Bauhaus Reisebuch. Weimar. Dessau. Berlin:Bauhaus-Archiv Berlin, Stiftung Bauhaus Dessau, Klassik Stiftung Weimar (Hg.), 304 Seiten, 111 farbige Abb., 121 s/w Abb., Hardcover, 2012, ISBN 978-3-8321-9411-6, Preis: EUR 19,95
Der Anspruch des Buches ist ambitioniert, versucht es doch nicht nur dem Leser eine Reise zu den Bauhausstätten nahe zu bringen, sondern auch die Ideen des Bauhauses zu vermitteln. Weimar, Dessau und Berlin sind die wesentlichen Stationen der Reise. Doch damit nicht genug, denn es wird auch die Spur des Bauhauses in Frankreich, Israel, der Schweiz, den USA und Ungarn verfolgt. Ausführlich werden die Bauten des Bauhauses beschrieben, zumdem aber auch solche, die irgendwie mit dem Bauhaus in Verbindung stehen, sei es, weil hier Kunstwerke der Bauhaus-Vertreter zu sehen sind oder sich Bauhäusler dort getroffen haben. Allerdings wird mit keiner Silbe das Wirken von Otto Haesler in Celle aufgeführt. Man fragt sich allerdings nach dem Warum. Der Abschnitt zu den "Routen des Bauhauses" in Frankreich, Israel und anderswo scheint aus meiner Sicht recht kurz geraten zu sein. Es sind mehr Schlaglichter, die uns Ingolf Korn präsentiert, der allerdings recht ausgiebig auf die Ulmer Hochschule für Gestaltung eingeht, die unter anderem von Max Bill gegründet und von der Landesregierung Baden-Württembergs ohne Not vor Jahren geschlossen wurde. Wir erfahren von dem Versuch Moholy-Nagys, ab 1937 ein neues Bauhaus in Chicago zu schaffen, und von Hannes Meyer, den es erst in die UdSSR zog, ehe er im Zuge der stalinistischen Säuberungen wieder emigrieren musste. "Das Bauhaus ist eine globale Ausstellung". Das formuliert Korn in seinem Beitrag, was allerdings etwas verwundert, wenn man an anderen Stellen der vorliegenden Veröffentlichung eher kritisch-abwertende Töne zur Bauhausverbundenheit liest, so über das Bauhaus in Tel-Aviv (Israel) – immerhin als Bauhaus-Erbe Teil des UNESCO-Weltkulturerbes! Das Bauhaus-Archiv in Berlin und das Bauhaus-Museum in Weimar sind aus Sicht der Autoren ebenso Bauhaus wie das Deutsche Nationaltheater Weimar, wo sich eine Relieftafel befindet, die dem Baubüro Gropius geschuldet ist. Auch die Architekturentwürfe von van de Velde – dieser war ja zunächst ganz der Art nouveau zugetan – finden sich im Weimar-Kapitel, ob Haus Henneberg oder Haus Hohe Pappeln und das Nietzsche-Archiv. Das Neue Museum Weimar wurde augenscheinlich nur deshalb in den Band aufgenommen, weil hier wegweisende Ausstellungen der Moderne und 1923 die Bauhaus-Ausstellung stattfanden. Kann es eigentlich ausreichen, die Gedenkstätte KZ Buchenwald in einen solchen Band über das Bauhaus aufzunehmen, weil die Inschrift des Lagertors von einem inhaftierten Bauhaus-Studenten entworfen wurde? Nicht nur nach Weimar werden Leser auf den Spuren des Bauhauses entführt, sondern auch nach Gelmeroda – bekannt durch Feiningers "kristalline Malerei" der Kirche von Gelmeroda. Aber auch das Neufert-Haus steht in diesem Dorf. Was der Architekt Ernst Neufert allerdings mit dem Bauhaus zu tun hat, wird im Beitrag zum Neufert-Haus nicht stichhaltig abgeleitet. Dass in Jena befindliche Haus Auerbach – ein Entwurf von Walter Gropius – fand vor den Augen der Autoren Gnade, in den Band eingeschlossen zu werden, wie außerdem das Abbeanum in Jena. Zu finden ist in der Veröffentlichung die Bauhaus-Töpferei Dornburg, aber auch das Grassi-Museum in Leipzig mit seinen von Josef Albers konzipierten Fenstern. Das mehrflügelige Dessauer Bauhausgebäude ist gewiss ein Muss in einer solchen grundlegenden Veröffentlichung über das Bauhaus. Ebenso selbstverständlich ist es, dass auf die Stiftung Bauhaus-Museum ausführlich eingegangen wird und die Bauhausenwürfe für eine zeitgemäße Inneneinrichtung von Alfred Schäfter und Marcel Breuer abgebildet sind. Auch die Meisterhäuser dürfen in einem Kapitel zu Dessau und Bauhaus nicht fehlen. Ein thematischer Block ist dem Thema "Die Dessauer Meisterhäuser als Künstlerkolonie" gewidmet. Schließlich gelangen wir in die Bauhausstadt Berlin, wo nicht nur das Bauhausarchiv auf den Besuch interessierter Architekturliebhaber der Moderne wartet. Die von Peter Behrens 1908/9 – also weit vor der Bauhaus-Gründung 1919 – entstandene Maschinenhalle der AEG-Turbinenfabrik wird ebenso im Berlin-Kapitel vorgestellt wie das von van der Rohe entworfene Haus Perls nahe der U-Bahn-Station Krumme Lanke. Was allerdings die Berlinische Galerie – untergebracht in einem ehemaligen Glaslager – mit dem Bauhaus gemein hat, wissen wohl nur die Autoren. Der in diesem Abschnitt erwähnte Prounenraum von El Lissitzky ist im Übrigen seit Jahren schon nicht mehr zu sehen gewesen, wenn auch andere Werke russischer Avantgardisten. Hanseviertel, Stalinallee und die Neue Nationalgalerie – eine Arbeit van der Rohes – laden ebenso zu einem Besuch ein wie die Großsiedlung Siemensstadt, die Gropius konzipierte. Eher als Randnotizen werden die anderen als UNESCO-Welterbe geadelten Berliner Siedlungen – man denke an die Hufeisensiedlung – aufgeführt. Jeder der Abschnitte zu Weimar, Dessau und Berlin wird mit einer Karte abgeschlossen, auf der die behandelten Bauwerke zu finden sind. Zudem gibt es Angaben zur Anreise und einen umfänglichen Adressenteil als Besucherorientierung für eine Exkursion vor Ort. Farbige Abbildungen zu den Bauwerken lockern die Beschreibungen der Bauwerke auf. Statt farbig unterlegte Kästen mit Themen wie "Der Großherzog und Henry van de Velde" sowie "Das Bauhaus und die Dessauer Aufklärung" in die Beschreibung der einzelnen Bauhaus-Bauten zu integrieren, hat man sich entschieden, jeweils am oberen Rand der Seiten derartige Themenblöcke laufen zu lassen. Das ist nicht leserfreundlich, weil man stets zwischen Baubeschreibung und Themenblock das Auge schweifen lassen muss bzw. genötigt ist, ständig vor- und zurückzublättern. © fdp
