeigt. „... und in Allem ist meine Absicht einen Speer von einem schwarzen Mann durch das Herz von Mussolini zu stoßen.“, so Ryggen. Das Motiv „6. Oktober 1942“, ein Triptychon über die Besetzung Norwegens, gehört ebenfalls zum beeindruckenden Werk der Künstlerin. 1956 webte sie einen Teppich mit dem Titel „Jul Kvale“. Kvale war wie Ryggen Mitglied der KP Norwegens und dezidierter Gegner des Beitritts Norwegens zur NATO. Neben Kvale sieht man als Vertreter des damaligen Establishments den ersten deutschen Bundeskanzler Konrad Adenauer und Trygve Lie, den damaligen Generalsekretär der UNO, beide ausgewiesene Antikommunisten. Zu sehen sind zudem im Nordenfjeldske Kunstindustrimuseum – so der offizielle Name des Museums – Arbeiten wie „Das Herz einer Mutter“ (1947) und „Ein freier Mann“.

Informationen
Kunstgewerbemuseum (Nordenfjeldske Kunstindustrimuseum)
http://www.nkim.no/english