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Reiseführer Hamburg

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Kunst in der Stadt Hamburg

Neben dem einleitenden Beitrag von Uwe Fleckner, der sich mit der ästhetischen Dimension einer Stadt und Kunst im Kontext unwirtlicher Städte auseinandersetzt, stehen vor allem die Einzelkunstwerke im öffentlichen Raum im Mittelpunkt der Betrachtung. Fleckner verweist auch und gerade auf die Problematik von Kunst im öffentlichen Raum und führt unter anderem die beziehungslos auf der Moorweide platzierte Plastik von Henry Moore sowie die temporären Interventionen im Stadtraum an, die nicht immer auf ungeteilte Zustimmung treffen. Kurz und prägnant sind die Erläuterungen zu dem in Versalien gehaltenen Schriftkunstwerk von Lawrence Winter am HWWA-Gebäude und Ian Hamilton Finlays Werk auf dem Plateau zwischen der Galerie der Gegenwart und dem Altbau der Kunsthalle. Schrift wird auch bei Barbara Schmidt Heins zur Kunst, wenn auch „die eigene GESCHICHTE“ sich nicht auf den ersten Blick selbst erklärt. Wer die Rolltreppe der U-Bahn im Hauptbahnhof hinauffährt, wird Begriffe auf jeder Stufe entdecken, zumindest für einen Augenblick. 126 Stufen sind mit einer Textinstallation belegt. Doch hat der U-Bahn-Nutzer eigentlich die Muße, „Ich bin nicht oben ich bin nicht unten ...“ zu lesen? Inmitten des wuselnden Verkehrsgedränges wurde als Kunstintervention eine Pflanzeninsel geschaffen, die nunmehr den Deichtortunnel begrünt. Kunst oder Nicht-Kunst ist hier allerdings die Frage. Nicht frei von kommentierenden Graffitis ist Richard Serras Cortenstahl-Skulptur vor den Deichtorhallen. Nicht nur diese Kunstwerke, sondern auch Arbeiten von Waldemar Otto (Heine-Denkmal) oder von Alfred Hrdlicka, lassen sich dank eines beigefügten Stadtplans bei einer Hamburg-Tour auch besuchen. Dabei kommt man nach Altona, St. Pauli und auch in den Hafen und die Hafen-City, lernt also auch Hamburg zu Fuß kennen.

Uwe Fleckner (Hg.): Kunst in der Stadt Hamburg: 40 Werke im öffentlichen Raum , 192 Seiten, 90 farbige Abb., ISBN 13: 978-3-89479-370-8, 24.90 €