Bernward Schneider: Flammenteufel, Kriminalroman, 274 Seiten, Meßkirch 2011, ISBN 978-3-8392-1179-3, Preis 9,90 €
Wir schreiben das Jahr 1933, in dem wir als Leser nicht nur dem Anwalt Eugen Goltz begegnen, sondern auch mit ihm den Prozess um den Reichstagsbrand verfolgen. Dabei ist der aufgeklärte und politisch interessierte Leser recht schnell in Gefahr, nach den historischen Quellen zu forschen, und versucht, eigene Quellenstudien anzustellen. Ist der vermeintliche Täter van der Lubbe nicht doch nur ein Bauernopfer? Wurde er gar hypnotisiert? Steckt hinter dem Brand die SA? Hat Hitler selbst die Fäden in der Hand gehabt, oder Göring? Welche Rolle spielt gar ein okkulter Zirkel, dessen Mitglieder Eugen Goltz bedrohen. Der Autor versichert, dass das Prozessgeschehen – es nimmt in dem vorliegenden historischen Kriminalroman einen erheblichen Umfang ein – auf den Original-Verhandlungsprotokollen beruht, ohne allerdings zu enthüllen, wie stark seine erzählerische und dramaturgische Freiheit ausgefallen ist. Mehrere Monate dauerten die Verhandlung und die sozialen und politischen Veränderungen beeinflussten das Verfahren ganz erheblich – das wird dem Leser auf alle Fälle verdeutlicht. Klar wird außerdem: Der Reichstagsbrand, wohl inszeniert von den neuen Machthabern, war der Startschuss für die Verfolgung Andersdenkender. Der braune Pöbel herrscht in den Straßen Berlins und im Reichstag. Ohne eigenes Zutun wird Eugen Goltz in den politischen Strudel des Jahres 1933 hineingezogen, nur weil er aufgrund eines Anrufs einer Mandantin zu Hilfe eilt und dabei unversehens des Mords verdächtigt wird. So macht er nicht nur einmal Bekanntschaft mit der GESTAPO. Bekanntschaft macht Goltz aber auch mit einer Freundin seiner Mandantin, der Nackttänzerin Alice Resow. Sie trat bis zu ihrem mysteriösem Ableben in der "Scala" auf. Dass in der "Scala" sich auch die neuen Herren im Lande an den schönen Tänzerinnen ergötzen, bringt Goltz bei der Vertretung seiner Mandantin ganz erheblich in Gefahr. Gefährliche Sexspielchen und ein "flotter Dreier" sind – das erfährt Goltz aber erst recht spät, fast zu spät – für den "Fall Resow" ganz entscheidend. Außerdem ist für die Lösung des Falls nicht unerheblich, welche Rollen der Bankier Philipp Arnheim, der Architekt Richard Koenen sowie Alices Freundin, Leni, dabei spielen. Der Autor beweist Geschick darin, die politischen Vorgänge mit den persönlichen Leidenschaften der Hauptpersonen zu verknüpfen. Dabei durchbricht er auch das Klischee von den biederen, spießigen "braunen Buben". Oder gilt auch für diesen Roman nur: "Sex sells"?
Dorothea Zöbl: Leben am Kurfürstendamm - 100 Jahre Geschichte und Geschichten um die Mietshäuser Kurfürstendamm 48–50, 248 S. m. 107 Abb., davon 14 farbig, Berlin 2011, ISBN 978-3-7861-2641-6, Preis 39,00 € [D] | 52,90 SFR [CH]
Die Autorin hat sich das Motto des Berliner Essayisten und Chronisten Franz Hessel zu eigen gemacht: „Ist also die Straße eine Art Lektüre, so lies sie, aber kritisiere sie nicht zuviel.“ Zugleich mit der Chronik, der Mietshäuser 48-50, die einst im Auftrag von Heinrich Munk entstanden, hat die Autorin eine Hausbiographie gegen das Vergessen verfasst, wie es in der Einleitung heißt. Sie erinnert an die verschiedenen Bewohner des Hauses an dem wohl bekanntesten innerstädtischen Boulevard von Berlin.
Zöbl schlägt gekonnt einen Bogen zwischen dem ausgehenden 19.Jahrhundert, als der Bau realisiert wurde, über die „goldenen Zeiten“ des Prachtboulevards Ku'damm und die „braunen Zeiten“ bis hin zur Zeit der Wiederbelebung als d i e Einkaufsstraße West-Berlins. Dabei beginnt die Besinnung auf Geschichte des Ku'damms damit, dass er im 16 Jh. nichts weiter als ein befestigter Knüppeldamm war. 1871 erst regte von Bismarck den Ausbau als Prachtstraße an. Danach schlug dann die Stunde von Heinrich Munk, dem Bauherrn der Häuser Nr. 48-50.
Heute weiß man nichts mehr von der Buffalo Bill's Wild West-Show, die einst am Ku'damm gezeigt wurde und auch nicht von einer Schau wie „Die letzten Tage von Pompeji“ oder gar von dem Freizeitpark am Halensee. Doch die Autorin ist diesen Spuren ebenso nachgegangen wie der Baugeschichte des Ensembles Ku'damm 48-50.
Dass 1913 an dieser Berliner Prachtstraße 113 Millionäre lebten, wird von Zöbl ebenso erwähnt wie das Romanische Café, in dem die Berliner Boheme, u. a. der Maler Georg Grosz und die Schriftstellerin Else Lasker-Schüler, verkehrten. Dank intensiver Quellenforschung und Durchsicht von Primärliteratur auch jenseits bauhistorischer Abhandlungen gelingt es Zöbl, ein „Soziogramm“ des Ku'damms vor den Augen des Lesers entstehen zu lassen, auch weil sie sich mit den Mietern des Hauses 48-50 ausführlich befasst, darunter auch mit dem Geheimen Medizinalrat Prof. Dr. Fritz Rinne.
In der Zeit nach 1918 wandelte sich das Gesicht der Straße: Zahlreiche Tanzdielen eröffneten. Doch auch das Elend der Bettler bestimmte das Straßenbild. In die Pension Fischer am Ku'damm 31 zogen Anfang der 1920er Jahre russische Emigranten, darunter Alexander Tolstoi. Der Bildhauer Archipenko hatte sich in der Erdgeschosswohnung im Haus Ku'damm 126 niedergelassen. Auch in die Nebenstraßen zogen kreative Geister ein, ob nun die TänzerinTatjana Gsovsky oder die Fotografin Else Ernestine Neuländer, genannt Yva. Von ihr, so bekannte ein Starfotograf unserer Zeit, Helmut Newton (eigentlich Neuländer), habe er viel gelernt.
