Trevi-Brunnen

Ist er nun der schönste unter den rund dreitausend römischen Brunnen? Da sind die Meinungen geteilt. Immerhin stimmen (fast) alle Betrachter darin überein, ein derart grandioses Wasserspiel weder in Rom noch weit darüber hinaus erlebt zu haben. Dabei kündigt er sich nicht etwa durch tosendes Rauschen an und die auf ihn zuführenden Straßen sind eng und versprechen nichts, keine pompösen Arkaden signalisieren seine Nähe. Und dann sieht man sich unvermittelt auf einem erstaunlich kleinen, intimen Platz einer um so wirkungsvolleren theatralischen Schauwand gegenüber, die sich vom Rand des Brunnenhalbrunds mit ihren schwungvollen Skulpturen, den Säulen, Nischen und Reliefs Dutzende Meter in die Breite und bis in sechsundzwanzig Meter Höhe entfaltet.

Das Empfinden, gerade einer höchst lebendigen Bühneninszenierung beizuwohnen, ist überwältigend, stürmt doch aus der großen mittleren Nische Okeanos, der Gott des Meeres und der Flüsse, in seinem Muschelwagen zwischen Riffen und Wogen hervor, gezogen von zwei Seepferden, die Tritonen, Halbgötter mit menschlichen Leibern und Fischschwänzen, nur mit Mühe im Zaum halten können. Mit ihm ergießen sich die Wassermassen über die dramatisch geformten Felsen in das riesige Becken.
Die Mitte der Schauwand mit den kolossalen Halbsäulen ähnelt nicht zufällig einem antiken römischen Ehren- oder Triumphbogen. Anstelle der dort üblichen drei Öffnungen sind hier Nischen für die Aufstellung der Statuen eingelassen. Neben dem schon erwähnten Herrscher über Meere und Flüsse haben links und rechts von ihm die Personifikation des Überflusses („abundantia“) bzw. der Heilkraft („salubritas“) ihren Platz erhalten, das verschwenderisch fließende Wasser und seine heilende Wirkung verkörpernd. Über der rechten Nische erkennt man ein Relief, das die Legende von der Jungfrau („virgo“) erzählt, die dürstenden römischen Soldaten die Quelle zeigt, deren Wasser, über ein Aquädukt herangeführt, später die Brunnen der Stadt speiste. Auf der anderen Seite, oberhalb der „abundantia“ symbolisierenden Statue, prüft Marcus Agrippa, der Schwiegersohn des Augustus, den Entwurf des Aquädukts.
Ursprünglich sollte an diesem Platz nach den Vorstellungen von Papst Urban VIII. das Barockgenie Gian Lorenzo Bernini (1598 – 1680) ein schon existierendes Steinbassin umbauen und zu einem architektonischen Glanzpunkt erweitern. Doch von Beginn an stand das Projekt unter keinem guten Stern. Bernini konnte noch das große Brunnenbecken vollenden, dann gerieten die Arbeiten ins Stocken, weil päpstliche Auftraggeber verstarben, es an Geld mangelte und der ursprüngliche Entwurf nur geteilten Beifall fand. Erst Papst Clemens XII. (1730/40) konnte das Vorhaben voranbringen. Er gewann den Architekten Nicolò Salvi (1697 – 1751) für die Fertigstellung. Der starb jedoch noch während der Arbeiten, eine neuer Papst übernahm die Oberaufsicht, der Bildhauer Pietro Bracci und seine Mitarbeiter Filippo Valle, Andrea Bergondi u.a. vollendeten schließlich die Anlage im Jahre 1762. Der Trevi-Brunnen ist der großartige Abschluss der Aqua Virgo/Acqua Vergine, jenes antiken Aquädukts, den Marcus Agrippa für seine Thermen errichten ließ und der bis heute viele der bekannten Brunnen in Roms centro storico speist.

Und was geschieht mit den Münzen, die Tag und Nacht auf dem Beckengrund landen? Eigentlich ist es sogar verboten, Münzen hinein zuwerfen, doch „così fan tutti“, so machen es doch alle... und obendrein erfüllt es noch einen guten Zweck. Nach alter Rechtssprechung der Commune di Roma sind die Münzen herrenloses Gut und so konnte noch Ingeborg Bachmann, die viele Jahre in Rom lebte, in ihrem Essay „Was ich in Rom sah und hörte“ 1955 festhalten: „Wer ein Geldstück in die Fontana di Trevi wirft, um wiederzukommen, fürchtet, es könnte nicht angenommen werden. Aber er kann getrost sein. Nachts setzt sich ein Junge auf den Brunnenrand und pfeift, lockt die anderen hervor. Wenn alle sich versammelt haben, legt der Junge die Kleider ab und steigt lässig ins Wasser. Mond belichtet die Szene, während er sich fröstelnd bückt und die Münzen einsammelt. Am Ende pfeift er wieder, und in seinen Händen verschmelzen alle Währungen zu Silber.“
Das war bald schon nicht mehr möglich. Städtische Bedienstete sammelten bei der wöchentlichen Reinigung die Münzen ein und übergaben sie karitativen Einrichtungen. Und seit 2002 wird der Geldsegen täglich herausgefischt und der Caritas oder dem Roten Kreuz gespendet – rund eine Viertel Million Euro jährlich.