Der Alte Elbtunnel

Der Autor vermittelt dem Leser zu Beginn seine ganz persönliche Sicht auf das Bauwerk, das ihn magisch anzog, nicht nur wegen des abwechslungsreichen Spiels der Kabinen und Tore. Er befuhr dieses "verkehrstechnische Fossil" - so die Worte Barduas – mit seinem VW Käfer und auch mit einem fünf Meter langen Citroën CX – eine wahre Herausforderung in dem recht schmalen Tunnel. Neben seiner ganz persönlichen Beziehung zu diesem "Wahrzeichen der Ingenieurskunst" schildert der Autor aber auch Wissenswertes über die Einmaligkeit des Bauwerks: Es ist der einzige Unterwassertunnel, der Fahrzeuge und Personen in Aufzügen befördert – und das weltweit, nachdem der Finniestontunnel in Glasgow seit mehreren Jahrzehnten weitgehend stillgelegt ist. Noch eine weitere Besonderheit erwähnt Bardua, die Sichtbarmachung von Konstruktionslinien und -teilen als architektonische Merkmale. Dass der Alte Elbtunnel nicht eine Marotte von Architekten und Ingenieuren war, sondern eine notwendige Infrastrukturmaßnahme im Zuge der Hafenerweiterung in der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts führt der Autor sachkundig aus. Dabei greift er auch zu historischen Quellen, die er zitiert, so auch die Eingabe von Unternehmen des südlichen Elbufers, die sich 1891 an den Senat wandten und die prekäre Situation des Transports ihrer Arbeiter bei Schichtende schilderten. Ohne das Engagement von Ludwig Wendemuth, Oberbaurat in den Jahren des Elbtunnelbaus, sowie des Unternehmens Philipp Holzmann & Co, so der Autor, wäre ein derartiger Tunnel nie realisiert worden. Der oben genannte Finniestontunnel diente dabei als "Vorlage". Auch der Barlow- und der Greathead- sowie der Blackwalltunnel in London spielten eine Rolle bei der Planung des Alten Elbtunnels. Auch die Hamburger Kanalisation wie das Kuhmühlenstammsiel diente den Planern des Elbtunnels als Vorbild. Kenntnisreich behandelt der Autor abseits der eigentlichen Geschichte des Elbtunnels ähnliche Bauvorhaben jenseits von London und Glasgow, ob den 1898 fertiggestellten Spreetunnel oder die in der sogenannten Berliner Bauweise – sprich in offener Bauweise – errichteten U-Bahn-Tunnel in Berlin. Minutiös kann der Leser im weiteren Verlauf der von Bardua aufgeblätterten Elbtunnel-Geschichte die einzelnen Bauphasen verfolgen, einschließlich des Baus des Schachts Steinwerder. Dass die am Bau beteiligten Wanderarbeiter aus Polen, Russland, Italien und Skandinavien dank einer Druckluftprämie und einem Stundenlohn von bis zu 76 Pfennigen gut verdienten, wird kurz und knapp erwähnt. Die Tücken des Arbeitsalltags, besonders das Problem Druckluftkrankheit, werden hingegen ausführlicher behandelt. So erfährt der Leser auch von den verstorbenen Arbeitern Carl Otto und Johann Sanczezes. Zudem führt Bardua 615 leichte und 74 schwere Erkrankungen in der Arbeiterschaft auf. Schuld an diesen Erkrankungen waren die zu kurzen Ausschleusungszeiten für die Arbeiter, die in einer Druckluftkammer malochen mussten. Recht detailliert geht der Autor auf die Architektur des Elbtunnels und auf den Betrieb der Anlage ein. Im Anhang der Veröffentlichung sind zudem technische Daten zu finden.

Bundesingenieurkammer (Hrsg.): Der alte Elbtunnel Hamburg , Autor: Sven Bardua, DIN A5, 121 Seiten mit zahlreichen Abbildungen, Berlin 2011, ISBN 978-3-941867-03-1, Preis Euro 9,80