Die goldenen 20er Jahre waren wohl die Blütezeit des Ku'damms. Damals tanzte auch Josephine Baker ihren legendären Bananentanz im Nelson-Theater, in dem heute Tommy Hilfiger Mode verkauft. Nach der Machtergreifung der Nazis wurde die „Hassmeile der braunen Herren“ von Negerplastik, Niggersongs und Jazzbands gesäubert, so Zöbl in ihren Ausführungen. „Der ganze Kurfürstendamm ergießt sich über Paris.“ notierte Harry Graf Kessler. Was er meinte, war der Exodus der Intellektuellen nach 1933. Darunter waren Max Reinhardt und Erwin Piscator, zwei der wichtigsten Theaterregisseure jener Tage. Der Eigentümer des Kempinskis wurde 1937 enteignet; der Besitz arisiert. Nun traf sich hier die neue Elite: Gründgens, Leander, Udet und Rökk!
Zur Nachkriegsgeschichte des Ku'damms, die die Autorin gleichfalls abhandelt, gehören der Wiederaufbau, die Eröffnung der ersten privaten Kunstgalerie Deutschlands – sie öffnete am 8. August 1945 im Haus Ku'damm 215 –, der Abbruch des Burgtheater-Gastspiels mit Werner Krauß, der an Veit Harlans antisemitischen Film „Jud Süß“ mitgewirkt hatte und der Salon Kitty, der sich vom Puff zum Künstlertreff wandelte. © fdp
Uwe Klausner: Bernstein-Connection Tom Sydows dritter Fall, 421 Seiten, Meßkirch 2011, 2011, Paperback, ISBN 978-3-8392-1113-7, Preis: 11,90 €
Was haben Heinrich Himmler, Erich Mielke, Katharina II., Berija, Ole Jensen, Lea von Oertzen und Tom von Sydow gemeinsam? Alle Personen stehen in ganz unterschiedlicher Weise mit der Existenz und dem Verschwinden des legendären Bernsteinzimmers in Verbindung. Die einen sind reale historische Personen wie der Minister für Staatssicherheit der DDR Mielke oder der Reichsführer-SS Himmler, andere wie Tom von Sydow, Hauptkommissar der Berliner Kripo, sind fiktive Gestalten, die der Autor zu Akteuren seines „epochalen“ Romans gemacht hat. Der Autor, ein studierter Historiker, führt den Leser geschickt durch die Wirren der Geschichte, die er am Zarenhofe des Jahres 1765 beginnen lässt. Er lässt uns auch am Überfall der deutschen Wehrmacht auf die UdSSR teilhaben, als sich auch das Schicksal des Bernsteinzimmers entschied. Was ein extrem kurzsichtiger, sehr blasser Patient der Psychiatrischen Klinik der Charité mit dem achten Weltwunder, so der vom Autor erfundene Kustos des Katharinenpalastes in Puschkin, zu tun hat, „entwirrt“ erst die Aufklärungsarbeit des Westberliner Kripobeamten von Sydow, der in den Tagen des 17.Junis ein Wanderer zwischen Ost und West wird. Auch die Machenschaften der Stasi spielen bei der Dechiffrierung der „Bernstein-Connection“ eine entscheidende Rolle. Doch darauf kommen von Sydow und die Leser des packend und mit dem Sachverstand eines Historikers geschriebenen Kriminalromans erst recht spät. Zunächst muss sich der Leser mit der jüngeren deutschen Geschichte beschäftigten, sprich der Irrfahrt des Bernsteinzimmers nach Königsberg und dann in einen Bergwerkstollen des KZ-Außenlagers Schwalbe V in Berga an der Elster. Die Leser begegnen dabei Schergen des Naziregimes wie dem SS-Standartenführer Hans-Heinrich Oertzen und dem wandelbaren Curt Holländer, der vom Nazianhänger im Nachkriegsdeutschland zum willigen Stasimitarbeiter mutiert, aber auch Geheimdienstleuten aus Ost und West. Zu diesen zählt der schwule stellvertretende Leiter der CIA, der allerdings mit dem Auffinden des Bernsteinzimmers vergeblich sein Glück versuchte, aber das gilt für zahlreiche der auftretenden Personen. Der Roman „Bernstein-Connection“ ist in weiten Strecken auch ein Roman über den Kalten Krieg und den Ost-West-Konflikt. Und mittendrin ist von Sydow, dem ein russischer Geheimdienstler den Weg zu den dunklen Verbindungen rund um den Verbleib des Bernsteinzimmers weist. Wo allerdings das Bernsteinzimmer abgeblieben ist, kann auch von Sydow nicht aufklären. © fdp
Führer zur Geologie von Berlin und Brandenburg / Naturwerksteine in Architektur und Baugeschichte von Berlin Gesteinskundliche Stadtbummel zwischen Alexanderplatz und Großem Stern, hrsg. Johannes H. Schroeder, Geowissenschaftler in Berlin u. Brandenburg Berlin 2006, 276 Seiten, zahlreiche farbige Abb., ISBN 978-3-928651-12-7
Bisweilen glaubt man, über Berlin sei nun auch wirklich alles geschrieben worden. Doch dass sich nun auch gesteinskundliche Stadtrundgänge zunehmender Nachfrage erfreuen, ist ebenso überraschend wie auch die vorliegende Veröffentlichung, die sich mit dem Berliner Untergrund, der Geologie der Stadt, befasst und zudem die geowissenschaftlichen Grundlagen der Naturwerksteine ausführlich behandelt. Diese Kapitel lesen sich wie Skripte aus entsprechenden Proseminaren. Viel interessanter dürfte für Architektur interessierte Leser der Überblick über die Verwendung von Naturwerksteinen wie Roter Mainsandstein oder Travertin beim Bau bedeutender Architekturzeugnisse der Stadt sein, ob der Nikolaikirche, des Charlottenburger Tors, der Kongresshalle, der Philharmonie oder der Regierungsbauten nach der Wiedervereinigung. Dank eingelegter Karten lassen sich diese wie auch weitere Baudenkmäler vor Ort leicht finden. Abbildungen und Erläuterungen zu den Naturwerksteinen ermöglichen einen ganz neuen Blick auf das bebaute Berlin, auf den Latif-Tuff und Bateig des DomAquarée in der Karl-Liebknecht-Straße, auf das Martin-Luther Denkmal vor der Marienkirche, das aus Meißner Granit geschaffen wurde, oder auf den Fußboden im Roten Rathaus, der teilweise aus sogenanntem Steedener Rot und Saalburg Rot besteht und deutlich Spuren von Fossilien aufweist. Grundrisse der jeweils beschriebenen Gebäude, ein baugeschichtlicher Kurzabriss und Detailaufnahmen zu den jeweils verwendeten Werkstoffen machen es auch dem Laien möglich, zum Beispiel beim Besuch des Berliner Doms den Rachwitzer Kalkstein oder den Marmor Giallo di Siena zu identifizieren.
