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Himmelstempel
(Tiantan)

Tempel:
Acht große Tempel / Tempel des Liegenden Buddha / Tempel der Quelle des Dharma / Tempel der Fünf Pagoden / Tempel der Großen Glocke / Himmelstempel / Konfuziustempel / Lamatempel

Im Süden Pekings liegt in einem weiträumigen Park der Himmelstempel, eines der schönsten Bauwerke der Stadt.


Halle des Ernteopfers

Der Himmelstempel entstand 1421 zusammen mit dem Kaiserpalast, und hier mußte der Kaiser mehrmals im Jahr "Zwiesprache mit dem Himmel" halten, von dem er sein "Mandat", also die Legitimation zu herrschen, erhalten hatte. Der Himmel war dabei weder ein spezieller Ort, noch mit einer Person oder einem Gott verbunden, eher ein abstrakter Begriff. Man glaubte allerdings, daß auf der Erde nur Harmonie (und damit Wohlstand) herrschen konnte, wenn auch im Makrokosmos der gesamten Existenz Harmonie herrschte. Diese mußte der Kaiser beschwören, damit die Natur sich nicht durch Unwetter, Überschwemmungen und Dürren an den Menschen rächte. Denn nur wenn die Natur vorteilhaftes Wetter bereithielt, konnten gute Ernten eingefahren werden, die Menschen überleben und zu Wohlstand gelangen. Konfuzius sagte, für die einfachen Menschen sei Essen der Himmel.
Zu diesen Opfern an den Himmel zog der Kaiser mit großem Gefolge aus dem Palast auf der breiten Prachtallee (heute Qianmen Dajie) nach Süden, die Himmelsrichtung, die mit dem Himmel in Verbindung gebracht wurde. Er wohnte dann eine Nacht im Palast der Abstinenz im Westen der Tempelanlage und fastete. Am nächsten Tag betrat er den erhöhten Ehrenweg, der auf Chinesisch Danbiqiao ("Brücke der zinnoberroten Stufen") heißt. Durch ihn sind die wichtigen Gebäude, die alle auf einer Nord-Süd-Achse liegen, miteinander verbunden. Von seinem Palast wandte sich der Kaiser nach Norden und fand dann auf der rechten Seite in einer Ausbuchtung des Wegs ein Zelt vor, in dem er sich für die Zeremonien umkleidete. Den Rest des Wegs legte er barfuß zurück, schritt durch das Tor des Ernteopfers in den großen Innenhof, den die runde Halle des Ernteopfers dominiert. (Diese Halle wird häufig mit dem Himmelstempel gleichgesetzt, was jedoch nicht zutrifft. Sie war für die Zeremonie nur der zweitwichtigste Ort, weshalb die gesamte Anlage korrekt übersetzt eigentlich "Himmelsaltar" heißen müßte.)

Die Halle des Ernteopfers nimmt Betrachter jedoch wegen ihrer perfekten Proportionen ein. Sie ist 38 m hoch und 30 m im Durchmesser, steht auf drei Terrassen und hat ein dreistufiges Dach. Die drei Dächer sind mit 50.000 blauen Glasurziegeln bedeckt und von einer goldenen Perle gekrönt. Zierliche Dekorationen sind auf den Balustraden zu sehen, wie im Kaiserpalast leiten schlanke Drachenköpfe das Wasser ab.

Im Inneren der Halle sind heute die Opfer nachgestellt, doch man sollte sein Augenmerk besser auf die Dekoration und die Symbolik richten. Die vier inneren Säulen tragen das oberste Dach und repräsentieren die vier Jahreszeiten. Die nächste Runde besteht aus zwölf Säulen, die für die zwölf Monate stehen, während die äußeren zwölf Säulen die zwölf Doppelstunden des Tags symbolisieren.
Hier opferte der Kaiser am 15. Tag des ersten Mondmonats mit der Bitte um eine gute Ernte. Dafür wurden die Geistertafeln des Himmels und die Ahnentafeln der kaiserlichen Vorfahren vom Himmelsgewölbe hierher gebracht. Der Kaiser brachte Weihrauch, Tiere, Wein, Jade und Seide dar, und während draußen das Palastorchester spielte, führte er den Kotau aus, den sonst die Untertanen vor ihm zu absolvieren hatten: drei tiefe Verbeugungen und neunmaliges Niederwerfen auf den Boden.

Nach Abschluß dieser Zeremonie ging der Kaiser zurück auf den langen Ehrenweg Richtung Süden. Dabei kam er an besagtem Himmelsgewölbe vorbei, einer einstöckigen runden Halle, die wie eine verkleinerte Kopie der Halle des Ernteopfers wirkt. Sie ist heute von einer Mauer umgeben, an der entlang ein Echo laufen soll. Allerdings probieren immer so viele Leute die Wirkung aus, daß man kaum sein eigenes Wort versteht.

Durch mehrere Ehrentore gelangte der Kaiser schließlich zum eigentlichen Himmelsaltar. Er wurde erstmals 1530 errichtet und bestand damals aus blauen Steinplatten. Qianlong ließ ihn 1749 aus weißem Bruchstein wesentlich vergrößern, damit er in angemessener Umgebung am Tag der Wintersonnenwende, an dem die Tage des Lichts, das wie der Himmel dem männlichen Element des yang zugeordnet ist, die Oberhand über die Tage des Dunkels, das wie die Erde zum weiblichen Element des yin gehört, gewannen, "Zwiesprache mit dem Himmel" halten konnte. Er berichtete dann dem Himmel über sein vergangenes Regierungsjahr und bat um Segen für das folgende Jahr.

Sehr auffällig ist die Zahlensymbolik am Himmelsaltar. Wie der Himmel, der Süden und die Sonne gehören auch die ungeraden Zahlen zum Element yang, mit der Neun an oberster Stelle. So mißt die oberste Plattform des Altars 9 zhang (etwa 27 m) im Durchmesser, die mittlere 3 mal 5 zhang, die untere 3 mal 7 zhang. Auch die Säulen folgen einem Neunerrhythmus, oben 36 (9 mal 4), in der Mitte 72 (9 mal 8) und unten 108 (9 mal 12); insgesamt sind es 216 (9 mal 24). Da dürfen natürlich auch die Bodenplatten nicht aus dem Rahmen fallen, so daß sich um die große runde Platte in der Mitte 9 Platten legen. Jeder folgende Ring hat 9 Platten mehr, bis auf der obersten Ebene 81 (9 mal 9) erreicht sind. Auf der nächsten Ebene geht es mit 90 (9 mal 10) weiter bis 162 (2 mal 9 mal 9), auf der dritten Ebene bis 243 (3 mal 9 mal 9).
An diesem heiligen Ort wurden zu den Opferzeremonien Altäre und Zelte aufgebaut, der Kaiser las Gebete und opferte Wein und Tiere. Zum Schluß wurden die Opfergaben in den unten seitlich stehenden Öfen verbrannt, so daß sie als Rauch in den Himmel gelangen konnten.

Zugang: Der Park des Himmelstempels hat in jeder Himmelsrichtung einen Zugang. Der Park ist tgl. von 6 bis 21 Uhr geöffnet, die Gebäude von 9 bis 17 Uhr.

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