Vom Malochen zur Kunst

Die ehemalige Zeche Zollverein in Essen hat sich zum Kulturzentrum gemausert

Text und Fotos: Ferdinand Dupuis-Panther

Der Strukturwandel hat das Ruhrgebiet verändert: Die Schlote rauchen nicht mehr, der Steinkohlebergbau sieht auch in Deutschland seinem endgültigen Ende entgegen, und die Zeche Zollverein, einst die »verbotene Stadt« im Essener Stadtteil Katernberg, ist Weltkulturerbe und dient längst kulturellen Zwecken.

Das Kesselhaus, von Sir Norman Foster umgestaltet, beherbergt das „red dot design museum“, und im Schalthaus können sich Besucher einer Zechenführung anschließen. Unterdessen verwandelt sich die ehemalige Kohlenwäsche Stück für Stück ins neue Ruhrmuseum, das die Bestände des Ruhrlandmuseums aufnehmen wird. Im Winter kann man gar auf dem Zechengelände Schlittschuh laufen. Unberührt vom Wandel hat das Doppelbockfördergerüst am Rande des »Ehrenhofes« die Zeiten überdauert. Es ist gleichsam das Wahrzeichen für das Essener Revier und Erinnerung an eine Zeit, als hier noch Fettkohle gefördert wurde.

Ein Förderturm als Landmarke: Das Doppelbockfördergerüst am Eingang zum Zechengelände der Zeche Zollverein in Essens Norden

Nicht nur auf dem Gelände, sondern auch in einzelnen Gebäuden der Industrieanlage hat die Kunst die Steinkohleförderung verdrängt: Im Kühlturm II auf dem Gelände von Schacht XII residiert die Interartes, und den Kesselaschebunker bespielt Maria Nordman mit ihrer Kunstintervention »La Primavera«. Konzerte und Veranstaltungen finden in der Lesebandhalle statt, in der auch einige Künstler ihre Ateliers bezogen haben. Feinschmecker treffen sich im Turbokompressor, in dem für erlesene Speisen gesorgt ist.

Sag mir, wo die Kumpels sind

Symmetrie und rechter Winkel bestimmen die Architektur

Jenseits der Gleisanlagen, die von jungen Birken bestanden werden, erhebt sich ein ehemaliger Schacht, in dessen aufgelassenen Gebäuden der Kunstschacht Zollverein und das Choreographische Zentrum NRW eingezogen sind. Nur im Rahmen von Führungen ist das Museum Zollverein zugänglich, das im so genannten Wagenumlauf eingerichtet wurde, und neben bergmännischen Geräten den Wagenumlauf inszeniert, der jahrzehntelang den Alltag auf der Zeche bestimmte.

Kunst statt Kohle - das neue Image des Weltkulturerbes Zeche Zollverein

Die grauen Zechensiedlungen sind längst modernisiert worden. Hier leben die Kumpels, die einst unter Tage malochten. Doch inzwischen hat auch die Aufschickung des Industriedenkmals stattgefunden, hat eine bürgerliche Hochkultur die traditionelle Industriekultur verdrängt. Mehr und mehr auswärtige Besucher kommen neugierig in den Essener Norden, begeben sich auf eine Erlebnistour zwischen Schacht XII und der Kokerei. »Zollverein ist eine leere Hülle, ein totes Gebilde«, hört man von Einheimischen. »Es gibt nicht einmal ein Bürgercafé.« Es scheint so, als sei die Zeche ein Fremdkörper geworden. Mit Millionen von Euro aus Brüssel arbeitet man an einem überregionalen Kulturzentrum, plant eine Weltausstellung für Design, aber eben nicht die Vernetzung mit dem Stadtteil, der von sozialen Verwerfungen gezeichnet ist.

Ein Symbol der Arbeit

Die Maschinen ruhen schon lange

Als die Zeche konzipiert wurde, sollte sie nur für zwei oder drei Jahrzehnte bestehen. Man hatte nicht erwartet, sie so lange zu nutzen zu können. Doch tatsächlich wurde bis 1986 Kohle gefördert und zu Koks verarbeitet. Mit der Abteufung begann man 1847. Auf den ersten abbauwürdigen Flöz stieß man damals in 130 Meter Tiefe. Vier Jahre nach der ersten Abteufung begann die Förderung von Kohle.

Jüngstes Kind der Gesamtanlage Zeche Zollverein ist Schacht XII, der als eine Art Verbundbergwerk fungierte, um die Kohle aus mehreren verstreuten Flözen ans Tageslicht zu fördern. Die Gebäude – Maschinenhaus, Kesselhaus, Schachthaus, Pförtnerhäuschen, Zentralwerkstatt und Elektrowerkstatt – entwarfen die Architekten Fritz Schupp und Martin Kremmer. Dabei wählten sie für die Bauten ihrer streng symmetrisch konzipierten Anlage eine Skelettbauweise mit Backsteinausfachung. Es waren ganz im Sinne des Bauhauses funktionale Kuben ohne jeden Bauschmuck.

Alle Räder stehen still...

Der Eingangsbereich des Zechengeländes wird von zwei Torhäusern flankiert. Die Rasenfläche zwischen Schalthaus, Schachthaus, Förderturm sowie Zentral- und Elektrowerkstatt gleicht einem Ehrenhof. Am Ende der von diesem Ehrenhof ausgehenden Querachse steht das Kesselhaus, dessen hundert Meter hoch aufragender Turm aus statischen Gründen im Zuge der Umnutzung abgetragen wurde. Auch diesem Gebäude ist ein Hof vorgelagert, der von Nieder- und Hochdruckkompressorenhaus gesäumt wird. Den Ausgangspunkt für eine derartige Baugestaltung formulierte Fritz Schupp: »Wir müssen erkennen, dass die Industrie mit ihren gewaltigen Bauten nicht mehr ein störendes Glied in unserem Stadtbild ist, sondern ein Symbol der Arbeit, ein Denkmal der Stadt, das jeder Bürger mit wenigstens ebenso großem Stolz dem Fremden zeigen soll, wie seine öffentlichen Gebäude.«

 

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