Auf den Gesteinsspuren unterwegs kann man das Zentrum Berlins zwischen Alex und Schlossbrücke mittels der vorliegenden Publikation ebenso entdecken wie die Straße Unter den Linden und das Areal zwischen Regierungsviertel und Siegessäule. Dass man dabei auch auf sehenswerte Kunst im öffentlichen Raum stößt – auf die Skulpturenwiese am Platz der Republik – und im Tiergarten auf das Global-Stone-Projekt von Wolfgang Kraker von Schwarzenfeld ist dabei vielleicht wirklich eine Neuentdeckung für viele Berlin-Besucher. © fdp
W. Kreher / U. Vedder (Hrsg.): Von der Jägerstraße zum Gendarmenmarkt. Eine Kulturgeschichte aus der Berliner Friedrichstadt. Gebr. Mann Verlag, Berlin 2007. 230 S., 230 S. m. 125 Duplex-Abb., 21 x 26 cm, geb., ISBN 978-3-7861-2553-2
Das Konvolut an Berlin-Literatur scheint beständig zu wachsen. Gelegentlich findet man unter der veröffentlichten Literatur kleine Perlen. Nein, nicht eine baugeschichtliche Abhandlung zum alten oder neuen Berlin legen die Herausgeber des umfänglichen Bandes vor, sondern einen kulturgeschichtlichen Überblick über die Berliner Friedrichstadt. Man könnte auch von einem Soziogramm eines Teils der Berliner Mitte sprechen, der auf eine 300-jährige Geschichte zurückblickt. Die Jägerstraße ist, so betonen die Herausgeber, in ihrem „Vorwort“ auch der Sitz des Geisteswissenschaftlichen Zentrums, das in der Jägerstraße 10/11 sein Domizil hat. Dies ist gleichsam der Ausgangspunkt für eine Exkursion durch die Kulturgeschichte des Quartiers am Gendarmenmarkt. Dass die Friedrichstadt – so die Bezeichnung des Quartiers - ohne Friedrich Wilhelm I. und Glaubensflüchtlinge aus Böhmen und Salzburg vielleicht nie entstanden wäre, wird ebenso in der „Kulturgeschichte auf kleinem Raum“ erwähnt wie der zwischen 1821 und 1823 hier wohnhafte Dichter Heinrich Heine, der seinen Wohnort mit nachstehenden Worten beschrieb: „Der durchreisende Fremde sieht nur die langgestreckten, uniformen Häuser, die langen, breiten Straßen, die nach der Schnur und meistens nach dem Eigenwillen eines Einzelnen gebaut sind ...“ Zu den berühmten Bewohner der Jägerstraße gehören auch Alexander von Humboldt, der 1768 hier geboren wird, und der Historiker Leopold von Ranke. Dass durch Häuserkauf neue Bewohner in die Jägerstraße kamen, so der Bankier Joseph Rosenthal, macht einen Teil des „Soziogramms“ der Straße aus. Zu diesem gehört auch die Existenz des Weinlokals Max und Moritz und des Kabaretts Eulenspiegel. Dass in der Jägerstraße auch die Wiege des Deutschen Photodienstes stand, erfährt der Leser ebenso wie von der Reise Alexander von Humboldts, die in Berlin begann und an den Orinoco führte. Diesem „Geschichtskapitel“ geht Stephan Braese in seinem Beitrag nach, der von schriftlichen Erläuterungen und Skizzen von Humboldts begleitet wird. Wie aus dem Domestikenhaus - 1735 auf Kosten König Friedrich Wilhelm I. errichtet – die Akademie der Wissenschaften wurde, verfolgt Günter Stock, der den Leser auch wissen lässt, dass in einem der Tresorräume des Gebäudes gegen Ende des 2.Weltkriegs zeitweilig der „Schatz des Priamos“ aufbewahrt wurde. Wenige werden wissen, dass die Jägerstraße die Keimzelle des Berliner Bankenviertels war. Doch der Autor Ernst Seibel sorgt mit seinem Beitrag „Die Mendelssohns in der Jägerstraße – Geschäfte und Geselligkeit im Wandel“ für entsprechende Aufklärung. Dass auch der Musikverlag Bote&Bock hier zuhause war und Fanny Hensel bei diesem Verlag ihre Kompositionen veröffentlichte, erfährt man beim Lesen des Beitrags zudem. Nicht nur Heine lebte in der Friedrichstadt, sondern auch von Schiller findet sich eine Spur: Sein Denkmal steht seit 1859 auf dem Gendarmenmarkt. Im Schauspielhaus wurden aus Anlass des Besuchs Schillers im Jahr 1804 gleich mehrere seiner Dramen aufgeführt. Zu den Dichtern und Denkern, die zeitweilig in Berlins Mitte residierten, gehörte auch E.T.A. Hoffmann, dem ebenso eine Abhandlung im vorliegenden Band gewidmet ist wie den Briefen aus Berlin von Heinrich Heine. Zu allen Textbeiträgen wurden Schwarz-Weiß-Architektur-Fotografien eingestellt, die einen sehr guten visuellen Eindruck der Entwicklung der Jägerstraße vermitteln. © fdp
Leo Favier (Hg.) / Aisha Ronniger (Hg.) / Alexander Schug (Hg.) / Andrea Schulz (Hg.):Ring frei! 274 Seiten, 125 teils farbige Abb., 27 Umgebungskarten zu jeder Ringbahnstation ISBN 978-3-940621-04-7, Preis 22,90 Euro
Kein Anfang und kein Ende – so wie die Ringbahn in Berlin: das ist das Konzept der vorliegenden Veröffentlichung, die das „abseitige“ Berlin mit der S-Bahn erkundet. Dabei fehlen die klassischen Reiseziele wie Brandenburger Tor, „Unter den Linden“ oder Potsdamer Platz. Statt dessen wird man auf Wohnorte berühmter Literaten unweit der S-Bahn-Station Bundesplatz hingewiesen, liest, dass der „Gesundbrunnen“ tatsächlich etwas mit heilenden Quellen zu tun hatte, wird auf die Kolonie Wedding neugierig gemacht und mit der Obdachlosenproblematik nicht nur unweit der Prenzlauer Allee konfrontiert. Ohne Seitennummerierungen als Orientierung, ohne Sach- und ohne Personenregister muss der Leser auskommen, wenn er durch die Geschichte Berliner Kieze blättert: Dabei muten die Autoren dem Leser zu, sich mit der teilweise verschütteten Geschichte der Stadt zu beschäftigen. Fast vergessene Spuren der Vergangenheit sind unter anderem das Denkmal der polnischen Soldaten und Antifaschisten nahe der Greifswalder Straße und der Treptower Park mit dem sowjetischen Ehrenmal. Am Ostkreuz wird Kleinstadtidylle und Großstadtflair zwischen Haftanstalt Rummelsburg, Hochseilgarten und dem Fischerdorf Stralau erlebbar. Die Sonnenallee mit dem ehemaligen KZ-Außenlager, das längst ein Sportplatz ist, das Welterbe Hufeisensiedlung – allerdings nicht mit der S-, sondern nur mit der U-Bahn erreichbar -, der Neuköllner Kiez am Richardplatz, die Arbeits-Gartenstadt Neu-Tempelhof und der geschlossene Flughafen nahebei sowie die Gegend rund um den Innsbrucker Platz, der wie kein anderer ein Symbol der autogerechten Stadt ist, sind gleichfalls mit der Ringbahn erreichbar. Spannende Geschichte wissen die Autoren zu erzählen, wenn sich hier und da auch Lücken auftun: Kein Wort wird über bekannten Modefotografen Helmut Newton verloren, keine Zeile über die Bildhauerin Renée Sintenis geschrieben, die im „Kiez“ rund um den Innsbrucker Platz gelebt haben. Doch von trister Stadtlandschaft und vom Rheingau in Berlin erfahren die Leser, wenn sie den Heidelberger Platz besuchen. Jungfernheide, Beusselstraße und Wedding heißen weitere Stationen der Berlinreise per S-Bahn – wer will in der Endlosschleife immer im Kreis herum. (fdp)
