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Reiseführer Oldenburg

 

Ein Besuch im Dobbenviertel

Wer ins 19.Jahrhundert und in die Zeit des klassizistischen Oldenburg eintauchen möchte, der besucht das Dobbenviertel unweit des Staatstheaters und der Dobbenteiche. Der Schlossgarten und das Eversten Holz sind Parkanlagen, die das Viertel begrenzen. Vor der Bebauung mit ansehnlichen Stadthäusern bestand hier ein Niederungs- und Überflutungsgebiet der Haaren. Daher leitet sich auch der Name Dobben für sumpfige, nasse Niederung bzw. Wiese her.

Im Dobbenviertel (Oldenburg)

Im Dobbenviertel

Wir beginnen unsere Tour am Theaterwall, wo auch das Oldenburgische Staatstheater steht. Der Theaterwall war einst Teil des Festungswalls, der sich vom Haarentor bis zur Gaststraße erstreckte. Unter Herzog Peter Friedrich Ludwig wurde dieser Teil der Stadtumwallung um 1800 niedergelegt. 32 Jahre später wurde auf einer früheren Wallbastion der erste  Theaterbau errichtet.

Dieser wurde 1881 durch ein neues Theatergebäude ersetzte, das zehn Jahre nach der Vollendung ein Opfer der Flammen wurde. Seither steht an dieser Stelle ein spätklassizistischer Theaterneubau, der 1891 bis 1893 nach Plänen von Paul Zimmer entstand. Nicht zu übersehen sind die von einer Laterne bekrönte Gratkuppel und der am Theaterwall befindliche Portikus mit korinthischen Säulen. Zum Bauschmuck gehört ein Relief, das Apoll mit Thalia und Melpomene, Bacchus mit dem Panter sowie Psyche mit der Sphinx zeigt.

Rund um den Cäcilienplatz
Hinter dem Theater erreichen wir den Cäcilienplatz, benannt nach der dritten Gemahlin des Großherzogs Paul Friedrich August. An diesem Platz beginnt das Dobbenviertel, in dem ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts recht unterschiedliche Haustypen  errichtet wurden. Zu sehen sind der Frühtyp des drei- oder vierachsigen Oldenburgischen Giebelhauses und der sogenannte Spättyp mit zurückgesetztem Erschließungstrakt und sogenannten Altanen, hervorspringenden, mehr oder minder offenen „Anbauten“ im Obergeschoss. Bisweilen gibt es auch sogenannte Drempelgeschosse, Halbgeschosse über dem Obergeschoss. Sehr häufig sind nachträglich aufgebaute Wintergärten mit schmiedeeiserner Glaskonstruktion auszumachen.

Schmucke Stadtvilla im Dobbenviertel (Oldenburg)

Schmucke Stadtvilla im Dobbenviertel

Bebaut wurde das Gelände nach dem sogenannten Dobbenvertrag. Der Vertrag sah schmale und tiefe Grundstücke mit frei stehenden Wohnhäusern vor, die allerdings sehr eng aneinander stehen und alle jeweils straßenseitig einen Vorgarten besitzen. In den 1870er Jahren begann man im Dobbenviertel außerdem mit dem Bau von Walmdachhäusern mit L-förmigen Grundrissen. Einige dieser Häuser sind seitlich erschlossen, andere zentral, so wie in der Gartenstraße 33.

Guten Tag, Herr Jaspers

Büste Karl Jaspers, Künstlerin Christa Baumgärtel (Oldenburg)


Büste Karl Jaspers, Künstlerin Christa Baumgärtel

Auf dem Cäcilienplatz steht nicht nur ein Brunnen, sondern auch der von Jürgen Cominotto gestaltete Flussgott mit Haaren und Hausbäke. Die Büste des in Oldenburg geborenen Philosophen Karl Theodor Jaspers ist ebenso in der schmucken Grünanlage zu finden wie die der Pädagogin und Frauenrechtlerin Helene Lange.Der in Basel 1969 verstorbene Jaspers war eigentlich Psychiater, machte sich aber als Vertreter der Existenzphilosophie weit über die Grenzen Deutschlands hinaus einen Namen. Von

