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Reiseführer Kaiserslautern

 

Ehemalige Kammgarnspinnerei

Kammgarnspinnerei in Kaiserslautern

In einem Teil der Kammgarnspinnerei ist nun die Kultur zuhause

Ein bärtiger Ikarus steht auf einem der Dächer des weitläufigen Komplexes der ehemaligen Kammgarnspinnerei. Wohin will er fliegen? Was hat er vor? Andere Herren in adretten Anzügem zieren als „Gallionsfiguren“ das Dach der lang gestreckten ehemaligen Lagerhalle. Ein bunter Steinfisch - Referenz an das Stadtwappen der Barbarossastadt - ist vor dem alten Bahnhof Kaiserslautern West gestrandet. Vor dem heutigen Kulturzentrum Kammgarn – untergebracht im Alten Kesselhaus (1860), Neuen Kesselhaus und Kraftwerk - steht „Die Spindel“, eine dreidimensionale Arbeit von Robert Currie, die Dynamik ausstrahlt und vielleicht auch die gelungene Konversion des Industriegeländes symbolisiert.

Das Logo der Kammgarnspinnerei an der Brücke zwischen Wolllager und dem Verwaltungsbau der 1930er Jahre (Kaiserslautern)

Das Logo der Kammgarnspinnerei an der Brücke zwischen Wolllager und dem Verwaltungsbau der 1930er Jahre

Die Kammgarnspinnerei, ein Zeugnis der Industriekultur des 19. und 20.Jahrhunderts, wurde 1857 von Franz Flamin Meuth und Jean Schoen – ihm ist heute auf dem Gelände ein Park gewidmet – ins Leben gerufen. Zunächst nutzte man die Böcking'sche Mühle, stattete diese aber mit moderner Technik aus. Einige Jahrzehnte dauerte es, bis ein Gleisanschluss den Industriekomplex erschloss. Zwischen 1905 und 1912 erfolgten dann notwendige Betriebserweiterungen. Ein Brand erzwang 1937 den Bau neuer Produktionshallen und eines Verwaltungsgebäudes nach den Plänen des Stuttgarter Architekten Philip Jacob Manz. Dessen Entwurf erinnert ein wenig an die Industriearchitektur  der Zeche Zollverein in Essen. Auf die 1930er Jahre  geht der Bau der Turbinenhalle, ein Eisenklinkerbau, und des Neue Kesselhaus, eine Stahlbetonkonstruktion im Geist des Neuen Bauens, zurück. Gleichfalls ein Kind von Manz ist der Nord-Süd-Riegel des Verwaltungsbaus mit seinem markanten Turmbau. Eine Brücke verbindet diesen Riegel mit dem Wollmagazin auf der anderen Seite. Diese Brücke, an der das Fimenlogo der Kammgarnspinnerei mit Widder und Spindel seinen Platz hat, formt gleichsam den stadtnahen Eingang zum ehemaligen Firmengelände.

Während des so genannten III. Reichs produzierte das Unternehmen auf umgebauten Zwirnmaschinen Natronpapier und Granaten, war also in das kriegsorientierte Wirtschaftsgefüge eingebunden. Bei den Bombardements der Alliierten war die Kammgarnspinnerei eines der Ziele in der Stadt. Nach dem Krieg erfolgte der zügige Wiederaufbau. Der Rückgang in der deutschen Textilindustrie aufgrund der billigen Konkurrenz in Fernost erzwang 1983 die Stilllegung des einstmals wohl modernsten Textilbetriebs in Westdeutschland. Der größte Teil des Maschinenparks wurde in die VR China verkauft.

Wer über das Gelände der einstigen Kammgarnspinnerei schlendert, stößt heute nicht nur auf das Veranstaltungszentrum Kammgarn, sondern auch auf den Jean Schoen gewidmeten Park. Nicht zu übersehen ist dort die Büste eines der Gründer der Kammgarnspinnerei. Ihm gegenüber hat die aus rostigem Stahl geschaffene Skulptur „Symbol der Freundschaft“ ihren Platz. Klaus Hartmann ist der Künstler, der den Moment festgehalten hat, in dem eine Figur zum Sprung über eine schräge Mauer ansetzt. Sorgsam geschnittene Hecken, silbrig-grün scheinende Weiden und gepflegte Rasenflächen,  ein „Wassergarten“ sowie  Sitze unter Sonnensegeln sind weitere Gestaltungselemente der Grünanlage zwischen den Überbleibseln der Kaiserslauterer Industriegeschichte. Zudem hat auf einer tiefer liegenden Rasenfläche die etwa vier Meter hohe Skulptur „Orpheus“ von Gunther Stillung ihren Platz gefunden. Orpheus bahnt sich seinen Weg durch einen h-förmigen „Durchbruch“, an dem eine Geige lehnt. Das ist ein anderer Orpheus, als der, den Ossip Zadkine für Marl geschaffen hat. Zadkine lässt Orpheus auf einem grünen Hügel die Lyra spielen und nicht die Geige.

Bisher ohne neue Funktion ist das Pförtner- und Feuerwehrhäuschen am Rande des Verwaltungsbaus. In diesem werden heute angehende Architekten, Bauingenieure und Innenarchitekten geschult. Gegenüber dieser Abteilung der Fachhochschule Kaiserslautern haben sich im ehemaligen Wolllager Künstler wie Silvia Rudolf und Nicole Gimber eingerichtet – sie gehören zur Künstlerwerkgemeinschaft Kaiserslautern.

Verlässt man das Gelände, so fällt der Blick auf eine knospige Sandsteinskulptur, die im Rahmen eines Bildhauersymposiums von Augusto Vasconcelos geschaffen wurde.

 

Kammgarn GmbH
Schoenstraße 10
67659 Kaiserslautern

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