Christian Hammer und Peter Teicher: Die Parochialkirche in Berlin. Großer DKV-Kunstführer, Deutscher Kunstverlag Berlin/München September 2009, 96 Seiten mit 83 farbigen und 1 schwarzweißen Abbildungen, 16,5 x 24 cm, Klappenbroschur, ISBN: 978-3-422-02199-0, Preis: 9,80 €
Die vorliegende Architekturmonografie verfolgt die Baugeschichte der Parochialkirche von der Grundsteinlegung in der Klosterstraße in Berlin-Mitte bis in unsere Tage. „Seine Churfürstliche Durchlauchtigkeit schoben da mit eigener Hand den ersten Stein an seinen Ort …“ so erfahren wir vom Beginn des Kirchenbaus der Reformierten Gemeinde, der auf das Jahr 1695 datiert. Verantwortlich für die Gestaltung des schlichten Zentralbaus waren der Hofbaumeister Johann Arnold Nering und dessen Nachfolger im Hochbauamt, Martin Grünberg. Wenn auch bis heute der Turmabschluss fehlt, so gleicht doch die gegenwärtige Kirchenarchitektur dem, was Martin Grünberg 1696 sich als Gestaltung überlegt hatte. Durch einen Zufall gelangte die Kirche zu einem wertvollen Glockenspiel, das eigentlich für einen Turm des Berliner Schlosses gedacht war, aber nie dort eingesetzt wurde. Auf Veranlassung von Wilhelm I. wurde das ungenutzte Glockenspiel der Kirchengemeinde der Parochialkirche überlassen. Grünberg war unterdessen auch verstorben, sodass sich dessen Nachfolger Philipp Gerlach und Johann de Bodt mit der Frage der Tragfähigkeit des Kirchturms befassen mussten. Am 24.April 1714 wurde der Turmkopf aufgesetzt, der allerdings dem heutigen Sakralbau fehlt. Nicht zu übersehen ist, so bemerken die Autoren in ihrer lesenswerten Abhandlung, die Ähnlichkeit der Parochialkirche zur Burgkirche zu Königsberg, die von Arnold Nering entworfen wurde.
In das Kircheninnere wurde mehrfach wenig schonend eingegriffen, so auch 1884/85 bei einer großen Renovierung. Der U-Bahn-Bau am Beginn des 20.Jahrhunderts führte zu erheblichen Schäden am Gotteshaus, dessen Vorhalle auf Kosten der U-Bahn-Gesellschaft erneuert wurde. Am 24.Mai 1944 wurde der Kirchturm durch eine Brandbombe getroffen. Die Flammen machten auch vor der Kirchenausstattung nicht Halt. Nur zwei von 37 Glocken überstanden die Kriegszerstörungen. In den 1950er Jahren erfolgte dann der Wiederaufbau des Gotteshauses und seit 2000 erklingt auch das Glockenspiel, elektrisch betrieben und automatisch gesteuert, wieder in der Klosterstraße. Von besonderem bauhistorischem Interesse ist die Kirchengruft, in der sich unter anderem der Sarkophag der Helena Elisabeth von der Groeben befindet. Unter den weiteren Prominenten, die in der Gruft ihre letzte Ruhe fanden, sind Johann Kasimir Kolbe, Reichsgraf von Wartenberg und der Reichsfreiherr Christian Friedrich von Bartholdi. Auf dem Kirchhof finden sich einige besonders wertvolle Grabmale, darunter das für Henriette Auguste Bock, und außerdem Mausoleen wie das Mausoleum Lehmann, dessen Architektur im Geist von Schinkel gestaltet wurde. (fdp)
Adrian von Buttlar: Neues Museum, Berlin – Architekturführer, 104 Seiten mit 55 farbigen und 10 schwarzweißen Abbildungen, 12 x 20 cm, Klappenbroschur, Deutscher Kunstverlag Berlin/München Dezember 2009, ISBN: 978-3-422-06979-4, Preis 12,00 €
Mit dem vorliegenden Architekturführer unternimmt der Leser einen Rundgang durch das jüngst wieder hergestellte Museumsgebäude auf der Berliner Museumsinsel. Der Geschichte und Bedeutung der Museumsinsel widmet sich der Autor ebenso wie der Geschichte des alten Neuen Museums. Das wesentliche Interesse gilt jedoch der Architektur des Neuen Museums, dessen Galerien in der Mehrheit zweiseitig belichtet werden könnten. Ausgerichtet ist der Bau in Ost-Westrichtung und besitzt an den Längsseiten Eckpavillone und vertikal betonte Mittelrisalite. Beim Entwurf hat möglicherweise Leo von Klenzes Athener Königsschloss Pate gestanden. Spektakulär ist der offene Dachstuhl der Treppenhalle. Dank der zahlreichen Skizzen und Zeichnungen kann der Leser sehr gut die Architekturdetails nachvollziehen und schätzen lernen, die das Neue Museum so einzigartig machen, ob nun die Bogensehnenbinder, die sich Friedrich August Stüler für den Museumsbau ausgedacht hat, oder die uralte Wölbetechnik mit hohlen Tonziegeltöpfen. Die Bogensehnenbinder sind unter anderem im wieder hergestellten Niobidensaal zu bewundern. Der Autor hebt bei seiner monografischen Schrift hervor, dass die durch den Krieg bedingten Zerstörungen durch den mit dem Wiederaufbau betrauten Architekten David Chipperfield nicht verdeckt, sondern in der Neugestaltung auch herausgearbeitet wurden. Das gilt unter anderem für die Große Treppenhalle. An anderen Stellen hat man versucht, rekonstruierend zu arbeiten, sodass das Museum als Gesamtkunstwerk erkennbar wird. Prächtig war die Ausstattung des Hauses, die heute nur teilweise noch vorhanden ist. Zu dieser Ausstattung gehörte das weltgeschichtliche Bildprogramm von 75 Metern Länge in der Großen Treppenhalle. Auch der Ägyptische Hof, eine verkleinerte Version des Ramesseums, muss in diesem Kontext erwähnt werden. Dass
Chipperfield eine behutsame Ergänzung mit modernen Werkstoffen vornehmen musste, lag an der Zerstörung des Hauses durch Brandbomben am Ende des Zweiten Weltkriegs und den in den 1980er Jahren erfolgten Sicherungsmaßnahmen, bei denen weitere Bauelemente zerstört wurden. 1986 wurde durch die damalige DDR-Regierung der Wiederaufbau beschlossen, der allerdings erst 2009, also zwanzig Jahre nach dem Mauerfall einen glücklichen Abschluss fand. Aus einem Wettbewerb für das Neue Museum waren Chipperfield und Julian Harrap hervorgegangen. Ihnen ist es zu verdanken, dass sich die Ersetzungen und Ergänzungen deutlich vom Originalbestand abheben und nicht in dem Versuch begonnen wurden, dem Historismus des 19.Jahrhunderts Konkurrenz zu machen. Ziel des Wiederaufbaus war es mit dem Neuen Museum ein „Schatzhaus der ägyptischen Kunst und der vor- und frühgeschichtlichen Sammlungen“ auf der Museumsinsel zu schaffen. Dazu gehören auch die unterirdischen Verbindungsgänge zwischen den verschiedenen Museumsbauten. Dabei handelt es sich um die sogenannte Archäologische Promenade. Auf dieser sollen Themen wie „Zeit und Geschichte“ oder „Chaos und Kosmos“ abgehandelt werden.
