Reiseführer Rom

Parco degli Acquedotti - Park der Aquädukte

Und plötzlich steht man draußen in der römischen Campagna! Schlagartig enden die Reihen der gepflegten Apartmenthäuser an der Via Lemonia. In der Ferne schimmert bläulich die Silhouette einer Bergkette und im Vordergrund breiten sich Wiesen und Äcker aus, hier und da überragt von verwitterten Steinbögen – Überresten antiker Aquädukte. Je weiter man vordringt, um so dichter wird das Netzwerk von einem halben Dutzend altrömischer Wasserleitungen, die sich hier zu einem Knotenpunkt vereinen, mal oberirdisch als mächtige Arkaden und streckenweise übereinander geführt oder in unterirdisch verlegten Terrakotta-Röhren.

Rom: Park der Aquädukte

Schon in republikanischer Zeit kam die bis dahin geübte Praxis der Wasserversorgung Roms an ihre Grenzen. Es reichte nicht mehr aus, die Quellen in Stadt und Umfeld anzuzapfen und aus dem Tiber zu schöpfen. Die Quellen gaben zu wenig her und der Tiber musste mit steigender Einwohnerzahl immer mehr Abwässer aufnehmen, später auch die der berühmten Cloaca Maxima, deren Einmündung in den Tiber noch heute nahe dem Ponte Rotto zu bestaunen ist.

Roms erste Überland-Wasserleitung war die Aqua Appia, so benannt nach dem Censor Appius Claudius Caecus, der auch die Via Appia Antica bauen ließ. Die zumeist unterirdisch verlegte Wasserleitung aus den Jahren um 312 v. Chr. erreichte eine Länge von 16,5 km und endete auf dem Forum Boarium zwischen Circus Maximus und dem Tiberufer. Rund 80 % des etwa 500 km langen römischen Leitungssystems verliefen unterirdisch. Der Materialaufwand war deutlich geringer als bei oberirdischen Bogenkonstruktionen aus Natursteinquadern oder Ziegeln und die Erosion fand weniger Angriffspunkte. Außerdem wirkten sich Erdbeben nicht so zerstörerisch aus, Reparaturen waren relativ einfach und für Feinde der Stadt war ihr Verlauf nicht so ohne weiteres erkennbar.

Seit dem 3. Jahrhundert n. Chr. wurde Rom über elf Aquädukte mit Frischwasser versorgt. Sie speisten elf große, öffentliche Bäder (Thermen), 965 kleinere Badehäuser (private und öffentliche), Hunderte Latrinen, 1.352 öffentliche Brunnen und die Reservoirs wohlhabender Privatleute. 21 cbm Wasser flossen über die Aquädukte in jeder Sekunde zu den Abnehmern, darunter waren sehr gute Qualitäten und weniger gute, die als Brauchwasser genutzt wurden. Der Verbrauch lag bei geschätzten 400 l pro Kopf und Tag, für 2014 errechnete man hierzulande einen Prokopfverbrauch von 122 l (Haushalt, Körperpflege, Toilette).

Rom: Aqua Claudia

Aqua Claudia

Die Aquädukte im Park

Höchst eindrucksvoll präsentiert sich die Aqua Claudia, die ihr Namensgeber, Kaiser Claudius, im Jahre 52 n. Chr. abschloss. Initiator des Baus aber war Kaiser Caligula, der vierzehn Jahre zuvor den Bauauftrag erteilt hatte. Das Wasser wurde Quellen an den Berghängen im Tal des Anio (Aniene) entnommen. Seine 68,7 km lange Strecke legte es überwiegend unterirdisch zurück, nur die letzten 15 km oberirdisch, davon 10,5 km über Bögen. Allein 154 seiner imposanten Steinbögen prägen das Landschaftsbild des Parco degli Acquedotti. Streckenweise hat dieser Aquädukt noch eine weitere Wasserleitung sozusagen huckepack genommen: den Anio Novus-Aquädukt, der zur gleichen Zeit entstand wie die Aqua Claudia, sein Wasser aber dem Fluss entnahm und viel Schlamm mit sich transportierte, was erst nach vielen aufwändigen Versuchen mittels eines Absetzbeckens behoben werden konnte. Auf seinen letzten 13 km trägt die Aqua Claudia seine steinerne Röhre bis in das Zentrum Roms. Der Anio Novus übertraf mit einer Kapazität von rund 190.000 cbm Wasser pro Tag alle anderen Aquädukte und mit einer Länge von knapp 87 km rangierte er an zweiter Stelle.

Rom: Aqua Claudia

Aqua Claudia

Das Kunststück, gleich drei Wasserleitungen übereinander zu platzieren, kann man noch an einer Stelle nahe der Via Lemonia verblüfft betrachten. Als „Basis“ diente die Aqua Marcia, die 140 v. Chr. fertiggestellt wurde. Sie erreichte 91 km und einen Durchsatz von 188.000 cbm am Tag. Ihr Wasser entstammte dem Anio, wurde aber weiter flussaufwärts entnommen und galt als gut trinkbar. Man nutzte das starke Mauerwerk der Marcia, um gegen 125 v. Chr. auf ihrem Rücken die Leitung der Aqua Tepula (der „Lauwarmen“, ihr 16 – 17 Grad warmes Wasser kam aus dem vulkanischen Hochland der Albaner Berge) zu installieren und Jahrzehnte später, so gegen 30 v. Chr., kamen noch obendrauf die Röhren der Aqua Iulia. Jede der drei Wasserleitungen hatte ihren eigenen Tunnel, unten die Marcia, in der Mitte die Tepula und oben die Iulia.

Rom: Aqua Felice

Aqua Felice

Nur wenige Meter des Dreifach-Aquädukts blieben erhalten. Aus den vielen Bruchstücken entstand in der späten Renaissance ein neuer Aquädukt, nicht so attraktiv wie seine antiken Vorgänger, eher nüchtern und schmucklos, obendrein niedrig. Auftraggeber war Papst Sixtus V. (1585-1590), mit bürgerlichem Namen Felice Peretti di Montalto, der sein Werk Acquedotto Felice benannte, was man auch als „Glückliches Wasser“ deuten kann.

Wie seine Vorgänger verlief der Felice zunächst unterirdisch, trat dann auf dem Gelände des Parco an die Oberfläche, um Wasser nach Rom zu verfrachten und das – nach gründlicher Restaurierung in den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts – bis auf den heutigen Tag.





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