Büste Helene Lange, Künstlerin Christa Baumgärtel (Oldenburg)

Büste Helene Lange, Künstlerin Christa Baumgärtel

Jasper stammen  Sinnsprüche wie „Gleichgültigkeit ist die mildeste Form der Intoleranz.“ Helene Lange stammt wie Jaspers gleichfalls aus Oldenburg und war die Tochter des Kaufmanns Carl Theodor Lange. Sie engagierte sich nach ihrer Lehrerausbildung vor allem für die Ausbildung von Mädchen und Frauen. Ihr ist auch die Zeitschrift „Die Frau“ zu verdanken, eine wichtige Publikation der bürgerlichen Frauenbewegung der Weimarer Zeit.

Dreiecksgiebel und ...
Einige Häuser rund um den  Cäcilienplatz imitieren im Stil die Renaissance mit ihrer horizontalen Gliederung des Baukörpers. Backstein mit weißen Gesimsbändern und einem Ecktürmchen mit Wetterfahne sieht man an der Einmündung zur Bismarckstraße. An anderer Stelle stehen wir vor einem  zartgelb verputzten Haus mit einem Altan, der auf Säulen ruht und mit einem Wintergarten versehen wurde.

Dreiecksgiebel als Abschluss der Giebelhäuser sind überaus üblich. Auch über den weißen Fensterlaibungen finden sich „Dreiecksgiebel“. Der Bauschmuck ist eher zurückgenommen. Doch man entdeckt hier und da auch eine weibliche Schönheit in der Rundbogennische eines Giebelhauses.

Über die Bismarck- und die Cäcilienstraße gelangen wir zur Herbartstaße und zum Herbartgymnasium.

Ein Pädagoge stand Pate
Die Herbartstraße war einst der Ort der neuen Bleiche, nachdem die Stau-Bleiche bebaut worden war. Zu dieser Bleiche gehörte auch ein Wohn- ein Trocken- sowie ein Waschhaus. Doch diese auf dem Gelände des jetzigen Herbartplatzes errichteten Gebäude sind längst verschwunden. Auch die Bleiche existiert schon lange nicht mehr. An deren Stelle trat 1871/72 ein in Backstein errichteter Realschulbau. Dieser Schulbau im sogenannten Rundbogenstil und mit einem 21-achsigen Haupttrakt beherbergt heute das Herbartgymnasium. Benannt ist das Gymnasium nach dem 1776 in Oldenburg geborenen Philosophen und Begründer der wissenschaftlichen Pädagogik Johann Friedrich Herbart.   Dessen 1876 geschaffene Bronzebüste hat ihren Platz in einer Anlage vor dem Gymnasium. Am Eingang der Schule findet man außerdem ein Bronzereliefporträt des Pädagogen und Philosophen, der 1841 in Göttingen verstarb.  Das Geburtshaus dieses berühmten Oldenburgers stand einst dort, wo an der Langen Straße der Herbartgang beginnt.

An der Haaren
Am Friedensplatz steht die evangelisch-methodistische Kirche: 1858 entstand auf Initiative eines Predigers die erste Methodistengemeinde in Oldenburg. Das erste Gotteshaus ließ sich diese Gemeinde 1865 erbauen. Als diese Kirche zu klein wurde, begann man 1894 die neogotische Friedenskirche an ihrem heutigen Platz zu errichten.

Wir spazieren entlang der Haaren und deren Ufer bis zur Lindenallee, in die wir einbiegen. Ist es nicht Zeit für eine Kaffeepause? Kein Problem, denn in der Lindeallee lädt das Kaffeehaus (Lindenallee 50) zum Verweilen ein.

Über die Hindenburgstraße erreichen wir die Dobbenteiche und den ehemaligen Oldenburger Landtag.