Mehr als die Hälfte des vorliegenden Architekturführers ist dem Rundgang durch das Haus vorbehalten, ob nun das mit dorischen Säulen gegliederte Vestibül durchschritten oder der Mythologische Saal mit seinen wertvollen goldblau bemalten Papiertapeten besucht wird. Modern konzipiert ist der Historische Saal mit seiner gesandstrahlten Betonhülle. Für den Ägyptischen Hof erdachte sich Chipperfield statt des offenen Atriums eine frei in den Raum gestellte Haus-in-Haus-Konstruktion über zwei Stockwerke. Wieder zu sehen sind die pompejanischen Wandgemälde mit der Darstellung der Schauplätze der Ägyptischen Kampagne von Lepsius. Der Ethnografische Saal wird ebenso vorgestellt wie der Flachkuppelsaal oder der Griechische Hof – alle zum Nördlichen Rundgang gehörend. Selbstverständlich kann man auch einen Südlichen Rundgang unternehmen, zu dem unter anderem der Vaterländische Saal und die große Treppenhalle mit ihrer doppelläufigen, aus Beton gearbeitete Treppe gehören. Rundum ein gelungener Architekturführer, der Lust auf einen Besuch im Neuen Museum macht. (fdp)
Staatliche Museen zu Berlin/bpk (Hg.): Museumsinsel Berlin - Fünf Häuser und ihre Schätze, Deutscher Kunstverlag München-Berlin 2009, ISBN 978-3-422-06879-7, Preis 14,80 Euro
Der vorliegende Band lebt durch die Fotografie – nicht nur der einmaligen Architektur der fünf Museen auf der Museumsinsel im Herzen Berlins, sondern auch der dort angesammelten Kunstschätze. Wer den Fisch von Vettersfelde, der 1882 in der Niederlausitz auf einem Acker entdeckt wurde, im Original bewundern möchte, wird das Alte Museum besuchen. In ihm kann man auch die antiken Schätze Griechenlands bestaunen wie die Amphora mit Darstellung einer Ringerschule. Der Publikumsmagnet der Museumsinsel schlechthin ist das Pergamonmuseum, dank seines bekanntesten Ausstellungsstücks, des Pergamonaltars, wie der kurze Einleitungstext zu diesem Abschnitt der Veröffentlichung hervorhebt. Doch dass es noch weitere Highlights der Weltkultur in diesem Haus zu sehen gibt, wird beim weiteren Blättern durch den vorliegenden Bildband deutlich: Das Ischtar-Tor und die Fassade des jordanischen Wüstenschlosses Mschatta sind weitere Schätze, die nur in Berlin zu bestaunen sind. Erst ab Herbst 2009 kann man das Neue Museum besuchen, das – dank sei David Chipperfield – zu neuem Leben erweckt wurde. Hierher wird derjenige pilgern, der den Goldschatz von Eberswalde oder den Berliner Goldhut aus nächster Nähe in Augenschein nehmen möchte. Doch auch die Zeugnisse des Alten Ägyptens findet man in diesem Teil der Museumsinsel, darunter ist auch der Kopf der Nofretete, neben dem Pergamonaltar sicherlich ein weiterer Publikumsmagnet. Byzanz hingegen wird im Bode-Museum lebendig, während im „Tempel der Kunst“, der Alten Nationalgalerie, „Der Mönch am Meer“ von Caspar David Friedrich, Edouard Manets „Im Wintergarten“ oder Menzels „Flötenkonzert Friedrichs des Großen in Schloss Sanssouci“ diejenigen ansprechen, die sich für die Kunst des 18. und 19. Jahrhunderts interessieren. Dank der kurzen Erläuterungen zu den vorgestellten Exponaten und der brillanten „Bildführung“ ist dieser Band eine gelungene Einführung in die Kunstschätze Berlins. © fdp
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H.Dorgerloh/Michael Scherf: Preußische Residenzen – Königliche Schlösser und Gärten in Berlin und Brandenburg, Deutscher Kunstverlag München-Berlin 2007, 160 Seiten mit farbigen Abbildungen und Kartenübersicht, ISBN 978-3-422-06654-0, Preis 24,90 Euro
„Unbestritten ist die herausragende Bedeutung der Schlösser und Gärten der preußischen Könige“, so heißt es in der Einleitung zur vorliegenden Veröffentlichung, die nicht nur Sanssouci, sondern auch weitere Schlösser und Gärten preußischer Könige präsentiert. Dabei wird auch dem bedeutenden Gartenbaukünstler Peter Joseph Lenné Reverenz erwiesen, da dieser ganz wesentlich zur Gestaltung des heutigen UNESCO-Weltkulturerbes Schlösser und Gärten in Berlin und Potsdam beigetragen hat. Nach der Einführung zum Thema „Königliche Schlösser und Gärten in Berlin“ werden die einzelnen Baudenkmäler in ihrer Baugeschichte und bezüglich ihrer Kunstschätze detailliert vorgestellt. So erfährt der Leser von der baulichen Erweiterung des Schlosses Charlottenburg durch die Verlängerung der Längsachse und den Bau zweier Kavalierhäuser. Diese Anlage, so die Autoren, ist beispielhaft für die brandenburgisch-preußische Herrschaftskultur vom ausgehenden 17. bis zum frühen 20. Jahrhundert. Dass Versailles Vorbild für die Baugestaltung gewesen ist, wird selbstverständlich im Text bauhistorisch dargelegt. Dieser Text wird unter anderem von einigen Aufnahmen aus dem Inneren des Schlosses – genannt seien die Rote Kammer und das Porzellankabinett – begleitet. Charlottenburg ist sicherlich bekannt, doch auch das eher unbekannte Schloss Schönhausen wird in der vorliegenden Schrift behandelt. Der Leser besucht die Pfaueninsel mit dem als künstliche Ruine gestalteten Lustschloss, das Hofzimmermeister Johann Gottlieb Brendel zu verdanken ist, und wirft einen Blick auf die einstige fürstliche Bleibe von Prinz Carl von Preußen. Dabei handelt es sich um Schloss Glienicke mit seiner klassizistischen Formensprache. Über das Jagdschloss Grunewald, vom jagdbegeisterten Joachim II. Hektor von Brandenburg in Auftrag gegeben, schreiben die Autoren ebenso kompetent wie über die königlichen Schlösser und Gärten in Potsdam, die im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt wurden. Dass das an ein holländisches Bürgerhaus erinnernde Jagdschloss Stern vor Potsdams Toren, das Einzige auf Geheiß von Friedrich Wilhelm I. erbaute Schloss ist, wird für viele Leser sicherlich nicht bekannt sein. Nur gut, dass die Autoren dieser architektonischen Rarität ein Kapitel widmen. Sehr ausführlich gehen die Autoren auf die Bauten und die Parkgestaltung von Sanssouci ein, ob nun auf die sogenannte Bildergalerie, die Neuen Kammern oder das Neue Palais. Etwas abseits und nicht gar so sehr ein Potsdamer Publikumsmagnet ist das Belvedere auf dem Pfingstberg, unter Friedrich Wilhelm IV erbaut, und das Schloss Babelsberg mit seinem umgebenden Park. Außerdem wurden weitere Schlösser in Brandenburg wie das Schloss Oranienburg in den vorliegenden Band aufgenommen. Insbesondere die prägnanten Texte und die üppige Illustration machen die vorliegende Veröffentlichung als Lektüre für einen geplanten Berlin- und Potsdambesuch unverzichtbar. © fdp