Brücken in Hamburg

Im Mittelpunkt des Bandes, so steht es bereits in der Einleitung von Peter Bahnsen, steht die „Kunst des Überbrückens als bedeutender Beitrag zur deutschen Baukultur“. Bereits auf den ersten Seiten wird der Leser mit so unterschiedlichen Bauformen wie der Rethe-Hubbrücke Hohe Schaar von 1934 und dem Maackschen Vorentwurf der Adolphsbrücke von 1843 konfrontiert. „Hamburg als Brückenhauptstadt“ ist eines der Kapitel der lesenswerten Publikation gewidmet. Wussten Sie, dass die Zollenbrücke für die Zeit ihrer Entstehung im 17. Jh. eine der aufwändigsten ihrer Art war? Brücken durchziehen nicht nur die Bau-, sondern auch die Stadtgeschichte Hamburgs: Bereits 1806, also unter französischer Besatzung, zählte man 90 Brücken, kein Vergleich mit der heutigen Zahl. Große Brücken, so lesen wir, sind für die Stadt eher selten. Darunter versteht man Brücken mit Stützweiten von mehr als 30 Metern – auch in Deutschland eher die Ausnahme als die Regel. Wer schon immer einmal wissen wollte, was man unter Fischbauchträgern zu verstehen hat, der kann die Antwort in der vorliegenden Veröffentlichung finden. Die Querung der Norderelbe erfolgte 1928 durch derart gebaute Straßenbrücken mit gegenläufigen „Wellenkonstruktionen“. Dass auch ein Tunnel eigentlich eine Brücke ist, wird so manchen Leser überraschen. Doch der sachkundige Autor klärt darüber auf, dass der „Lessingtunnel“ in Altona in Wahrheit ein Brückenbau ist, da ein Dutzend Stahlträgerbrücken seit 1895 die Gleise des Altonaer Bahnhofs tragen. Kurioses findet sich an anderer Stelle: Auf dem Gelände des ehemaligen Rangierbahnhofs Rothenburgsort gibt es einen 150 Meter langen Brückenstrang – ein nutzloses Bauwerk seit der Aufgabe des Bahnhofs. Über nicht gebaute Brücken wie die von St. Pauli nach Steinwerder weiß Sven Bardua ebenso zu berichten wie über den Gigantismus, den sich Konstanty Gutschow für die Elbhochbrücke ausgedacht hatte – für den Führer und sein „Neues Hamburg“. Was man unter einer Balkenbrücke versteht und wie sie aussieht, bleibt dem aufmerksamen Leser ebenso wenig verborgen wie die Bauweise einer Bogenbrücke z. B.der Ellerntorbrücke über dem Herrengrabenfleet. Gewürdigt werden vom Autor namhafte Brückenbaumeister, ob Franz Andreas Meyer oder Johann Hermann Maack. Selbst, wenn man nun nicht jeden Beitrag oder thematischen Kasten aufmerksam lesen möchte, auch beim Blättern bekommt man einen optischen Einblick in die Funktion und Bauweise Hamburger Brücken. Das Steinviadukt der U-Bahn an der Mundsburg ist ebenso abgebildet wie die Dammbrücke über die Alster. Diese Visualisierung des Themas Brückenbau in Hamburg ist vielleicht ein guter Anlass, sich in der Stadt mal auf Brückensuche zu begeben, die Schaartorbrücke oder die Fußgängerbrücke zur Parkseeinsel im Stadtpark zu besuchen. Fazit: eine Veröffentlichung, die nicht als Fachbuch für Architekten und Bauingenieure gedacht ist, sondern als Hamburgensie anzusehen ist.

Sven Bardua: Brückenmetropole Hamburg. Baukunst - Technik - Geschichte bis 1945 , hrsg. Hamburgische Ingenieurkammer-Bau und Museum der Arbeit, Dölling und Galitz Verlag Hamburg 2009, ISBN 978-3-937 904-88-7, 200 Seiten mit zahlreichen Abbildungen, Preis 24,90 Euro