Blick auf den Kaiserteich, einen der beiden Dobbenteiche (Oldenburg)

Blick auf den Kaiserteich, einen der beiden Dobbenteiche

Die Dobbenteiche
Während der Landesausstellung 1905 wurden die Dobbenteiche in das Vergnügungsprogramm einbezogen. Einige Jahre  später schrieb der damalige Magistrat einen Wettbewerb für die "künstlerische Gestaltung einer öffentlichen Gartenanlage auf dem Dobbengelände" aus. Doch keiner der eingereichten Entwürfe wurde realisiert. Das hing auch mit der Errichtung  des Ministerialgebäudes südlich des Wittschieben Teiches und eines Landtagsgebäudes im Südosten des Kaiserteiches zusammen. Erst in den 1930er Jahren erhielt das Areal am Kaiserteich einen Uferweg sowie Rhododendrenpflanzungen. Die Dobbenwiese ist bis heute das einzige Fleckchen „sozialen Grüns“ im Stadtkern von Oldenburg.

Regierungsbauten an den Dobbenteichen
Das Landtagsgebäude und das Staatsministerium sind im Entwurf ein Werk des Stuttgarter Architekten Paul Bonatz, der auch für den im Zusammenhang mit dem Bahn-Projekt Stuttgart 21 im Jahr 2010 in die Schlagzeilen geratenen Stuttgarter Hauptbahnhof verantwortlich war.

Zwischen 1914 und 1917 wurden am Theodor-Tantzen-Platz und an der Tappenbeckstraße die beiden Regierungsbauten realisiert. Im Landtagsgebäude tagte der Oldenburgische Landtag - auch nach der Auflösung des Großherzogtums im Jahr 1918. Heute dienen beide Gebäude der Unterbringung von städtischen Behörden.

Klassizistisches Format
Das Ministerialgebäude ist eine Dreiflügelanlage mit viergeschossigem Hauptbau von 27 Achsen. Der Baukörper ist in Spritzputz gehalten und daher eher unauffällig. Mittig am Baukörper sitzt die auf Muschelkalksäulen ruhende Vorhalle. Im rechten Winkel zum Ministerialgebäude wurde der Landtag erbaut. Es ist ein kubischer, dreigeschossiger Bau mit dem Motiv der Säulenhalle: Nicht zu übersehen sind die zehn ionischen Säulen, die über alle Geschosse reichen. In der Wandelhalle des Landtages sind die Fresken des umstrittenen Oldenburger Malers Bernhard Winter zu sehen, dessen künstlerisches Werk im Stadtmuseum gezeigt wird. Winter folgte teilweise völkischen und nationalsozialistischen Ideen und „idealisierte“ in seinen Gemälden das Landvolk.

Der ehemalige Landtag in Oldenburg

Der ehemalige Landtag

Über die Tappenbeckstraße und Unter den Eichen gelangen wir zu einer der beiden innerstädtischen grünen Oasen: Das Eversten Holz ist seit Jahren am letzten Schultag vor den Sommerferien ein beliebter Schülertreffpunkt. Während der Regentschaft von Herzog Friedrich August wurde das Eversten Holz dank tatkräftiger Planung des Forstmeisters Peter Ahlers in ein „Lustgehölz“ umgewandelt. Dabei wurden barocke Elemente in die Gestaltung einbezogen. Reit-, Fahr- und Fußwege durch die Anlage sind auf das 19.Jahrhundert zu datieren, als Großherzog Paul Friedrich August seiner aus Wien stammenden Gemahlin einen zeitgemäßen Park präsentieren wollte.

Auf zum Schlossgarten
Über die Teich- und die Bismarckstraße setzen wir die Tour fort, um zum Abschluss den Schlossgarten zu besuchen, der im frühen 19. Jahrhundert angelegt wurde. Es ist ein typischer Landschaftsgarten, zu dem auch eine offene Sitzhalle und ein Gewächshaus gehören. Die Alte Hunte und die Hausbäke durchfließen Teile des Parks. Am Schlosswall befindet sich hinter dem heutigen Sozialgericht, der teilweise von Rhododendren umstandene Schlossteich. Botanisch besonders nennenswerte Gehölze des Gartens sind u. a. eine Schwarznuss von 1814, ein Mammutbaum, Rhododendren von 1885 und eine Kaukasische Flügelnuss.

 

Weitere Informationen

Herbartgymnasium
Herbartstr. 4
26122 Oldenburg
http://www.herbartgymnasium.de/hgohome.html

EmK Oldenburg

Friedenskirche
Friedensplatz 5
26121 Oldenburg

Kaffeehaus
Lindenallee 59
26122 Oldenburg


 

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