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Gabriele Struck: Das Museum Berggruen, Nicolai Verlag Berlin 2009, 80 Seiten, zahlreiche farbige Abbildungen, ISBN 978-3-89479-501-6
Henri Matisse, Pablo Picasso, Paul Klee und Alberto Giacometti werden anhand ausgewählter Werke und in einem kurzen biografischen Abriss vorgestellt. Im Vorwort kommt auch Heinz Berggruen zu Wort, von dem Sami, als er ihm begegnete, glaubte, dass er Picasso sei. In ungestelzter Sprache, fern kunsthistorischer Diskurse können die jüngsten Kunstliebhaber nachlesen, dass der Herr Matisse die Farbe auf der Leinwand explodieren ließ und er nach einer schweren Operation an den Rollstuhl gefesselt war. „Begeistert schnitt er Formen aus leuchtend farbigen Papieren aus, die er später auf riesige Kartons klebte.“, so erfahren die jungen Leser. Detaillierte Bildbeschreibungen ermöglichen die Annäherungen an die Bilderwelten. Über Matisse und sein Werk „Interieur in Etretat“ heißt es beispielsweise: „Drinnen und draußen waren für ihn nicht durch die Hauswand getrennt. Für Matisse, den man damals auch den „Fenstermaler“ nannte, waren die Zimmer und das Meer ein und dieselbe Welt.“ Vorgestellt wird zudem der Papierschnitt „Vegetabile Elemente“. Dass Picasso den Stierkampf, Akrobaten und Clowns liebte, wird der Werkvorstellung vorangestellt, die unter anderem den „Sitzenden Harlekin“ beinhaltet, - angesichts der zarten Rosatöne des Kostüms wird die Frage gestellt: „Schwebte Picasso vielleicht auf einer „rosaroten Wolke“?“ Aufgrund der Tatsache, dass er sich zuvor in Fernande Olivier verliebt hatte, eine naheliegende Frage. Picassos Werken im Museum ist im Übrigen der umfänglichste Teil des Buches gewidmet. Giacometti wird dagegen lediglich mit seiner Skulptur „Katze“ präsentiert. Schließlich erfahren die kleinen Museumsgänger auch, was es mit Klees „stadtartigem Aufbau“ und seinen „Lebkuchen-Bildern“ auf sich hat. © fdp
Kresse/Grigull/Engels/Nachama/Siebenhaar: Berlin für junge Leute, S.270, Herder Studienreisen Berlin GmbH, Berlin 2006, ISBN 3-9810965-0-9, Preis 4,50 €
Die Ausstattung des vorliegenden Berlinbuchs entspricht dem Preis. Schwarz-Weiß-Fotos und einige Kartenausschnitte zu den vorgestellten Touren durch die City-West und die City-Ost sowie Berlins neuer Mitte sind das, was der (junge) Leser erwarten darf. Fast die Hälfte der Veröffentlichung besteht aus einem Adressenteil mit Kurzbeschreibungen zum Shopping und zu „Kiezen“ nebst „Szenen“, beginnend mit Prenzlauer Berg und endend mit „sonstigen Bezirken“. In diesem Adressenteil - eine Fleißarbeit - liegt auch die Stärke der vorliegenden Veröffentlichung, die hin und wieder sprachlich abgleitet, wenn beispielsweise eine Charakterisierung wie multisexuelle Bar im Text auftaucht: Ob man sich nun am Kollwitzplatz im Café Chagall treffen will, im Silberstein Café Sushi zum Lunch speisen oder im Pop Inn in Steglitz abtanzen möchte, Hinweise findet der Leser genug, um die Zeit in Berlin in Cafés oder angesagten Clubs zu verbringen. Zahlreiche Shopping-Adressen bietet der Berlin-Führer außerdem: Bücherwürmer werden auf eine Reise durch Berlins Buchläden, vom Bücherbogen bis zur Nicolaische Buchhandlung, mitgenommen. Naschkatzen erfahren von der Bonbonmacherei in der Oranienburger Straße und vom Kadó mit seiner Riesenauswahl von Lakritz. Wer sich neu einkleiden möchte oder auf Trödelmärkten ein Schnäppchen ergattern will, der schlage gleichfalls in „berlin für junge Leute“ nach, um das für ihn Passende zu finden.
Wer keinen Reiseführer mit farbigen Abbildungen sucht und außerdem an Tipps zum Ausgehen und zum Shoppen interessiert ist, der ist mit dem preiswerten „Berlin für junge Leute“ bestens bedient. © fdp
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Günter Strempel / Oliver Wilking: Berlin entdecken – Der Stadtführer für Kinder mit Bildern, Rätseln und Spielen, S. 80, Nicolaische Verlagsbuchhandlung Berlin 2007, ISBN 3-89479-261-2, € 12,90
Während die Flut der Berlin-Reiseführer für erwachsene Leser wächst und wächst, ist der vorliegende für Kinder eher eine Rarität. Dabei darf nicht übersehen werden, dass Aufmachung und Themengewichtung sich wohl vor allem an Kinder zwischen 6 und 10 Jahren richten. Der mit gezeichneten Illustrationen aufgelockerte Band stellt zunächst die Stadt von oben vor, zeigt die Türme Berlins, den auf dem Alexanderplatz mit dem drehenden Restaurant und den Funkturm in Berlin-Charlottenburg. Doch auf den Namen »Langer Lulatsch«, den die Berliner ihrem »Wahrzeichen« verpasst haben, gehen die Autoren erst am Ende des Reiseführers unter der Überschrift »Berliner Spitznamen« ein. Von dem luftigen Berlin springen die kleinen Leser flugs in die Geschichte der Stadt, die als Winzling angefangen hat. Wie die Stadt wuchs und wuchs illustrieren Aufsichten der Stadt. Unter der Überschrift »Spuren aus alter Zeit« können sich Kinder mit einem Rätsel vergnügen. Gesucht wird u. a. ein Nebenfluss der Spree und der älteste Weg über diesen Fluss. Der nebenstehende Text enthält des Rätsels Lösung. Sehr sinnvoll sind im Zusammenhang mit der Stadtgeschichte die Hinweise auf das Museumsdorf Düppel und das Märkische Museum.