Hamburger Stadtgeschichte

Sachkundig führt der Autor durch die Stadtgeschichte zwischen 1909 und 1918 sowie durch die „wunderbaren Jahre von 1962 bis 1967“. Im Abschlusskapitel berührt er unter dem Stichwort Stadt-Perspektiven nicht nur das 80-seitige Papier des Hamburger Senats mit dem Titel „Leitbild:Metropole Hamburg – Wachsende Stadt“ und weist dessen Ungereimtheiten nach, sondern auch die Strategie des Senats, dezidiert bestimmte Bevölkerungsgruppen aus der Stadt auszuschließen. Zudem beleuchtet er, in welcher Weise der öffentliche Raum, auf dem Fleetmarkt und anderswo, privatisiert wurde und wird. Öffentlicher Stadtraum wie der Spielbudenplatz – mit Steuermitteln gestaltet – wird privat betrieben. Bürgerrechte wie das Demonstrationsrecht haben hier keinen Platz! Dass die Entwicklung der Stadt immer schon mit sozialen Verwerfungen verbunden war, zeigt Kähler anhand der Geschichte auf. In der ersten Dekade des 20.Jahrhunderts, so Kähler, lebte die Hälfte der Stadtbewohner in unerträglichen Zuständen. Der Hof „Langer Jammer“ war ein typisches Beispiel für das Wohnumfeld der Unterschicht. Nicht nur diese Seiten zum Leben des Hamburger Proletariats blättert der Autor vor unseren Augen auf, sondern auch des großbürgerlichen Wohnens in der Isestraße. Wozu Bodenspekulationen und Vorschriften für Baufluchtlinien führten, nämlich die sogenannte Schlitzbauweise, erläutert Kähler ebenso kompetent wie Hamburgs typische Blockrandbebauung. Fritz Schumacher, der ganz entscheidend als Baudirektor des Hochbauwesens zur Gestaltung Hamburgs in den 1920er Jahren beigetragen hat, widmet der Autor ein eigenes Kapitel. Hervorgehoben wird in der Publikation auch die Schaffung der Volksparks als städtebauliche Elemente ab 1900: „Mit einem Worte, aus dem repräsentativen Park früherer Zeiten ist der soziale Park unserer Zeit geworden ...“, so schreibt Schumacher in einer Schrift zum Stadtpark. Die Zeit der Weimarer Republik mit der in Hamburg zu verzeichnenden Wohnungsnot behandelt die lesenswerte Publikation recht ausführlich, außerdem die Frage des erschwinglichen Wohnungsbaus für die Masse sowie den Achsenplan Schumachers zur Entwicklung Hamburgs. „Licht. Luft und Sonne“ waren die Schlagworte des Wohnungsbaus, wie er sich zum Beispiel im Quartier Dulsberg niederschlug. Immer wieder, so Kähler, waren es Sanierungsvorhaben, die das Gesicht der Stadt veränderten, ob nun der Abriss des Gängeviertels oder der Bau des Kontorhausviertels mit Fritz Högers Chilehaus. Wie Schumacher hat auch der Altonaer Bausenator Gustav Oelsner die Stadtentwicklung beeinflusst, man denke nur an die Wohnbebauung in der Bunsenstraße oder in der Arnis-/Gefionstraße. Annehmbarer Wohnraum für die Arbeiterschaft war Oelsners Anliegen und dabei unterschied er sich nicht von Schumacher. Das Kapitel „Groß-Hamburg und seine Zerstörung“ wirft einen Blick auf die Zeit, als die Nazis die Stadtgeschichte bestimmten und Fritz Schumacher seinen Schreibtisch räumen musste. Konstanty Gutschow hieß damals der neue Mann, der die Größenwahnvorstellung der braunen Herrn planerisch umsetzen sollte. Am Elbufer sollte Gigantisches gebaut werden, fernab entstand zum Beispiel die Siedlung Klein-Borstel, in die nur Volksgenossen arischer Herkunft einziehen durften. Wohnen im Dritten Reich bedeutete aber auch die Vertreibung von Juden aus ihren traditionellen Quartieren wie dem Grindelviertel und letztlich auch die Deportation vom Hannoverschen Bahnhof aus in den Tod. Das Wohnungselend nach der Zerstörung – 40000 Wohnungen und 58 Kirchen wurden infolge des Zweiten Weltkriegs vernichtet oder beschädigt – wird wie der Neuaufbau Hamburgs faktenreich behandelt. Der Bau der Grindelhochhäuser und der Plan für Neu-Altona stehen für diesen Abschnitt Hamburger Stadtgeschichte. Kählers bitteres Fazit zur Hamburger Stadtgeschichte: „Vom sozialen Wohnungsbau bis zur Elbphilharmonie kann man sehen, dass der Staat heute nicht mehr in der Lage ist, die als öffentlich angesehenen Aufgaben zu übernehmen.“

Gerd Kähler „Von der Speicherstadt bis zur Elbphilharmonie. Hundert Jahre Stadtgeschichte Hamburg “ Dölling und Galitz Verlag, Hamburg 2009, 200 S., 160 Abb., ISBN 978-3-937904-87-0, 24,90 €



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