Umfänglich sind die Abhandlungen zum Brandenburger Tor und zum Potsdamer Platz. Was es mit den mächtigen Silberrohren auf dem Platz auf sich hat, verrät ein Text in Spiegelschrift. Doch ohne Spiegel tappt der kleine Leser im Dunkeln. Schon mal etwas vom Café Achteck gehört? Wenn nein, muss man einfach im Berlin-Reiseführer für Kinder blättern und lesen. Bekannte und unbekannte Straßen werden ebenso in diesem Berlin-Führer vorgestellt wie die Berliner Straßenbahnen und Busse. Einen alten Schnauzenbus kann man sich aus einem Ausschneidebogen selbst basteln. Spielend wandert der junge Berlin-Besucher vom Alex zum Zoo.
Neben dem Deutschen Technikmuseum wird auch das Ethnologische und das Naturkundemuseum vorgestellt – alle sind für Kinder sehr geeignet. Der Berliner Zoo hat gleichfalls seinen Platz im vorliegenden Reiseführer. Adressen, Öffnungszeiten und Internetadressen runden den vorliegenden Berlin-Reiseführer für Kinder in sinnvoller Weise ab. © fdp
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Dorothee Hackenberg: Kreuzberg – keine Atempause: Porträts. S. 128, Bebra-Verlag Berlin 2007, ISBN 978-3-8148-0157-5, € 9,80
Wer glaubt, über Berlin sei alles geschrieben worden, was zu schreiben ist, der irrt. Die bei radioeins vom rbb tätige Autorin versucht mit ihren Porträts, sich dem Multi-Kulti-Stadtteil Kreuzberg mit all seinen Facetten zu nähern. Dabei kommen mit Annette Humpe und Klaus Zapf auch ehemalige Kreuzberger zu Wort. Ein Urgestein Kreuzbergs ist Werner Orlowsky, der als Drogist und später als Stadtrat die Höhen und Tiefen des Stadtteils miterlebt hat. Anlässlich einer Ehrung erklärte der Haudegen Orlowsky die behutsame Stadterneuerung für gescheitert, verwies auf Spekulanten und auf den Verkauf sanierter Altbauten rund um den Chamissoplatz. Nicht mehr heimisch in Kreuzberg fühlt sich der Autor und Comiczeichner Gerhard Seyfried, der die Freakadellen- und Bulletten-Welt mit ihrem Helden Zwille Kult werden ließ. Klaus Zapf, der sein Umzugsunternehmen in Kreuzberg aus der Taufe hob, zieht es nur noch zweimal die Woche, so die Autorin, in das einstige Firmenimperium. Die Queen of Oriental HipHop, Aziza A, wird im vorliegenden Taschenbuch ebenso vorgestellt wie die ehemalige Obdachlose und Frührentnerin Helga Hartmann, die im Gräfe-Kiez ein Refugium gefunden hat. Zur bunten Kreuzberger Mischung gehören Walter Momper, der einst als Regierender Bürgermeister das Sagen in der Stadt hatte, und der ehemalige Stadtguerillero Ralf Reinders, der wegen der Beteiligung an der Entführung von Peter Lorenz, einem stadtbekannten CDU-Politiker, einige Jahre im Knast verbrachte. Reinders plaudert über alte Zeit, über die umherschweifenden Haschrebellen der 1960er und 1970er Jahre und über die Bewegung 2. Juni. So spannend auch die einzelnen Porträts auf den ersten Blick sind, sie ergeben kein Soziogramm eines Stadtteils. Kreuzberg, bunt und problembelastet, wird leider nur am Rande vorgestellt. Einige der Bewohner und Ex-Bewohner kommen zu Wort, wenn auch nicht die „normalen“ Bürger, die den alltäglichen Wahnsinn der zusammenwachsenden Mitte meistern müssen. Dem »Filter der Autorin« kommt eine wesentliche Funktion zu. Dorothee Hackenberg hat die Porträts aus ihrer Sicht zusammengestellt und zeichnete keine Interviews auf, was für ein authentisches Kreuzbergbild ganz wesentlich wäre. © fdp
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Antonia Meiners: 100 Jahre KaDeWe, Nicolaische Verlagsbuchhandlung GmbH, S. 167, zahlreiche Abb. (schwarz-weiß und farbig), Berlin 2007, ISBN 978-3-89479-386-9. Preis 24,90 €
Der vorliegende Band besticht nicht nur durch die Fülle historischer Aufnahmen zur Kaufhausgeschichte, vornehmlich aus dem Jubiläumsbuch des KaDeWe von 1932, sondern auch durch eingestreute historische Texte, die sich durch Schriftgrad und Schriftfarbe vom Fließtext abheben und die sonst üblichen grau unterlegten Themenkästen ersetzen.
Im März 1907 begann der Aufstieg des Kaufhaus des Westens. Die Kaufhausarchitektur aus Muschelkalkstein – auf den Stuttgarter Architekten Johann Emil Schaudt zurückgehend – wurde von Chronisten und Kritikern gelobt. Der Preis für den Bau erreichte die für damalige Verhältnisse gigantische Summe von 20 Millionen Mark. 24000 qm Verkaufsfläche standen zur Verfügung. Modernität und Gediegenheit waren die Begriffe, die für das KaDeWe zutrafen und wohl immer noch zutreffen. Auch der preußische Monarch pflegte in diesem Kaufhaus einzukaufen, gab in zwei Tagen schon mal 250000 Mark aus.
Behandelt werden im vorliegenden Band die Jahre 1927 bis 1932, als dem Kaufhaus eine Schönheitskur verpasst wurde, aber auch die Geschichte der Schaufenstergestaltung, die einer theatralischen Aufführung glich. Die dunklen Zeiten zwischen 1933 bis 1949 sind aus der Kaufhauschronik nicht ausgespart. Parolen wie „Deutsche, wehrt euch, kauft nicht bei Juden!“ standen am Anfang, Enteignung, Deportation, Zwangsemigration und Massenvernichtung folgten. Enteignet wurde das KaDeWe bereits vor der formalen Legitimierung durch ein Gesetz von 1939. Die Hertie GmbH übernahm das Haus, an deren Spitze Georg Karg stand.
Wie das Tausendjährige Reich endete, ist bekannt: „Der Kurfürstendamm ist eine bessere Dorfstraße. Die Fassaden stehen noch. Die Menschen kriechen von irgendwo aus dem Schutt heraus. ...“, so schreibt Gottfried Bermann Fischer 1947. Doch nur wenige Jahre später entstand das Kaufhaus des Westens wie Phoenix aus der Asche. Es wurde zum „Schaufenster des Westens“, wurde ausgebaut, umgebaut und erweitert, so dass heute auf 60000 qm 380 000 Artikel feilgeboten werden. © fdp
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